Diabetesinfo-Forum
Plauderstündchen => Die Weihnachtsinsel => Thema gestartet von: vreni am Dezember 03, 2004, 14:18
-
(http://www.cosgan.net/images/smilie/xmas/d050.gif)
vielleicht mag das ja jemand - ich stelle euch ab und zu eine Geschicht da hinein - zum Nachdenken, ein Unterbruch in der Weihnachtshektik und sonst einfach ignorieren
Der kleine Baumwollfaden
Es war einmal ein kleiner Baumwollfaden, der war mit sich und der Welt unzufrieden. Er hatte Angst, daß es mit ihm einfach zu nichts reicht, so wie er war:
"Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach", sagte er sich, "und für einen Pullover zu kurz; - um an andere anzuknüpfen - dazu habe ich zu viele Hemmungen. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht, denn dazu bin ich zu blaß und farblos. - Ja, wenn ich aus Lurex wäre, dann könnte ich eine Stola verzieren oder ein Kleid. Aber so? - Es reicht einfach zu nichts! Was kann ich schon? Niemand braucht mich. Niemand mag mich. Und ich mag mich selbst am allerwenigsten." So sprach der kleine Baumwollfaden und dann legte er traurige Musik auf und fühlte sich ganz niedergeschlagen in seinem Selbstmitleid.
Da klopfte ein Klümpchen Wachs an seine Türe und sagte: "Lass dich doch nicht so hängen, Baumwollfaden. Ich weiss etwas. Ich habe da eine Idee: wir beide tun uns zusammen! Für eine lange Osterkerze bist du zwar als Docht zu kurz, und ich habe dafür nicht genug Wachs. Aber für ein Teelicht reicht es allemal! Das wärmt und macht ein bißchen heller. - Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden als immer nur im Dunkeln zu sitzen, zu schimpfen und zu jammern."
Da war der Baumwollfaden ganz glücklich, tat sich mit dem Klümpchen Wachs zusammen und sagte: "Nun hat mein Dasein doch einen Sinn bekommen!"
Und wer weiss, vielleicht gibt es in der Welt noch mehr kurze Baumwollfäden und kleine Wachsklümpchen, die sich zusammentun, ein kleines Licht anzünden und leuchten.
Verfasser unbekannt
-
Ja bitte, mach das. Ich mag das - ebenso wie deine Bildchen - und finde, daß das dem Forum ein bißchen mehr Wärme gibt :ja:
-
ich finde halt, dass es uns allen fehlt, ob wirs merken oder nicht.
-
ich finde halt, dass es uns allen fehlt, ob wirs merken oder nicht.
Ja, aber die, die es merken sind schon einen Schritt weiter.
Ich hab da auch noch eine schöne Gesichte auf Lager, die bringe ich demnächst auch mal :ja:
-
(http://www.cosgan.net/images/smilie/xmas/d050.gif)
vielleicht mag das ja jemand - ich stelle euch ab und zu eine Geschicht da hinein - zum Nachdenken, ein Unterbruch in der Weihnachtshektik und sonst einfach ignorieren
Das ist eine wunderbare Idee! :kuss:
Danke Vreni! :engel2:
-
was wäre mit Weihnachtssmylies Jörg? Hast ja für Helloween (wie schreibt man das eigentlich? :gruebeln:) auch gemacht.
-
was wäre mit Weihnachtssmylies Jörg? Hast ja für Helloween (wie schreibt man das eigentlich? :gruebeln:) auch gemacht.
Gut daß du mich daran erinnerst (was wäre das für ein Forum ohne dich :zwinker: )
-
(http://www.cosgan.net/images/smilie/xmas/d054.gif)
Der allererste Weihnachtsbaum
Hermann Löns (1866-1914)
Der Weihnachtsmann ging durch den Wald. Er war ärgerlich. Sein weißer Spitz, der sonst immer lustig bellend vor ihm herlief, merkte das und schlich hinter seinem Herrn mit eingezogener Rute her.
Er hatte nämlich nicht mehr die rechte Freude an seiner Tätigkeit. Es war alle Jahre dasselbe. Es war kein Schwung in der Sache. Spielzeug und Eßwaren, das war auf die Dauer nichts. Die Kinder freuten sich wohl darüber, aber quieken sollten sie und jubeln und singen, so wollte er es, das taten sie aber nur selten.
Den ganzen Dezembermonat hatte der Weihnachtsmann schon darüber nachgegrübelt, was er wohl Neues erfinden könne, um einmal wieder eine rechte Weihnachtsfreude in die Kinderwelt zu bringen, eine Weihnachtsfreude, an der auch die Großen teilnehmen würden. Kostbarkeiten durften es auch nicht sein, denn er hatte soundsoviel auszugeben und mehr nicht.
So stapfte er denn auch durch den verschneiten Wald, bis er auf dem Kreuzweg war. Dort wollte er das Christkindchen treffen. Mit dem beriet er sich nämlich immer über die Verteilung der Gaben. Schon von weitem sah er, daß das Christkindchen da war, denn ein heller Schein war dort.
Das Christkindchen hatte ein langes weißes Pelzkleidchen an und lachte über das ganze Gesicht. Denn um es herum lagen große Bündel Kleeheu und Bohnenstiegen und Espen- und Weidenzweige, und daran taten sich die hungrigen Hirsche und Rehe und Hasen gütlich. Sogar für die Sauen gab es etwas: Kastanien, Eicheln und Rüben.
Der Weihnachtsmann nahm seinen Wolkenschieber ab und bot dem Christkindchen die Tageszeit. "Na, Alterchen, wie geht's?" fragte das Christkind. "Hast wohl schlechte Laune?" Damit hakte es den Alten unter und ging mit ihm. Hinter ihnen trabte der kleine Spitz, aber er sah gar nicht mehr betrübt aus und hielt seinen Schwanz kühn in die Luft.
"Ja", sagte der Weihnachtsmann, "die ganze Sache macht mir so recht keinen Spaß mehr. Liegt es am Alter oder an sonst was, ich weiß nicht. Das mit den Pfefferkuchen und den Äpfeln und Nüssen, das ist nichts mehr. Das essen sie auf, und dann ist das Fest vorbei. Man müßte etwas Neues erfinden, etwas, das nicht zum Essen und nicht zum Spielen ist, aber wobei alt und jung singt und lacht und fröhlich wird."
Das Christkindchen nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht; dann sagte es: "Da hast du recht, Alter, mir ist das auch schon aufgefallen. Ich habe daran auch schon gedacht, aber das ist nicht so leicht."
"Das ist es ja gerade", knurrte der Weihnachtsmann, "ich bin zu alt und zu dumm dazu.
Ich habe schon richtiges Kopfweh vom vielen Nachdenken, und es fällt mir doch nichts Vernünftiges ein. Wenn es so weitergeht, schläft allmählich die ganze Sache ein, und es wird ein Fest wie alle anderen, von dem die Menschen dann weiter nichts haben als Faulenzen, Essen und Trinken."
Nachdenklich gingen beide durch den weißen Winterwald, der Weihnachtsmann mit brummigem, das Christkindchen mit nachdenklichem Gesicht.
Es war so still im Wald, kein Zweig rührte sich, nur wenn die Eule sich auf einen Ast setzte, fiel ein Stück Schneebehang mit halblautem Ton herab. So kamen die beiden, den Spitz hinter sich, aus dem hohen Holz auf einen alten Kahlschlag, auf dem große und kleine Tannen standen. Das sah wunderschön aus. Der Mond schien hell und klar, alle Sterne leuchteten, der Schnee sah aus wie Silber, und die Tannen standen darin, schwarz und weiß, daß es eine Pracht war.
Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrund stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.
Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmannes los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: "Ist das nicht wunderhübsch?"
"Ja", sagte der Alte, "aber was hilft mir das ?"
"Gib ein paar Äpfel her", sagte das Christkindchen, "ich habe einen Gedanken."
Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, daß das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.
Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann faßte er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchenstamm und reichte es dem Christkindchen.
"Sieh, wie schlau du bist", sagte das Christkindchen. "Nun schneid mal etwas Bindfaden in zwei Finger lange Stücke, und mach mir kleine Pflöckchen."
Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.
"So", sagte es dann, "nun müssen auch an die anderen welche, und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, daß kein Schnee abfällt!"
Der Alte half, obgleich er nicht wußte, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte; "Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für'n Zweck?"
"Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?" lachte das Christkind. "Paß auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!"
Der Alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen.
Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuß an der goldenen Oberseite seiner Flügel, dann war die Nuß golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, dann hatte es eine silberne Nuß und hängte sie zwischen die Äpfel.
"Was sagst nun, Alterchen?" fragte es dann. "Ist das nicht allerliebst?"
"Ja", sagte der, "aber ich weiß immer noch nicht..."
"Komm schon!" lachte das Christkindchen. "Hast du Lichter?"
"Lichter nicht", meinte der Weihnachtsmann, "aber 'nen Wachsstock!"
"Das ist fein", sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann; "Feuerzeug hast du doch?"
"Gewiß", sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus, pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das gegenüberliegende.
Und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein Licht nach dem andern zum Brennen.
Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinem halbverschneiten, dunklen Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold- und Silbernüsse blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich.
Das Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der kleine Spitz sprang hin und her und bellte.
Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat der, und dann gingen beide den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen mit.
Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles.
Beim kleinsten Hause machten die beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit einer durchlochten Platte. Den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum hinein.
Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge, Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann verließen beide das Haus so leise, wie sie es betreten hatten. Als der Mann, dem das Häuschen gehörte, am andern Morgen erwachte und den bunten Baum sah, da staunte er und wußte nicht, was er dazu sagen sollte.
Als er aber an dem Türpfosten, den des Christkinds Flügel gestreift hatte, Gold- und Silberflimmer hängen sah, da wußte er Bescheid. Er steckte die Lichter an dem Bäumchen an und weckte Frau und Kinder. Das war eine Freude in dem kleinen Haus wie an keinem Weihnachtstag.
Keines von den Kindern sah nach dem Spielzeug, nach dem Kuchen und den Äpfeln, sie sahen nur alle nach dem Lichterbaum. Sie faßten sich an den Händen, tanzten um den Baum und sangen alle Weihnachtslieder, die sie wußten, und selbst das Kleinste, das noch auf dem Arm getragen wurde, krähte, was es krähen konnte.
Als es hellichter Tag geworden war, da kamen die Freunde und Verwandten des Bergmanns, sahen sich das Bäumchen an, freuten sich darüber und gingen gleich in den Wald, um sich für ihre Kinder auch ein Weihnachtsbäumchen zu holen. Die anderen Leute, die das sahen, machten es nach, jeder holte sich einen Tannenbaum und putzte ihn an, der eine so, der andere so, aber Lichter, Äpfel und Nüsse hängten sie alle daran.
Als es dann Abend wurde, brannte im ganzen Dorf Haus bei Haus ein Weihnachtsbaum, überall hörte man Weihnachtslieder und das Jubeln und Lachen der Kinder.
Von da aus ist der Weihnachtsbaum über ganz Deutschland gewandert und von da über die ganze Erde.
Weil aber der erste Weihnachtsbaum am Morgen brannte, so wird in manchen Gegenden den Kindern morgens beschert.
;)
-
Gut daß du mich daran erinnerst (was wäre das für ein Forum ohne dich :zwinker: )
;D
-
Märchen
vom Auszug aller "Ausländer" von Helmut Wöllenstein
Es war einmal, etwa drei Tage vor Weihnachten, spät abends. Über dem Marktplatz der kleinen Stadt kamen ein paar Männer gezogen. Sie blieben an der Kirche stehen und sprühten auf die Mauer die Worte "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen". Steine flogen in das Fenster des türkischen Ladens gegenüber der Kirche. Dann zog die Horde ab. Gespenstische Ruhe. Die Gardinen an den Fenstern der Bürgerhäuser waren schnell wieder zugefallen. Niemand hatte etwas -gesehen.
"Los kommt, wir gehen." "Wo denkst Du hin! Was sollen wir denn da unten im Süden?" "Da unten? Da ist doch immerhin unsere Heimat. Hier wird es schlimmer. Wir tun, was an der Wand steht: ´Ausländer raus´ !"
Tatsächlich: Mitten in der Nacht kam Bewegung in die kleine Stadt. Die Türen der Geschäfte sprangen auf. Zuerst kamen die Kakaopäckchen, die Schokoladen und Pralinen in ihrer Weihnachtsverkleidung. Sie wollten nach Ghana und Westafrika, denn da waren sie zu Hause. Dann der Kaffee, palettenweise, der Deutschen Lieblingsgetränk: Uganda, Kenia und Lateinamerika waren seine Heimat.
Ananas und Bananen räumten ihre Kisten, auch die Trauben und Erdbeeren aus Südafrika. Fast alle Weihnachtsleckereien brachen auf. Pfeffernüsse, Spekulatius und Zimtsterne, die Gewürze aus ihrem Inneren zog es nach Indien. Der Dresdner Christstollen zögerte. Man sah Tränen in seinen Rosinenaugen, als er zugab: Mischlingen wie mir geht´s besonders an den Kragen. Mit ihm kamen das Lübecker Marzipan und der Nürnberger Lebkuchen.
Nicht Qualität, nur Herkunft zählte jetzt. Es war schon in der Morgendämmerung, als die Schnittblumen nach Kolumbien aufbrachen und die Pelzmäntel mit Gold und Edelsteinen in teuren Chartermaschinen in alle Welt starteten. Der Verkehr brach an diesem Tag zusammen ... Lange Schlangen japanischer Autos, vollgestopft mit Optik und Unterhaltungselektronik, krochen gen Osten. Am Himmel sah man die Weihnachtsgänse nach Polen fliegen, auf ihrer Bahn gefolgt von den Seidenhemden und den Teppichen des fernen Asiens.
Mit Krachen lösten sich die tropischen Hölzer aus den Fensterrahmen und schwirrten ins Amazonasbecken. Man musste sich vorsehen, um nicht auszurutschen, denn von überall her quoll Öl und Benzin hervor, floss in Rinnsalen und Bächen zusammen in Richtung Naher Osten. Aber man hatte ja Vorsorge getroffen.
Stolz holten die deutschen Autofirmen ihre Krisenpläne aus den Schubladen: Der Holzvergaser war ganz neu aufgelegt worden. Wozu ausländisches Öl?! - Aber die VW´s und BMW´s begannen sich aufzulösen in ihre Einzelteile, das Aluminium wanderte nach Jamaika, das Kupfer nach Somalia, ein Drittel der Eisenteile nach Brasilien, der Naturkautschuk nach Zaire. Und die Straßendecke hatte mit dem ausländischen Asphalt auch immer ein besseres Bild abgegeben als heute.
Nach drei Tagen war der Spuk vorbei, der Auszug geschafft, gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Nichts Ausländisches war mehr im Land. Aber Tannenbäume gab es noch, auch Äpfel und Nüsse. Und die "Stille Nacht" durfte gesungen werden - Allerdings nur mit Extragenehmigung, das Lied kam immerhin aus Österreich!
;)
-
Montag, 7. Oktober
Schönster Altweibersommer. Noch einmal tummeln sich Menschen in T-Shirts und Sandalen
in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Innenstadt.
