Autor Thema: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung  (Gelesen 14237 mal)

Offline Andreas

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #10 am: November 16, 2007, 15:55 »
Also ... da ich sehr viel trainiere, ist mit Sicherheit meine durch Sport höhere Insulinempfindlichkeit und der Energiebedarf für all die Regenerations- und Reperationsprozesse in meiner Basalrate bzw. meinen Faktoren enthalten.
Dennoch habe ich eine spezielle Sportbasalrate, die ich _nach_ langen Belastungen (ab 25km Laufen bei mittlerer bis hoher Intensität) fahre. Diese ist bis zum nächsten Morgen ca. 20% niedriger als meine sonstige Basalrate.
Eigentlich verhalte ich mich umgekehrt als normal, denn wenn ich über mehrere Tage keinen Sport mache (Arbeitsbelastung, Unlust, Wetter), dann erhöhe ich meine BR um 10%.
So eingestellt verändern sich meine Bolus- und Korrekturfaktoren nicht, ich regel halt alles über die Basalrate.
Umgekehrt formuliert (wenn also Sport nicht das tägliche Ereignis ist) hieße das:
- Am Folgetag ist meine Basalrate noch um 10% reduziert.
- Bei sehr langen und fordernden Belastungen während der Nacht um 30%, am nächsten Tag noch um 10%.
- Der jeweils übernächste Tag hätte dann wieder die normale Basalrate.
<- Faktoren bleiben unverändert // Ausnahme: unmittelbar nach dem Sport, da esse ich - je nach Belastung - ein bis zwei BEs ohne Insulinabdeckung (also bei 6 BE drücke ich für 4 BE), rechne aber einen eventuell erhöhten BZ entsprechend meiner Korrekturregeln (40er) ein (ein BZ von 180 würde nicht korrigiert, bei einem BZ von 140 und einer Nahrungsaufnahme von 4 BE würde ich 3 IE spritzen).

Aber bei all dem gilt: Selbst ausprobieren, aufschreiben und Deine zu Dir passenden Regeln finden!

Gruß, Andreas
« Letzte Änderung: November 16, 2007, 20:54 von Andreas »
Eine gute Diabetes-Therapie muss einfach sein.


Offline klausing

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #11 am: November 16, 2007, 17:38 »
Danke, das war sehr hilfreich. Vor allem, dass auch Du einige BE ohne Insulin zur Korrektur verwendest.
Interessant fand ich auch, dass Du bei der Korrektur der Basalrate zwischen Nacht und Tag unterscheidest. Das mit dem erhöhten BZ halte ich auch so. Er normalisiert sich dann durch das auffüllen der leeren Speicher.
Ich werd dann mal ein wenig mit mir rumexperimentieren.  ;)

Offline Renntier

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #12 am: November 16, 2007, 17:43 »
Hallo,
bei mir ist das ähnlich.
Ich habe zwei Basalraten programmiert (meine momentane Pumpe kann keine prozentuale Absenkung  :'().
Eine ist für trainingsintensive Phasen (4 - 5 Trainingseinheiten, Wochenpensum Laufen > ca. 50 - 60 km) und hat ca. 50 % weniger Insulin.
In diesen Phasen befindet sich mein Körper wohl in einer ständigen Wiederauffüllung.

Die andere Basalrate (läuft im Moment) ist für nicht so intensive Trainingszeiten.
Der Bolus bleibt gleich. Nach einem Wettkampf oder einer längeren Trainingsbelastung (ebenfalls > 25 km Laufstrecke) beobachte ich sehr genau meine Hyposymptome und esse (nasche  ;)) ggf. etwas nach (Gummibären o. Ä.). Der Auffülleffekt hält bei mir ca. 6 Stunden an.
Nach sehr langen Wettkämpfen (> Marathondistanz) auch schon einmal länger, dann reduziere ich auch schon einmal den Bolus um 1/3) zusätzlich. Ich messe dann aber öfters nach. Da ich ein Kurzzeitinsulin benutze, bereits 2 Stunden nach dem Bolus.

Die erhöhte Basalrate habe ich erst seit letztem Jahr programmiert. Nach einer Operation erhöhte sich der Insulinbedarf und blieb dann erhöht. Vorher hatte ich nur eine und dann auch noch sehr niedrige Basalrate.

Leider gibt es zu diesem Thema kein allgemeingültiges Schema.
Alles muss selbst ausprobiert und angepasst werden.
42,195 Grüße von
Doro

Offline klausing

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #13 am: November 16, 2007, 18:01 »
Mich hat halt auch ein wenig gewundert, dass dieser Effekt so auf einen Schlag eingesetzt hat. Bei gleichem Trainingsaufkommen hatte ich früher nicht solche Nachwehen am nächsten Tag. Ich hatte erwartet, dass sich dieser Prozess schleichend mit steigender Muskelmasse ergibt.

