Autor Thema: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten  (Gelesen 6472 mal)

Offline klausing

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 1360
  • Country: 00
  • PC-Seelsorger ;)
    • private Homepage
  • Diabetestyp: DM 3
  • Therapie: ---
unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« am: Januar 12, 2008, 11:58 »
Wie kann es sein, dass man gleiche BZ-Werte unterschiedlich wahrnimmt. Manchmal nehme ich eine 2,5 als Hypo wahr, manchmal aber schon eine 3,7.

Mir ist bekannt, dass eine schnelle Absenkung des BZ auch schon mal eine Hypowahrnemung weit oberhalb dieser Grenzen auslösen kann. Meine Wahrnehmungsschwelle liegt eigentlich zwischen 2,5 und 3.

Wie kann es aber sein, dass ich mich manchmal mit 2,7 noch pudelwohl fühle, andere Tage aber schon mit 3,7 ne Hypo wahrnehme? Dabei meine ich aber bei annähernd gleichen Bedingungen.

Vielleicht noch einige Informationen am Rande. Ich war in meiner Jugend (als ich noch keinen DM hatte) immer ein Ausdauersportler (und bin es mittlerweile wieder). Daher hat mein Körper auch eine gewisse Gewöhnung was niedrige Werte angeht. Also nicht wundern, weil einige von Euch haben ja schon ab 4 Hypoerscheinungen.

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16957
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #1 am: Januar 12, 2008, 13:36 »
Die Symptome, die wir bei einer Hypo wahrnehmen werden im wesentlichen vom Adrenalin ausgelöst. Deswegen spricht man da auch von "adrenergen Symptomen" (adrenerg = vom Adrenalin stammend/ausgehend)

Je mehr Adrenalin im Blut zirkuliert, desto intensiver nimmt man auch die Symptome wahr. Und wenn der BZ schneller sinkt wird auch mehr Insulin freigesetzt, denn das benutzt der Körper ja um der Leber Bescheid zu sagen, sie soll mehr Glucose abgeben, damit die Nervenzellen (aus denen ja auch das Gehirn besteht) nicht unterversorgt werden. Eine solche Unterversorgung nennt man dann "Neuroglykopenie" (Neuro=Nerven betreffend; -glyko=Glucose betreffend; -penie=Mangelzustand)

Manchmal können die Adrenergen Symptome auch von Medikamenten abgeschwächt werden. Adrenalin wirkt, indem es entweder an bestimmten Alpha- oder Beta-Rezeptoren andockt (das hat aber nichts mit den Betazellen zu tun!).

Die Wirkung auf die Betazellen ist unter anderem, daß das Herz schneller und kräftiger schlägt und sich die Muskulatur der Arterien zusammenzieht, so daß der Blutdruck steigt.
Also hat die Pharmaindustrie zur Senkung des Blutdrucks die sogenannten Beta-Blocker entwickelt. Die verhindern, daß Hormone wie Adrenalin an diese Beta-Rezeptoren andockt und somit eine Wirkung auslöst.

Allerdings gibt es da die Gruppe der allgemeinen Beta-Blocker, die unter anderem auch die üblichen Hypo-Symptome auslösen. Wenn die dann auch geblockt werden wirkt das Adrenalin dort nicht mehr so stark und die Symptome sind nur noch schwach zu spüren (Manchmal auch gar nicht mehr).
Deswegen gibt es für Diabetiker die Gruppe der "kardioselektiven Beta-Blocker" (kardio=das Herz betreffen; selektiv=wählt ganz speziell aus). Wie der Name schon sagt blockieren diese ganz speziell die Beta-Rezeptoren am Herzen und helfen so den Blutdruck zu senken; lassen aber die anderen Beta-Rezeptoren, die auch die Hypo-Symptome auslösen, weitestgehend in Ruhe.
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/

Offline klausing

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 1360
  • Country: 00
  • PC-Seelsorger ;)
    • private Homepage
  • Diabetestyp: DM 3
  • Therapie: ---
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #2 am: Januar 12, 2008, 13:55 »
Ich habe festgestellt, dass wenn der BZ sehr langsam sinkt, z.B. bei Sport, dass man da bei tieferen Werten Hyposymptome wahrnimmt. Das mag daran liegen, dass Dinge wie Schwitzen oder erhöhter Puls ja eh vorhanden sind und man so die kommende Hypo nicht so wahrnimmt.