Dann plötzlich um 10:47 Uhr kommt der Befehl von Aldi-Geschäftsführer Erich B.:
„5 Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich.” Von nun an überschlagen
sich die Ereignisse. Zunächst reagiert SK-Geschäftsführer Martin O. eher halbherzig mit einem
erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.
15:07 Uhr
Edeka-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert nunmehr mit Lametta
und Tannengrün in der Wurstauslage.
16:02 Uhr
Die Filialen von Penny und Ihrkauf bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber auf
Grund von Lieferschwierigkeiten nicht gegenhalten und fordern ein
Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 10. Oktober. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.
Dienstag, 8. Oktober, 7:30 Uhr
Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein Esel mit Rentierschlitten Stellung,
während 2 Weihnachtsmänner vom studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder
zu ihren Weihnachtswünschen verhören. Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im
gleißenden Schein von 260000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur
ohnmächtig zuschaun, immerhin haben jetzt auch Spar, Coop und SK den Ernst der Lage
erkannt.
Mittwoch, 9. Oktober, 9:00 Uhr
Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.
9:12 Uhr
SK kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im Tiefkühlregal.
10:05 Uhr
Bei Ihrkauf verirren sich dutzende von Kunden in einem Wald von Weihnachtsbäumen.
12:00 Uhr
Neue Dienstanweisung bei Coop. An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein 'Frohes
Fest' gewünscht. Der Spar-Markt kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.
Donnerstag, 10. Oktober, 7:00 Uhr
Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.
8:00 Uhr
In einer eilig einberufenen Krisenversammlung fordert der aufgebrachte Penny-Geschäftsführer
Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark: "Weihnachten bis zum Äußersten" und verfügt
den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD 'Weihnachten mit Mireille
Matthieu' über Deckenlautsprecher. Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.
Freitag, 11. Oktober, 8:00 Uhr
Anwohner der Ladenstraße versuchen mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung, die nun auch
vom Spar-Markt angedrohte Musikoffensive 'Heilig Abend mit den Flippers' zu stoppen.
9:14 Uhr
Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor 'Adveniat', der gerade
vor Karstadt zum großen Weihnachtsoratorium ansetzen wollte.
9:30 Uhr
Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse, sondern um
Christbaumkugeln gehandelt.
Sonnabend, 12. Oktober
Die Fronten verhärten sich. Die Strategien werden zunehmend aggressiver.
10:37 Uhr
Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K. und gibt zu Protokoll, sie sei
soeben auf dem Coop-Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen
worden. Die Beamten sind ratlos.
12:00 Uhr
Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und Coop die Fußgängerzone mit
Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die Räum- und Streupflicht an. Umsonst.
14:30 Uhr
Teile der Innenstadt sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes
beginnt mit der Bergung von Eingeschlossenen. Menschen wie du und ich, die nur mal in der
schönen Herbstsonne bummeln wollten...
;)
-
:lachen: :lachen: :lachen: aber irgendwie stimmts mit dem Rummel
-
:lachen: :lachen: :lachen: aber irgendwie stimmts mit dem Rummel
Ich bin mit dem Thread mal umgezogen :ja:
Du hast recht. Das ging dieses Jahr schon vor Monaten los bei uns in den Geschäften. Jetzt haben wir gerade mal Anfang Dezember und in unserem Drogeriemarkt (Schlecker) sind die Lebkuchen ausverkauft. Und vor Weihnachten bekommen sie auch keine mehr rein. Ebenso bei unserem Discounter (Plus, bzw. Zielpunkt). Der hat weder Marzipan noch Spekulatius. Ungewiss, ob sie noch eine Lieferung bekommen- :balla: :balla:
-
Schwerer Schritt
Der Mann saß im Zugabteil am Fenster und wagte es nicht, seinen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft zu richten. Er war allein im Abteil.
Vor Jahren hatte er sich von seiner Familie trennen müssen - denn er war mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wie es so schön hieß. Seine Eltern und Geschwister musste er schonen; noch bevor alles bekannt wurde, hatte er sie verlassen; seitdem weigerte er sich beharrlich, Kontakt mit ihnen aufzunehmen.
Die Schuld nagte an ihm, man sah es ihm an: Er konnte sie nicht einfach loswerden. Nun, er hatte seine Strafe zwar abgebüßt. Aber, wenn er einmal versagte hatte: Wer konnte ihm garantieren, dass er nicht ein zweites Mal schwach werden würde? Konnte er von sich behaupten, dass er jetzt ein anderer Mensch sei? Hatte er wirklich einen guten Kern? War er ein guter Mensch? Oder hatte die nagende Stimme in ihm recht: «Du bist und bleibst ein Versager, eine Last und Schmach für deine Familie und die Gesellschaft»?
Der Mann, der in dem Zug der Entscheidung entgegenfuhr, seufzte laut. Er dachte an seine Familie, die jetzt wohl zu Hause seinen Brief bekommen hatte. Er stellte sich die Gesichter einzeln vor, jedes für sich. Sein Vater. Seine Mutter. Sein kleiner Bruder (Wie groß mochte er jetzt sein?). Seine Schwester (Ist sie wohl inzwischen verheiratet?). Sein Onkel, der mit zur Familie gehörte, genauso wie sein Vetter.
Er sehnte sich nach seiner Familie. Die Jahre, in denen er jeden Kontakt zu ihnen vermieden hatte, waren schmerzhafte Jahre gewesen. Er wollte ihnen jede Peinlichkeit ersparen, aber es war ihm nicht leichtgefallen. Jetzt, wo er auf den Weg zu ihnen war, wusste er, wie sehr er sie die ganze Zeit geliebt hatte.
Zum ersten mal kamen Worte über seine Lippen: «Bei Gott, ich hoffe, sie weisen mich nicht ab.»
Da saßen sie nun alle beisammen und schwiegen sich an. Gefühle huschten über ihre Gesichter, keiner sprach sie aus, und doch dachten alle die gleichen Gedanken: Warum hat er uns das damals angetan? Das mit dem Verbrechen - und dann das jahrelange Schweigen? Warum wollte er nichts von uns wissen? Und jetzt, wo er zurückkommen will - hat er sich geändert? Was ist wohl aus ihm geworden? Liebt er uns noch, so wie früher? Oder möchte er nur Geld von uns? Kann ein Mensch sich wirklich ändern?
Das Schweigen lag über dieser Familie wie ein schweres, nasses Tuch: Der verlorene Sohn will zurückkehren - und sie sollen darüber entscheiden, ob sie ihm eine neue Chance geben werden.
Endlich ergriff der Vater das Wort und durchbrach die Stille.
Der Zug näherte sich der Stelle, an der sich alles entscheiden würde. Der Mann wurde immer unruhiger, jetzt blickte er zum Fenster hinaus, wie gebannt. Er wartete darauf, dass das Unvermeidliche geschehen würde: Die Ablehnung.
Er hatte seiner Familie geschrieben, dass er sie nicht belästigen wolle, wenn sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten. Er würde mit dem Zug an ihrem Hof vorbeifahren, und auch an dem Baum, in dem er schon als Kind seinen Namen geschnitzt hatte.
Wenn sie wirklich nichts mehr von ihm wissen wollten, dann bräuchten sie nichts zu unternehmen. Er würde an diesem Baum vorbeifahren, nur einen Blick darauf werfen und weiterfahren, immer weiter. Er würde nicht mehr zurückkehren.
Wenn Sie aber nur eine kleine Chance sehen würden, dass er sich bei ihnen einfinden könne - und sei es nur für ein paar Tage - dann sollten sie ein buntes Band in den Baum hängen. Er würde es sehen, der Zug fuhr ja geradewegs an diesem Baum vorbei. Und wenn dort wirklich ein Band im Baum hängt, dann würde er am nächsten Bahnhof aussteigen. Dann würde er zu ihnen zurückkehren.