Offline Joa

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #14 am: November 16, 2007, 18:10 »

Was mich wundert ist, ich komm ja morgens mit 6,2 einem guten Wert raus. Wenn dieser Effekt es Auffüllens der Speicher ja doch so groß sein kann, sollte dann der Wert nicht auch wesentlich niedriger sein?


Nö, zumindest nicht unter Deinen Verhältnissen.  :nein:

Da Du kein Basalinsulin benutzt, in der Folge der nicht unerheblichen Eigenproduktionsfähigkeit, wird bei Dir die Basis zum einen noch im Auto-Modus angemessen glukohomöostatische abgesenkt  und zum anderen hast Du auch noch die Glukagon-Spritze aus den Beta-Zellen im Closed-Loop-System.  ;D

Auf gut Deutsch, Du kannst nachts eigentlich nicht unterzuckern, es sei denn in der Folge eines späten Bolus.

Auch würde ich mal vermuten, dass die bessere Insulinwirkung nach sportiver Leistung vielleicht nicht nur auf dem Auffülleffekt beruhen mag.
Er eignet sich allerdings prima als Modellfaktor und ist sicher auch wesentlich beteiligt.

Gruß
Joa
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Offline klausing

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #15 am: November 16, 2007, 18:52 »
@Joa: das würde dann bedeuten, dass mein Körper die 6,2 für meinen Körper als gute Basis betrachtet   :brav:  ... irgendwie erinnert mich das an die Sprüche aus der Reha. Da hat man gern den Begriff "Möchtegerndiabeteker" in den Mund genommen weil ich viele Regeln nicht so strikt beachten musste auf Grund meiner Restproduktion an Insulin  :lachen:
Zitat
Auch würde ich mal vermuten, dass die bessere Insulinwirkung nach sportiver Leistung vielleicht nicht nur auf dem Auffülleffekt beruhen mag.
Diesen Teil versuch ich ja im veränderten BE-Faktor abzufangen. (der übrigens dauerhaft anhält *freu).
Interessant für mich war aber, dass alle die größere sportliche Einheiten abhalten dies mit BE ohne Insulinausgleich "behandeln".
Zitat
zum anderen hast Du auch noch die Glukagon-Spritze aus den Beta-Zellen im Closed-Loop-System.  
jepp, und das scheint sich auch schnell genug wieder aufzufüllen um über Nacht wieder was abgeben zu können.

Mal nebenbei, das ist ja auch ein Teil den ich trainieren will. Der Körper soll lernen mit kurzen Erholungsphasen klar zu kommen. (will ja nächstes Jahr mit dem MTB über die Alpen)

Offline Joa

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #16 am: November 17, 2007, 12:35 »

@Joa: das würde dann bedeuten, dass mein Körper die 6,2 für meinen Körper als gute Basis betrachtet   :brav:  

Nö, insbesondere da Du eine Verbesserung des Nüchternwertes durch Deine Sportactions erreichst, kann man vielleicht vermuten, dass auch die Basis der Eigenproduktion über die Nacht, insbesondere zu den Dawn-Ereignissen, etwas dürftig ausfällt :kratz:

Wenn Du (nicht Dein Körper) nun 6,2 mmol als unbefriedigend ansiehst, steht die Erwägung einer ICT im Raum. Derzeit bist Du ja mit SIT (= Supplementäre Insulintherapie) zugange wenn ich recht verstanden habe.
Zitat

  ... "Möchtegerndiabeteker" ...

*ggg*
Na ja, aus Sicht von Typ 1 ohne Eigenproduktion, mag man es auch so sagen können.  :ja:
Etwas scherzend   :super:
Zitat

Diesen Teil versuch ich ja im veränderten BE-Faktor abzufangen. (der übrigens dauerhaft anhält *freu).

Prima!
Zitat

Interessant für mich war aber, dass alle die größere sportliche Einheiten abhalten dies mit BE ohne Insulinausgleich "behandeln".

Nö, üblich ist da durchaus die Reduktion des Insulins zu Sport/Bewegung. Primär, so zeitlich passend, ist die Reduktion des Bolusinsulins angesagt, bei längeren Actions ggf. auch die Basisreduktion.
Insbesondere Leute, die auf ihr Gewicht achten (müssen), versuchen "Sport-BE's" zu vermeiden.

Zitat
Zitat
zum anderen hast Du auch noch die Glukagon-Spritze aus den Beta-Zellen im Closed-Loop-System.  
jepp, und das scheint sich auch schnell genug wieder aufzufüllen um über Nacht wieder was abgeben zu können.