Eine gewisse Toleranz ergibt sich ja auch aus der Toleranz der Meßgeräte. Da ich aber sonst keine Medikamente nehme konnte ich mir die Schwankungen bei der Wahrnehmung nicht erklären. Wenn ich also ganz normal frühstücke und vor meinem PC sitze, dann kann an verschiedenen Tagen schon verschieden hohe Schwellen feststellen. Es ist zwar selten, aber es kann eben schon vorkommen, dass da bis zu 1,5 Punkte Unterschied sind.

Gibt es noch andere Dinge die Wahrnehmungen einer Hypo nach oben oder unten verschieben können?

Offline LordBritish

  • Global Moderator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 5831
  • Country: de
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #3 am: Januar 12, 2008, 16:32 »
Es kommt auch darauf an wie Deine Blutzuckerlage in der letzten Zeit so war...
...ist sie hoch gewesen merkst Du i.d.R. einen niedrigen Wert früher mit unter sogar schon bei normalen Werten wie z.B. 100 mg/dl.
...ist der BZ häufig im niedrigen Bereich so kann es vorkommen das Du die Hypo erst sehr spät oder gar nicht mehr merkst.
...der BZ ist schnell und stark abgesackt.

Mit der Zeit gewöhnt der Körper sich an die Blutzuckerlage und somit merkt man einen niedrigen Wert erst später bzw. schon früher.

Offline Trüffel

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 1049
  • Country: de
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #4 am: Januar 15, 2008, 15:00 »
Es spielt auch eine Rolle, ob man am Vortag (bzw. kurzen Zeitraum vorher) eine Hypo hatte. Falls ja, ist das Adrenalinvorrat verbraucht und für die nächste Hypo steht nicht mehr soviel zur Verfügung.

Dem Körper steht nur eine begrenzte Menge zur Verfügung. Dann muß er es wieder neu bilden und das nimmt Zeit in Anspruch.

Folge: Man spürt weniger bei der darauffolgenden Hypo, da nur noch der übriggebliebene Rest des Adrenalins zum Einsatz kommen kann.
Wenn Fleisch und Wurstwaren bei uns mittlerweile billiger angeboten werden als Hundefutter,
muss man sich schon fast nicht mehr wundern, dass man für den Preis auch Hundefutter bekommt.  Adi Sprinkart

Offline Andi

  • Android-Smartphone-Fan
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 7586
  • Country: de
  • Oben ohne find ich gut
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pen
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #5 am: Januar 15, 2008, 15:44 »
Es spielt auch eine Rolle, ob man am Vortag (bzw. kurzen Zeitraum vorher) eine Hypo hatte. Falls ja, ist das Adrenalinvorrat verbraucht und für die nächste Hypo steht nicht mehr soviel zur Verfügung.

Dem Körper steht nur eine begrenzte Menge zur Verfügung. Dann muß er es wieder neu bilden und das nimmt Zeit in Anspruch.

Ich höre davon zum Ersten mal.
Gibt's das irendwo zum Nachlesen :kratz:
.                                                       ,---> SiDiary ==> Bericht ist für den DOC
FSL3 ---> JugGluco ---> xDrip ---{
                                                        `---> GARMIN Fenix6PRO ==> BZ Live ist für mich! ;D

Offline johann

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 249
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #6 am: Januar 15, 2008, 16:08 »
Hallo,

meine Erfahrung ist, dass die Hypowahrnehmung bei einer längerfristigen, sehr "scharfen" Einstellung, z.B. nüchtern oder vor den Mahlzeiten immer <  80 mg/dl , mitunter stark leidet oder sogar verloren geht. Abhilfe bringt oft eine zeitweise Tolerierung etwas höherer Werte im gesamten Blutzuckerverlauf.

Was ist dran an der Aussage, dass die Hypowahrnehmung bei der Behandlung mit synthetisch hergestellten Insulinen deutlich mehr eingeschränkt ist als bei der Anwendung tierischer Insuline?
Mit freundlichen Grüßen
johann

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16957
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: unterschiedliche Wahrnehmung von BZ-Werten
« Antwort #7 am: Januar 15, 2008, 16:43 »
Was ist dran an der Aussage, dass die Hypowahrnehmung bei der Behandlung mit synthetisch hergestellten Insulinen deutlich mehr eingeschränkt ist als bei der Anwendung tierischer Insuline?

Untersuchungen/Studien sind mir dazu nicht bekannt. Ich weiß aber von Einzelfällen, wo die Hypowahrnehmung, die vorher stark eingeschränkt war sich nach Umstellung auf Schweineinsulin wieder gebessert hat.

Und Diabetiker, die von tierischem Insulin auf Humaninsulin umgestellt wurden haben häufig von einer gesunkenen Hyposchwelle berichtet.
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/