Wenn dort ein Band im Baum hängt, nur dann.
Noch konnte er den Baum nicht sehen. Wenige Sekunden noch. Seine Hände verkrampften sich.
Der Zug hatte sich ein wenig in die Kurve gelegt und sein Tempo verringert. Der alte Eichenbaum kam in das Blickfeld des Mannes, der sich vor diesem Augenblick so gefürchtet hatte.
Seine Hände verkrampften sich noch mehr, als er den Baum sah. Tränen standen in seinen Augen. Er senkte den Blick, weil er nicht glauben konnte, was er sah.
Er hatte darum gebeten, ein einzelnes buntes Band in den Baum zu hängen, wenn seine Familie ihm noch eine Chance geben würde.
Aber da hing kein einzelnes Band
Nein, der ganze Baum war über und über mit Bändern behangen, sie flatterten im Wind wie bunte Vögel; hundert, vielleicht sogar zweihundert Bänder, unübersehbar.
Die Botschaft war eindeutig: Nicht nur eine Chance sollst Du haben. Nein, hundert Chancen: Weil wir an das Gute in dir glauben. Weil wir an dich glauben!
;)
-
Hier noch eine, die ich schon seit vielen Jahren kenne, und die besonders Bärchen gefallen dürfte:
Die kleinen Leute von Swabedoo (Verfasser Unbekannt)
Vor langer, langer Zeit lebten kleine Leute auf der Erde. Die meisten von ihnen wohnten im Dorf Swabedoo, und sie nannten sich die Swabedoodahs. Sie waren sehr glücklich und liefen herum mit einem lächeln bis hinter die Ohren und grüßten jedermann. Was die Swabedoodahs am meisten liebten, war, einander warme, weiche Pelzchen zu schenken. Ein jeder von ihnen trug über seiner Schulter einen Beutel und der Beutel war angefüllt mit weichen Pelzchen. So oft sich Swabedoodahs trafen, gab der eine dem anderen ein Pelzchen. Es ist sehr schön, einem anderen ein warmes Pelzchen zu schenken. Es sagt dem anderen, daß er etwas besonderes ist, es ist eine Art zu sagen " Ich mag Dich!" Und ebenso schön ist es, von einem anderen ein solches Pelzchen zu bekommen. Du spürst, wie warm und flaumig es an deinem Gesicht ist, und es ist ein wundervolles Gefühl, wenn du es sanft und leicht zu den anderen in deinen Beutel legst. Du fühlst dich anerkannt und geliebt, wenn jemand dir ein Pelzchen schenkt, und du möchtest auch gleich etwas Gutes, Schönes tun. Die kleinen Leute von Swabedoo gaben und bekamen gern weiche, warme Pelzchen, und ihr gemeinsames Leben war ohne Zweifel sehr glücklich und fröhlich.
Außerhalb des Dorfes, in einer kalten, dunklen Höhle, wohnte ein großer, grüner Kobold. Eigentlich wollte er gar nicht alleine dort draußen wohnen, und manchmal war er sehr einsam. Er hatte schon einige Male am Rande des Dorfes gestanden und sich gewünscht, er könnte dort mitten unter den fröhlichen Swabedoodahs sein - aber er hatte nichts, was er hätte dazutun können – und das Austauschen von warmen, weichen Pelzchen hielt er für einen großen Unsinn. Traf er ein mal am Waldrand einen der kleinen Leute, dann knurrte er nur Unverständliches und lief schnell wieder zurück in seine feuchte, dunkle Höhle.
An einem Abend, als der große, grüne Kobold wieder einmal am Waldrand stand, begegnete ihm ein freundlicher kleiner Swabedoodah. "Ist heute nicht ein schöner Tag?" fragte der Kleine lächelnd. Der grüne Kobold zog nur ein grämliches Gesicht und gab keine Antwort. "Hier nimm, ein warmes, weiches Pelzchen", sagte der kleine, "hier ist ein besonders schönes. Sicher ist es für Dich bestimmt, sonst hätte ich es lange verschenkt." Aber der Kobold nahm das Pelzchen nicht. Er sah sich erst nach allen Seiten um. Um sich zu vergewissern, daß auch keiner ihm zusah oder zuhörte, dann beugte er sich zu dem Kleinen hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: " Du, hör mal, sei nur nicht so großzügig mit Deinen Pelzchen. Weißt Du denn nicht, daß Du eines Tages kein einziges Pelzchen mehr besitzt, wenn Du sie immer so einfach an jeden, der Dir über den Weg läuft, verschenkst?" Erstaunt und ein wenig hilflos blickte der kleine Swabedoodah zu dem Kobold hoch. Der hatte in der Zwischenzeit den Beutel von der Schulter des Kleinen genommen und ihn geöffnet. Es klang richtig befriedigend, als er sagt:" Hab ich es nicht gesagt! Kaum mehr als 217 Pelzchen hast Du noch in Deinem Beutel. Also wenn ich Du wäre: ich würde vorsichtig mit dem verschenken sein!" Damit tappte der Kobold auf seinen großen, grünen Füßen davon und ließ einen verwirrten und unglücklichen Swabedoodah am Waldrand zurück. Er war so verwirrt, so unglücklich, daß er gar nicht darüber nachdachte, daß das, was der Kobold da erzählte, überhaupt nicht sein konnte. Denn jeder Swabedoodah besaß einen unerschöpflichen Vorrat an Pelzchen. Schenkte er einem anderen ein Pelzchen, so bekam er sofort von einem anderen ein Pelzchen, und dies geschah immer und immer wieder, ein ganzes Leben lang – wie sollten dabei die Pelzchen ausgehen?
Auch der Kobold wußte das – doch er verließ sich auf die Gutgläubigkeit der kleinen Leute. Und noch auf etwas anderes verließ er sich, etwas, was er an sich selbst entdeckt hatte, und von dem er wissen wollte, ob es auch in den kleinen Swabedoodahs steckte. So belog er den kleinen Swabedoodah ganz bewußt, setzte sich in den Eingang seiner Höhle und wartete.
Vor seinem Haus in Swabedoo saß der kleine, verwirrte Swabedoodah und grübelte vor sich hin. Nicht lange, so kam ein guter Bekannter vorbei, mit dem er schon viele warme, weiche Pelzchen ausgetauscht hatte. "Wie schön ist dieser Tag!" rief der Freund, griff in seinen Beutel und gab dem anderen ein Pelzchen. Doch dieser nahm es nicht freudig entgegen, sondern wehrte mit den Händen ab. "Nein, nein! Behalt es lieber," rief der Kleine, "wer weiß wie schnell sonst Dein Vorrat abnimmt. Eines Tages stehst Du ohne Pelzchen da!" Der Freund verstand ihn nicht, zuckte nur mit den Schultern, packte das Pelzchen in seinen Beutel zurück und ging mit leisem Gruß davon. Aber er nahm verwirrte Gedanken mit, am gleichen Abend konnte man noch drei mal im Dorf hören, wie ein Swabedoodah zum anderen sagte: "Es tut mir leid, aber ich habe kein warmes, weiches Pelzchen für Dich. Ich muß darauf achten, daß sie mir nicht ausgehen."
