Autor Thema: Warum fühlt man sich beim "Hypo" so komisch?  (Gelesen 4813 mal)

Offline Susanne

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Warum fühlt man sich beim "Hypo" so komisch?
« am: Juni 17, 2007, 12:05 »
sag mal, lieber Erklärbär:

warum fühlt man sich denn so komisch, wenn man einen Hypo bekommt? Das ist ja ganz verschieden, Übelkeit, Schwitzen, zittern...

und stimmt es dass man da ganz arg aggressiv werden kann? kommt das oft vor?

Susanne

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Offline Joerg Moeller

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Re: Warum fühlt man sich beim "Hypo" so komisch?
« Antwort #1 am: Juni 18, 2007, 12:24 »
Diese ganzen komischen Gefühl bei einer Hypo kommen hauptsächlich von den Hormonen die der Körper ausschüttet, um den Blutzucker wieder anzuheben.

Hormone sind ja Stoffe, die verschiedene Wirkungen haben können. Wie ein schweizer Offiziersmesser: da kann nicht nur das Messer selbst dran sein, sondern auch ein Flaschenöffner, ein Schraubendreher, eine Säge, eine Nagelfeile...
Da kann sich dann derjenige, der es gerade in die Finger bekommt aussuchen, was er jetzt davon nutzen will.

Bei den Hormonen ist es ähnlich. Wenn die Leber es abkriegt, dann kann sie aus ihrem gespeicherten Zucker etwas abgeben. Das Herz hingegen beginnt schneller zu schlagen, die Blutgefäße ziehen sich zusammen um den Blutdruck anzuheben, die Bronchien erweitern sich, damit man besser Luft bekommt, die Schweißdrüsen arbeiten stärker und die Magen-Darm-Tätigkeit wird langsamer (wodurch es zu Üblkeit kommen kann).

Weil solche Symptome hauptsächlich vom Adrenalin kommen nennt man sie auch "adrenerge Symptome". (Adrenerg = durch Adrenalin bewirkt)

Das mit dem "aggressiv" ist ein Zeichen dafür, daß im Gehirn die Denkprozesse anders werden, weil zuwenig Energie da ist. In etwa kann man sich das vorstellen wie beim Spiel "Stille Post". Die Nervenzellen "reden" ja auch miteinander. Und wenn dann eine dazwischen ist, die wegen Energiemangel nicht mehr so gut "hören" kann, dann können sich Fehler in der Übermittlung einschleichen.
Die einen werden dann aggressiv, andere werden total ruhig und in sich gekehrt (lethargisch), wieder andere werden dann zu so einer Art "Klassenclown".
Da diese Symptome darauf beruhen, daß das Hirn zuwenig Glukose hat nennt man sie "neuroglykopenische Symptome"

(Neuro=Nerven; glyko=Zucker; penie=Armut - Also eine Zuckerarmut der Nerven)

Vorkommen wird so eine Wesensveränderung also nur dann, wenn der Blutzucker schon recht niedrig ist. Die Betroffenen selbst merken das meist nicht; aber ihre Umwelt.
Gefährlich werden kann es dann, wenn sich nicht nur der Gemütszustand ändert, sondern auch die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. So sind manche dann nicht mehr in der Lage zu sagen "Halt stop, ich brauche jetzt sofort Zucker!"
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