Von Haus aus sind bei jedem Messsystem (mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 95%) Abweichungen von ±20% zu einer Referenz-Messung möglich. In 5% aller möglichen Messergebnisse ist sogar mit noch größeren Abweichungen zu rechnen.
Was du da genauso wie die allermeisten Anwender machen und was im Grunde irreführend wird:
Ihr vergleicht das Libre (1 oder 2) nicht mit einer Referenz, sondern mit einem Messmittel, dass ungefähr den gleichen Abweichungen unterliegen dürfen. Da ist dann (zu 95% aller Möglichkeiten) eine Abweichung von bis zu ±40% möglich.
Schlimmer noch! Ihr geht (kritiklos) davon aus, dass für ein Diabetesmanagement IMMER der aktuelle Zuckeranteil von kapilarem Blut die einzig zu verwertende Maßeinheit sein kann.
Wenn dem so wäre, wäre grundsätzlich eine Verwendung von Zuckermessung im ZZW zu unterlassen.
Wer aber neue Wege gehen will, weil er die Messung z.B. mit dem FSL für "praktisch" hält, sollte sich auch neue Strategien einfallen lassen und nicht "einfach" so weiter machen wie zu Zeiten der blutigen Messung. Oder anders gesagt, wer so weiter machen will, wie bereits seit vielleicht 40 Jahren gemessen, gespritzt und gegessen wird, mag das gern tun, sollte dann aber die Finger von FSL oder sonst etwas lassen, was anders misst.
Jede Bemühung, ein System mit einem anderen zu "kalibrieren" muss scheitern, wenn man bedenkt, dass es keinen einfachen Umrechnungsfaktor geben kann.
Und wenn wir es noch einwenig genauer nehmen wollen, wie ich es als ehemaliger Laborleiter eines Kalibrierlabors tue, darf gar nicht von "Kalibrieren" sprechen, bestenfalls von "Justieren".
Beim Kalibrieren wird zuerst ein Vergleich des Prüflings mit einer (ausreichend zuverlässigen) Referenz vorgenommen und dann geschaut, ob die Abweichungen in der Spezifikation sind. Ist das nicht der Fall, kann mit Justage versucht werden, die Abweichungen zu veringern. Geht das nicht, ist des Messmittel für die Anforderungen nicht geeignet. Geht es aber, muss nach dem Justieren neu kalibriert werden.
Wer sich also einen Agorythmus einfallen lässt, mit dem die Libre-Ergebnisse den blutigen Ergebnissen ähnlicher werden, hat justiert, aber nicht neu kalibriert. Kalibrieren kann der Anwender aber nicht, dass kann nur der Hersteller selbst, oder ein zertifiziertes neutrales Kalibrierlabor.
Abbott sagt indirekt, dass nach der Werkskalibrierung nicht mehr viel gemacht werden kann. Die Software zum Angleichen an blutige Messungen wird nie richtig funktionieren. Würden alle blutigen FSL-Messungen mit den Scan-Werten (nach einem bestimmten Prüfmuster) übereinstimmen, wäre das was anderes. Ich habe das aber noch nie nur ganz selten beobachten können.
Auch wenn es so manch ein Diabetologe und viele Diabetesberater und auch Abbott selbst nicht gern hören: Es wäre an der Zeit, eine neue Strategie für Systeme wie FSL zu entwickeln. Ich bin da (wieder mal) ein Stück weiter und wurstle mit all den scheinbaren "Fehlern" mindestens ähnlich sicher weiter, wie ich es 20 Jahre lang mit BZ-Messgeräten tat. Teststreifen waren auch nie wirklich zuverlässig und man benötigte oft eine Unzahl an Teststreifen um überhaupt irgendwas zu erkennen.
Was bei mir mit FSL nicht geht:
Meine Frau misst auch mit FSL. Früher konnten wir uns gegenseitig mal mit Teststreifen aushelfen, oder sogar das Messgerät vom Partner verwenden. Na ja, bei der Auswertung durch den Diabetologen musste man eine Liste mit "falschen" Werten mitbringen. Der Diabetologe schaute sich aber meist nur die letzten 14 Tage genauer an, falls die Einzelmessungen eine statistische Auswertung zuließen. Auf ein externes Tagebuch schaute er gar nicht, weil die meisten Diabetiker da nichts brauchbares ablieferten. Heute schaut die Diabetologin ebenfalls nur die letzten 14 Tage im FSL genauer an und freut sich, wenn die Notizen dazu möglichst lückenlos gemacht wurden.