Am kommenden Tag hatte sich dies alles im ganzen Dorf ausgebreitet. Jedermann begann, seine Pelzchen aufzuheben. Man verschenkte zwar immer noch ab und zu eines, aber man tat es erst, nach langer, gründlicher Überlegung und sehr, sehr vorsichtig. Und dann waren es zumeist nicht die ganz besonders schönen Pelzchen, sondern die mit kleinen Stellen und schon etwas abgenutzten. Die kleinen Swabedoodahs wurden mißtrauisch. Man begann, sich argwöhnisch zu beobachten, man dachte darüber nach, ob der andere wirklich ein Pelzchen wert war. Manche trieben es so weit, daß sie ihre Pelzbeutel nachts unter den Betten versteckten. Streitigkeiten brachen darüber aus, wieviele Pelzchen der oder der andere besaß. Und schließlich begannen die Leute warme, weiche Pelzchen gegen Sachen einzutauschen, anstatt sie einfach zu verschenken. Der Bürgermeister von Swabedoo machte sogar eine Erhebung, wieviele Pelzchen insgesamt vorhanden waren, ließ dann mitteilen, daß die Anzahl begrenzt sei und rief die Pelzchen als Tauschmittel aus. Bald stritten sich die kleine Leite darüber, wieviele Pelzchen eine Übernachtung oder eine Mahlzeit im Hause eines anderen Wert sein müßte. Wirklich, es gab sogar einige Fälle von Pelzchenraub! An dämmrigen Abenden fühlte man sich draußen nicht mehr sicher, an den Abenden, an denen früher Swabedoodahs gern im Park oder auf den Straßen spazieren gegangen waren, um einander zu grüßen, um sich warme, weiche Pelzchen zu schenken.
Oben am Waldrand saß der große, grüne Kobold, beobachtete alles und rieb sich die Hände. Das Schlimmste von allem geschah, ein wenig später. An der Gesundheit der kleinen Leute begann sich etwas zu verändern: Viele beklagten sich über Schmerzen in den Schultern und im Rücken, und mit der Zeit befiel immer mehr Swabedoodahs eine Krankheit, die Rückgraterweichung genannt wird. Die kleinen Leute liefen gebückt und in schweren Fällen bis zum Boden geneigt umher. Die Pelzbeutelchen schleiften auf der Erde. Viele fingen an zu glauben, daß die Ursache ihrer Krankheit das Gewicht der Beutel sei und daß es besser wäre, sie im Haus zu lassen und dort einzuschließen. Es dauerte nicht lange, und man konnte kaum noch einen Swabedoodah mit einem Pelzbeutel auf dem Rücken antreffen.
Der große, grüne Kobold war mit dem Ergebnis seiner Lügen sehr zufrieden. Er hatte herausfinden wollen, ob die kleinen Leute auch so handeln und fühlen würden wie er selbst, wenn er, wie das fast immer der Fall war, selbstsüchtige Gedanken hatte. Sie hatten so gehandelt! Und der Kobold fühlte sich sehr erfolgreich.
Er kam jetzt häufiger einmal in das Dorf der kleinen Leute: Aber niemand grüßte ihn mit einem Lächeln, niemand bot ihm ein Pelzchen an. Statt dessen wurde er mißtrauisch angestarrt, genauso, wie sich die kleinen Leute untereinander anstarrten. Dem Kobold gefiel das gut: Für ihn bedeutete dieses Verhalten, die "wirkliche Welt"!
In Swabedoo ereignete sich mit der Zeit immer schlimmere Dinge. Vielleicht wegen der Rückgraterweichung, vielleicht aber auch deshalb, weil ihnen niemand mehr ein warmes, weiches Pelzchen gab – wer weiß es! – starben einige Leute in Swabedoo. Nun war alles Glück aus dem Dorf verschwunden. Die Trauer war sehr groß.
Als der große, grüne Kobold davon hörte, war er richtig erschrocken. "Das wollte ich nicht" sagte er zu sich selbst, "das wollte ich bestimmt nicht. Ich wollte ihnen doch nur zeigen, wie die Welt wirklich ist. Aber ich habe ihnen doch nicht den Tod gewünscht." Er überlegte, was man nun machen könnte, und es fiel ihm auch etwas ein.
Tief in seiner Höhle hatte der Kobold eine Mine mit kaltem, stacheligen Gestein entdeckt. Er hatte viele Jahre damit verbracht, die stacheligen Steine aus dem Berg zu graben und sie in einer Grube einzulagern: Er liebte dieses Gestein, weil es so schön kalt war und so angenehm prickelte, wenn er es anfaßte. Aber nicht nur das: er liebte dieses Steine auch deshalb, wie sie alle ihm gehörten und immer, wenn er davor saß und sie ansah, war das Bewußtsein, einen großen Reichtum zu besitzen, für den Kobold ein schönes, befriedigendes Gefühl.
Doch jetzt als er das Elend der kleinen Swabedoodahs sah, beschloß er, seinen Steinreichtum mit ihnen zu teilen. ER füllte ungezählte Säckchen mit kalten, stacheligen Steinen, packte die Säckchen auf einen großen Handkarren und zog damit nach Swabedoo.
Wie froh waren die kleinen Leute, als sie die stacheligen. Kalten Steine sahen! Sie nahmen sie dankbar an. Nun hatten sie wieder etwas, was sie sich schenken konnten. Nur: wenn sie einem anderen einen kalten, stacheligen Stein gaben, um ihm zu sagen, daß sie ihn mochten, dann war in ihrer Hand und auch in der Hand desjenigen, der den Stein bekam, ein unangenehmes, kaltes Gefühl: Es machte nicht so viel Spaß. Kalte, stachelige Steine zu verschenken wie warme, weiche Pelzchen. Immer hatte man ein eigenartiges Ziehen im Herzen, wenn man einen stacheligen Stein bekam. Man war sich nicht ganz sicher, was der Schenkende damit eigentlich meinte. Der Beschenkte blieb oft verwirrt und mit leicht zerstochenen Fingern zurück.
So geschah es, nach und nach, immer häufiger, daß ein kleiner Swabedoodah unter sein Bett kroch, den Beutel mit den warmen, weichen Pelzchen hervorzog, sie an der Sonne auslüftete, und, wenn einer ihm einen Stein schenkte, ein warmes, weiches Pelzchen dafür zurück gab. Wie leuchteten dann die Augen des Beschenkten! Ja, mancher lief schnell im sein Haus zurück, kramte den Pelzbeutel hervor, um auch an Stelle des stacheligen Steines ein Pelzchen zurückzuschenken. Man warf die Steine nicht fort, o nein Es holten auch nicht alles Swabedoodahs ihre Pelzbeutel wieder hervor. Die grauen, stacheligen Steingedanken hatte sich zu fest in den Köpfen der kleinen Leute eingenistet. Man konnte es aus den Bemerkungen heraushören:
- Weiche Pelzchen? Was steckt wohl dahinter?
- Wie kann ich wissen, ob meine Pelzchen wirklich erwünscht sind?
- Ich gab ein warmes, weiches Pelzchen, und was bekam ich dafür? Einen kalten, stachligen Stein! Das soll mir nicht noch einmal passieren.
- Man weiß nie, woran man ist: heute Pelzchen, morgen Steine.
Wahrscheinlich wären wohl alle kleinen Leute von Swabedoo gern zurück gekehrt zu dem, was bei ihren Großeltern noch ganz natürlich war. Mancher sah auf die Säckchen in einer Ecke des Zimmers, angefüllt mit kalten, stacheligen Steinen, auf diese Säckchen, die ganz eckig waren und so schwer, daß man sie nicht mitnehmen konnte. Häufig hatte man nicht einmal einen Stein zum verschenken bei sich, wenn man einem Freund begegnete. Dann wünschte der kleine Swabedoodah sich im geheimen und ohne es je laut zusagen, daß jemand kommen möge, um ihm warme weiche Pelzchen zu schenken. In seinen Träumen stellte er sich vor, wie sie alle auf der Straße mit einem fröhlichen, lachenden Gesicht herumgingen und sich untereinander Pelzchen schenkten, wie in alten tagen. Wenn er dann aufwachte, hielt ihn aber immer etwas davon zurück, es auch wirklich zu tun. Gewöhnlich war es das, daß er hinausging und sah, wie die Welt "wirklich ist"!