Und da Deine verbliebenen Betas die Insulinfreisetzung auf 0 (Null) schalten können, wird es auch kaum zu einer besonders gesteigerten Glukagonsteuerung kommen müssen. Denk ich mal.  
Zitat

Mal nebenbei, das ist ja auch ein Teil den ich trainieren will. Der Körper soll lernen mit kurzen Erholungsphasen klar zu kommen. (will ja nächstes Jahr mit dem MTB über die Alpen)

Welche besonderen Schwierigkeiten bereiten kurze Erholungspausen dem Körper?  :gruebeln:

Gruß
Joa
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Offline klausing

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #17 am: November 17, 2007, 19:15 »
Zitat
Welche besonderen Schwierigkeiten bereiten kurze Erholungspausen dem Körper?  Hmm...schwierige Frage
naja sagen wir mal so, es ist eigentlich etwas was jeder Ausdauersportler kennt.
Die Körperzellen müssen lernen über Nacht zu regenerieren.  Ihre Speicher sollen sehr schnell aufgefüllt werden können. Fängt man mit Sport an, dann kann nach längeren sportlichen Tätigkeiten das auffüllen schon mal länger als über Nacht dauern. Es gibt Diabeteker die den kompletten folgenden Tag ja noch ihre Basalraten ändern müssen.
Wenn ich nun zum Beispiel mit dem Rad über die Alpen will, dann fahre ich 7 Tage hintereinander stundenlang durch die Botanik und das schon mit einer erhöhten Leistung. Für ungewohnte Sportler dürfte da spätestens am 2. oder 3. Tag Schluß sein. Das habe ich schon bei mehreren Teilnehmern eines AlpenCross nachlesen können.
Kommt der Körper hingegen mit kurzen Regenerationsphasen aus, stellt sich diese Schwierigkeit nicht ein. Der BZ ist dabei natürlich nur ein Wert.

Mal ein Stückchen weg vom BZ. Wer im 5.Stock wohnt und hoch flitzt wird beim ersten mal einen sehr hohen Puls haben und nach Luft jappsend oben ankommen. Bis dieser sich auf das normale Maß gesenkt hat braucht es eine relativ lange Zeit. Ist der Körper aber solche Belastungsspitzen gewohnt, dann ist der Puls schon nach kurzer Zeit wieder auf dem Normalmaß, genauso seine Atmung.

Übrigens, wen es interessiert, ich habe vor in meinem Blog in unregelmäßigen Abständen etwas  über die Vorbereitungen und später auch über diesen Trip selbst zu schreiben. Natürlich wird dabei auch mein DM eine Rolle spielen.  Auf diese Art und Weise möchte ich auch anderen Diabetekern Mut zum Sport machen und ihnen so zeigen, dass auch ein Diabeteker Leistungssport treiben kann.

Offline Joerg Moeller

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #18 am: November 17, 2007, 23:07 »

Und da Deine verbliebenen Betas die Insulinfreisetzung auf 0 (Null) schalten können, wird es auch kaum zu einer besonders gesteigerten Glukagonsteuerung kommen müssen. Denk ich mal.  


Kann es sein, daß du das irgendwie durcheinanderhaust? :kratz:

1. Glukagon kommt aus den Alphas, nicht aus den Betas.
2. Schalten die Betas auf Null, dann fehlt die Insulinwirkung auf die Alphas => Mehr Glukagon wird freigesetzt.
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Offline Joa

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Re: Unterschied Nachwirkung Sport <-> Veränderung Insulinwirkung
« Antwort #19 am: November 19, 2007, 01:09 »


Und da Deine verbliebenen Betas die Insulinfreisetzung auf 0 (Null) schalten können, wird es auch kaum zu einer besonders gesteigerten Glukagonsteuerung kommen müssen. Denk ich mal.  

Kann es sein, daß du das irgendwie durcheinanderhaust? :kratz:

Jein!

1.) Bei Klausing kommt ja noch das nächtliche Basalinsulin aus den Betas.
Und die können auf Null runterregeln, hab ich so im Plan.

2.) Kein Insulin am Rezeptor führt bei den Leberzellen zur Zuckerfreisetzung. Auch ohne Glukagon?

3.) Glukagon wird in den Alphas gebastelt, in Abhängigkeit von der Insulinfreisetzung der Betas.
     
     Im Plan hab ich (weil so gehört) dass bei 0-Insulineigenproduktion des Typ 1 das Glukakon auch 0 sei.
     Genauer Zusammenhang ist mir aber entfallen.
     Eine Plausibilät sehe ich, weil bei Typ 1 mit Null Insulin alleine wegen der fehlenden Insulinproduktion nicht
     unendlich Glukagon aus den Alphas kommt.
     
     Irgenwo muss da noch ein Botenstoff/Regelkreislauf zur Glukagonfreisetzung führen.  :kratz:

Für Hinweise bin ich dankbar, zumal Teupe irgendwann auch meinte, dass mit dem Glukagon sei
auch bei den Typ 1ern unterschiedlich.

Zum Nachhaken bin ich da aber nicht gekommen.

Gruß
Joa
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