Das ist der Grund, warum das verschenken von warmen, weichen Pelzchen nur noch sehr selten geschieht, und niemand tut es in aller Öffentlichkeit. Man tut es im geheimen und ohne darüber zu sprechen: Aber es geschieht! – Hier und dort, immer wieder. Ob Du vielleicht auch eines Tages......?
ENDE
-
Schwerer Schritt
Herrlich! :schnief:
-
jörg - aus der Geschichte mit den Pelzchen habe ich vor drei Jahren für die Firma Weihnachtskarten gebastelt (inkl. kleinen Pelzchen) Wir haben 200 Stück verschickt. Es haben sich so viele Leute wie noch nie darüber gefreut und bedankt. Es hat uns richtig Freude gemacht.
-
Die kleinen Leute von Swabedoo - tolle Geschichte und davon Weihnachtskarten verschenken - super.
-
jörg - aus der Geschichte mit den Pelzchen habe ich vor drei Jahren für die Firma Weihnachtskarten gebastelt (inkl. kleinen Pelzchen) Wir haben 200 Stück verschickt. Es haben sich so viele Leute wie noch nie darüber gefreut und bedankt. Es hat uns richtig Freude gemacht.
Ich hab die Geschichte das erste Mal vor 20 Jahren gehört. Da war ich noch aufder Fachschule für Kinderpfleger/innen (ich wollte mal im Kindergarten arbeiten), und eine Parallelklasse hat das als Stück für Kinder aufgeführt :)
-
und die besonders Bärchen gefallen dürfte
Ja, stimmt. Gefällt mir wirklich sehr gut! Les' ich jetzt auch zum ersten mal. Echt nett!
Woher wusstest du, dass sie mir gefallen würde???
Die erste Geschichte von vreni hat mir übrigens auch besonders gut gefallen ;-)
Liebe Grüße, Bärli :ichbaer:
-
Es ist nur der Clown
"Komische Sache", denkt der Clown und betrachtet dabei aufmerksam sein Gesicht in der Spiegelscherbe. "Man hat als Clown nichts zu lachen! Wenn ich das Gesicht in die entsprechenden Falten lege, lachen die Leute darüber. Sie haben gut lachen! Alle lachen sie über mich. Wer lacht mit mir?"
Die schneeweiße Haarsträhne fällt dem Clown über die hohe Stirn. Er sieht erbärmlich alt aus. Er ist krank. Aber sein Beruf kennt keine Krankheit. Die Leute wollen lachen und applaudieren. Abend für Abend steht der Clown in lächerlich groteskem Aufzug im Scheinwerferlicht. Sie vergießen Tränen vor überschäumender Fröhlichkeit. Der Clown holt sie weit fort aus dem grauen Alltag, die vielen Menschen, die jeden Abend zur Vorstellung kommen, und er führt sie für Stunden in eine andere, lustige, augenzwinkernde, fröhliche Scheinwelt.
Nicht daß es die Welt des Humor nicht gäbe! Aber nach der Vorstellung, wenn er vor der Spiegelscherbe sitzt, dann überkommt ihn das heulende Elend.
"Ich bin wirklich krank und fühle mich gar nicht wohl!" denkt er und kramt zwischen den Schminktöpfen und Puderdosen herum. "Aber wann fühle ich mich je in dieser Rolle wohl?"
Er zieht mechanisch die Augenbrauen nach, schminkt die Mundpartie schneeweiß, pudert ab, wühlt den Rotstift hervor und starrt abwesend in das trübe, blindgewordene Glasstück. "Glück und Glas wie leicht bricht das!"
Da öffnet sich die Wohnwagentür und der Inspizent ruft: "Los, du bist gleich dran! Verflixte Trottelei!"
Der Clown erschrickt. "Ich grüble zuviel!", denkt er und verzieht das Gesicht zur üblichen, wirkungsvollen Maske. Raus aus dem Wagen, hinüber in die Arena! Die Kapelle schmettert schon den letzten Teil des Galopps.
Und dann steht er mitten im Scheinwerferlicht und lächelt. Auf den Zuschauersitzen quittieren man mit gönnerhaftem Applaus.
"Eigentlich bin ich nur der Pausenfüller", grübelt der Clown und verzieht das Gesicht. Und schon lachen die Leute.
Dann folgt ein bißchen Akrobatik auf der Handharmonika und die Sache mit dem Hut. Die Leute lachen und klatschen.
Dann kommt die Hosenszene dran. Die viel zu langen Schuhe, die unheimlich dehnbaren Hosenträger, der Sockenhalter rechts ... Das Volk auf den Plätzen wiehert vor Vergnügen. Einem dicken Mann stehen die Wasserperlen vor Lachen in den Augen.
"So, jetzt den Salto rückwärts! - Gleich, gleich ... O Gott, mir ist schlecht, übel, ganz furchtbar unwohl. Was ist bloß los ...? Ich sehe lauter kringelnde Kreise. Ich sehe ..." Der Clown setzt sich hin und kriegt Schwierigkeiten mit den ellenlangen Hosenbeinen.
Das ist unvorschriftsmäßig, gehört nicht zur Nummer. Er bückt sich und schiebt die Hosenbeine hoch, das Volk lacht, während er automatengleich das Gesicht verzieht, was stets dieselbe Wirkung verspricht.
In der dritten Reihe sitzt ein kleines Mädchen neben seiner Mutter. Das Kind quietscht vor Vergnügen. Die Mutter lacht. "Mutti, der ist gut, wie?" Und sie lacht und vergißt alles um sich herum, sieht nur die strahlenden Kinderaugen und denkt: "So ein Clown ist ein glücklicher Mensch. Er kann Tausende zum Lachen bringen und wird dafür bezahlt."
Da hat der Clown sich wieder in der Gewalt. Er spürt, wie es in der Kehle würgt. Aber er ist lachende, komische Maske. "Jetzt den Salto? ... Nein, noch nicht, Augenblick noch. Mir ist heute so schwindelig im Kopf, wovon nur? - Ich könnte den nächsten Witz vorwegnehmen." Der Clown tritt vor, legt den Zeigefinger quer über den Mund, wartet eine Weile, bis es ganz still unter dem Zeltdach geworden ist und setzt dann zum nächsten Witz an ...
"Was ist los? Will er nicht, hat er wieder keine Lust?" flüstert der Saxophonbläser dem zweiten Geiger zu.
"Ist schon die ganzen Tage über so seltsam verändert gewesen", gibt der zurück.
"Ja, aber wo bleibt der Salto? Der bringt uns die ganze Nummer durcheinander. Wann bin ich dran?"
Die Zuschauer sind ganz Ohr. Der Dicke beugt sich vor, damit ihm kein Wort entgeht. Dann knallt die Pointe. Eine Sekunde braucht das Volk zum Begreifen. Dann fetzt das Lachen, das Wiehern, Schnaufen und Glucksen durch die Runde. Der Clown wankt, taumelt, torkelt. Das sieht zum Kullern aus, bei seinen überlangen Schuhen und Hosen. Sie lachen, lachen, lachen ...
Der Clown hebt abwehrend die Hand. Um ihn dreht sich das ganze Zelt. Jetzt hilft keine Ausflucht mehr. Jetzt kommt der Salto. Der Salto. Der Sal ... Der komische Mann in der Manege setzt an, springt auf dem federnden Sprungbrett ab, springt, fliegt, überschlägt sich, fällt ... und bleibt liegen.
"Jetzt markiert er!" ruft das lachende Mädchen seiner Mutter zu. Applaus klingt auf, steigert sich, noch lauter ... Vielleicht steht er dann wieder auf.
"Es stimmt was nicht!" raunt der Saxophonist zum Geiger.
Der Clown bleibt liegen.
Die Beine sind lang ausgestreckt, die Hose ist darüber gerutscht. Der Hut ist ganz vorschriftsmäßig durch die Arena gekugelt. Nur die brandrote Perücke ist unvorschriftsmäßig abgefallen. Die Leute halten das für einen gewollten Trick. Man sieht das schneeweiße Haar hervorquellen. "Das ist ja ein alter Mann, Mutti", piepst das kleine Mädchen. Ja, da liegt ein alter, verlassener Mann, der jeden Abend Tausende zum Lachen gebracht hat und selbst im Leben nichts zu lachen hatte. Er ist tot!
Der Zirkusdirektor stürzt in die Manege, verbeugt sich steif. Niemand lacht mehr. Es ist totenstill unter dem Kuppelzelt geworden. In diese Stille hinein fragt der Schwarzbefrackte: "Ist zufällig ein Arzt unter den Herrschaften?"
;)
-
Es ist nur der Clown
:'(
wunderbar!! eine Geschichte mit Tiefgang!
-
Ja, stimmt. Gefällt mir wirklich sehr gut! Les' ich jetzt auch zum ersten mal. Echt nett!
Woher wusstest du, dass sie mir gefallen würde???
Man kann nicht den kleinen Prinzen mögen und diese Geschichte blöd finden :zwinker:
-
Paul Young
Both Sides Now
Bows and flows of angel hair,
And ice-cream castles in the air.
And feather canyons everywhere,
I've looked at clouds that way.
But now they only block the sun,
They rain and snow on everyone.
So many things I would have done,
But clouds got in my way.
I've looked at clouds from both sides now,
From up and down. And still somehow
It's clouds illusions I recall;
I really don't know clouds at all.
Moons and Junes and ferries wheels,
The dizzy dancing way you feel.
When every fairy tale comes real;
I've looked at love that way.
But now it's just another show,
You leave them laughing when you go.
And if you care, don't let them know,
Don't give yourself away.
I've looked at love from both sides now,
From give and take. And still somehow
It's loves illusions I recall;
I really don't know love at all.
Tears and fears and feeling proud,
To say 'I love you' right out loud.
Dreams and schemes and circus crowds,
I've looked at life that way.
But now old friends are acting strange.
They shake their heads, they say I've changed.
But something's lost but something's gained,
In living everyday.
I've looked at life from both sides now,
From win and loose. And still somehow
It's life illusions I recall;
I really don't know life at all
(Sorry, ich kann es leider nicht so übersetzen, daß es nicht holprig klingt :nixweiss: )
-
Das Mädchen mit den Schwefelhölzer
Es war später Abend, die Dunkelheit hatte sich längst über die Stadt gelegt. Es schneite und war grimmig kalt. Der letzte Tag im Jahr neigte sich seinem Ende zu. In dieser Finsternis und Kälte ging ein kleines Mädchen durch die Straßen der Stadt. Es war ein armes Mädchen, ohne Kopftuch und mit nackten Füßen lief es durch die dunklen Gassen. Am frühen Morgen, als sie von zu Hause wegging, hatte sie noch Pantoffeln angehabt, Pantoffeln die früher ihre Mutter getragen hatte und die dem kleinen Mädchen viel zu groß waren. Jetzt stand sie barfuss am Straßenrand, denn das kleine Mädchen hatte die Pantoffeln verloren. Hatte sie verloren als sie zu schnell über die Straße gehastet war, um nicht von einer herannahenden Kutsche überfahren zu werden. Für einen kleinen Moment hatte sie traurig innegehalten. Jetzt ging sie auf ihren kleinen nackten und von der eisigen Kälte bereits rot und blau gefärbten Füßchen einsam und frierend weiter. In einer alten, abgewetzten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer, während sie einen Bund zitternd in der Hand hielt. Den ganzen Tag hatte ihr noch niemand etwas abgekauft. Nicht einmal Almosen hatte man ihr geschenkt.
Den Tränen nahe schlich sie mutlos, hungrig und zitternd vor Kälte die Straße entlang. Schneeflocken fielen auf ihr langes, schönes blondes Haar, das ihr in sanften Wellen bis zu den Schultern hinab fiel. Aber daran verschwendete sie im Moment keine Gedanken. Denn ihre Blicke wanderten hinauf zu den hell erleuchteten Fenstern, hinter deren Scheiben überall Wärme ausstrahlende Lichter glänzten. Herrlicher Duft von Gänsebraten drang an ihre Nase und zog durch die engen Straße der verschneiten Stadt. Sie dachte daran, das es Silvesterabend ist. Sie dachte an ihren vor Hunger knurrenden Magen und wie die Menschen dort oben, hinter den vereisten Fenstern wohl feiern mochten? Langsam ging sie weiter, ohne dabei ihre traurigen Augen von den hell erleuchteten Fenster abzuwenden. In einem von zwei Häuser gebildeten Winkel, von denen ein Haus zur Straßenfront hinausragte, hielt sie inne. Hier war sie etwas vor dem eisigen Wind geschützt. Aber die Kälte nahm weiter zu. Müde kauerte sie sich nieder. Zu gerne wäre sie jetzt nach Hause gegangen. Sie fror sehr. So sehr, das ihr die Füße und Hände schmerzten. Aber trotz der zunehmenden Kälte getraute sie sich nicht den Heimweg anzutreten. Zu groß war ihre Angst vor den Schlägen des Vaters, weil sie noch nicht für einen einzigen Pfennig Zündhölzer verkauft hatte. Auch wusste sie nicht, was sie dort eigentlich sollte? Denn auch daheim war es eisig kalt. Sie wohnten direkt unter dem Dach. Auch da pfiff der eisige Wind durch alle Ritzen und Löcher des alten Gemäuer. Die Kälte nahm weiter zu und das kleine Mädchen fror immer entsetzlicher! Ob sie es wohl wagen durfte, wenigstens ein einziges Streichholz anzuzünden, um sich ihre erstarrten Händchen daran zu wärmen? Zitternd und umständlich zog sie ein Schwefelhölzchen raus und zündete es unbeholfen mit ihren klammen Fingern an! Hell entfachte sich fauchend der kleine Schwefelkopf, während die Zündflamme dabei kleine Funken versprühte. Ihre Kinderaugen glänzten und starrten glücklich auf die kleine Streichholzflamme. Oh wie schön diese doch war! Das kleine Mädchen glaubte plötzlich, an einem wärmenden Ofen zu sitzen, und streckte ihre halb erfrorenen Füßchen aus, um auch diese zu wärmen. Aber im gleichen Moment erlosch das Streichholz. Der Ofen war verschwunden, und sie saß mit dem abgebrannten Ende des Schwefelhölzchen wieder im dunkeln. Eilig entfachte sie ein weiteres Zündholz. Während sich das kleine Mädchen dabei einen Moment in der einsamen Straße umsah, bemerkte es, das der Feuerschein des Zündhölzchens bis zu einer nahe gelegenen Mauer leuchtete. Angestrengt starrte sie durch das dichte Schneetreiben genau auf jene Stelle der Mauer, worauf der Lichtschein ihrer kleinen Streichholzflamme fiel. Denn genau an dieser Stelle wurde die Mauer plötzlich durchsichtig. Wurde durchsichtig wie ein sanfter Schleier. Das kleine Mädchen konnte jetzt durch den Schleier hindurch in eine warme Stube sehen. In der Mitte des Raumes stand ein festlich gedeckter Tisch auf dem sich ein herrlich duftender Gänsebraten befand. Gefüllt mit Äpfel und getrockneten Pflaumen. Ihr kleines Kindergesicht begann zu leuchten. Aber was war das? Die gebratene Gans sprang plötzlich aus der Schüssel und watschelte geradewegs auf das kleine Mädchen zu! Da ging ihr auch dieses Streichholz aus und sie blickte nur noch auf die kahle, kalte Mauer. Sie zündete ein weiteres Schwefelhölzchen an. Kaum leuchtete es auf, saß sie plötzlich unter einem großen, herrlich geschmückten Weihnachtsbaum. Auf seinen grünen Zweigen brannten Tausende von Lichter. An den Zweigen hingen Kugeln und bunte Weihnachtsbilder. Es waren die gleichen Bilder wie das kleine Mädchen sie in den festlich geschmückten Schaufenstern bewundert hatte. Jetzt sahen diese Bilder auf sie runter und es roch nach Bratäpfel. Gerade als die Kleine freudig beide Händchen danach ausstreckte, erlosch auch dieses Schwefelholz. Die herrlichen Weihnachtslichter aber stiegen jetzt höher und immer höher und das kleine Mädchen sah sie jetzt als funkelnde Sterne am Himmelszelt. Währen das Mädchen mit leuchtenden Augen das Wunder bestaunte, fiel plötzlich einer der Sterne herab und zog einen langen Feuerschweif hinter sich her. "Jetzt stirbt ein Mensch!" Sagte sich das kleine Mädchen. Denn ihre alte, längst verstorbene Großmutter hatte ihr einst erzählt, das immer dann, wenn ein Stern vom Himmel fällt, eine Seele zu Gott emporsteigt! Neugierig entzündete sie wieder ein Schwefelhölzchen und sah im sanften Lichterglanz plötzlich ihre gute, alte Großmutter. Voller Liebe und verständnisvoller Wärme sah die Großmutter auf das kleine Mädchen mild herab. Da rief das Mädchen plötzlich Herz zerreißend: "Liebe, liebe Großmutter, bitte nehme mich mit! Ich weiß genau, dass du wieder verschwindest, wenn das Schwefelhölzchen erlischt. Genauso verschwinden wird wie der warme Ofen, der herrliche Gänsebraten und der herrlich geschmückte Weihnachtsbaum!" Jetzt strich das kleine Mädchen eilig ein Schwefelhölzchen nach dem anderen an, um die Großmutter möglichst lange festzuhalten. Sie hatte die Großmutter früher nie so schön gesehen. Sie sah wundervoll aus und das Mädchen hatte die Großmutter auch nicht so groß in Erinnerung, wie diese jetzt auf sie zukam. Liebevoll nahm die Großmutter das kleine blonde Mädchen auf ihren Arm und beide flogen voller Freude im Glanz der Sterne nach oben. Stiegen hinauf zum nächtlich funkelnden Himmelszelt. Flogen zu jenen Ort, an dem es weder Kälte, noch Hunger gab. Stiegen auf zu ihrem Schöpfer. Flogen zu jenem Ort wo es keine Angst mehr gibt! Denn jetzt waren Sie bei Gott!
Als aber am Neujahrsmorgen die ersten Menschen auf die Straße gingen, fanden die Leute genau im Winkel zwischen den beiden Häusern ein kleines Mädchen mit roten Wangen und einem sanften Lächeln im Gesicht. Es war tot. Erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Rund um das kleine, tote Mädchen, lagen abgebrannte Schwefelhölzer. "Sicherlich hat sie noch versucht, sich zu wärmen", sagten mitleidig die Leute. Was die Menschen aber nicht wussten, waren die wunderschönen Dinge die das kleine Mädchen gesehen hatte. Ahnten nichts von ihrem letzten Erlebnis und wie das kleine Mädchen zusammen mit ihrer alten Großmutter zu Neujahr aufgestiegen war. Gemeinsam mit ihrer Großmutter im Sternenglanz aufgestiegen war, zu Gott, ihren Schöpfer!
(Frei übersetzt nach einem Volksmärchen von Hans Christian Andersen)
;)
-
http://www.ulistein.de/advent.html
vieileicht schaut ihr rein :D
-
Es war schon spät geworden im Himmel, und der liebe Gott ging wie jeden Abend auf dem Rundgang durch sein Reich zu seinem Lieblingsbaum, um sich dort niederzusetzen und zu sehen, „...daß es gut war“, wie er es schon immer getan hatte.
Plötzlich fiel sein Blick auf einen kleinen Jungen, der etwas abseits stand und irgendwie ratlos schien, und ‚Er‘ wußte, daß es nicht gut war...
‚Er‘ sah natürlich sofort, wo das Problem lag: an der Ausgabestelle für Eltern, dort wo jedem neuen Kind seine Familie zugeteilt wurde, hatte man ihm das in die Hand gedrückt, was üblicherweise zum Feierabend zusammengekehrt und auf den Haufen mit dem übrigen Ausschuß, der dringend reparaturbedürftig war, gelegt wurde.
Da hatte wohl einer der Aushilfsengel dort Mist gebaut (gutes Personal ist selbst für ‚Ihn‘ schwer zu bekommen) und nun stand dieser Junge da und wußte nicht so recht, wie es weitergehen sollte.
Die Ausgabestelle war schon geschlossen, und da sich selbst ‚Er‘ nicht mit der Gewerkschaft anlegen wollte, beschloß er auszubügeln, was auszubügeln war.
Da es normalerweise Sache der Eltern ist, einem Kind zu zeigen, was Gut und Böse, Richtig und Falsch ist, war klar, wo das Problem lag. Diesem Kind würde es niemand zeigen.
Also griff der Liebe Gott in das Geäst über sich und pflückte aus dem Baum der Erkenntnis einen besonders großen Extra-Apfel, damit dieser kleine Junge wenigstens halbwegs abgesichert war.
Das Kind ging davon, wußte immer noch nicht so recht, wie es nun weitergehen sollte, und ‚Er‘ lehnte sich zurück an den Stamm des Baumes, um zu sehen, daß es... immer noch nicht „gut“ war, aber was sollte man machen....
-
Elztern und Kinder - unendliche Verantwortung................... Du hast Kinder bist geprägt von der Vergangenheit. lebst in der Gegenwart und musst die Zukunft einbeziehen.................. ver-rückt ???
-
Das Paket des lieben Gottes
Bertolt Brecht (1898-1956)
Nehmt eure Stühle und eure Teegläser mit hier hinter an den Ofen und vergeßt den Rum nicht. Es ist gut, es warm zu haben, wenn man von der Kälte erzählt.
Manche Leute, vor allem eine gewisse Sorte Männer, die etwas gegen Sentimentalität hat, haben eine starke Aversion gegen Weihnachten. Aber zumindest ein Weihnachten in meinem Leben ist bei mir wirklich in bester Erinnerung. Das war der Weihnachtsabend 1908 in Chicago. Ich war Anfang November nach Chicago gekommen, und man sagte mir sofort, als ich mich nach der allgemeinen Lage erkundigte, es würde der härteste Winter werden, den diese ohnehin genügend unangenehme Stadt zustande bringen könnte. Als ich fragte, wie es mit den Chancen für einen Kesselschmied stünde, sagte man mir, Kesselschmiede hätten keine Chancen, und als ich eine halbwegs mögliche Schlafstelle suchte, war alles zu teuer für mich. Und das erfuhren in diesem Winter 1908 viele in Chicago, aus allen Berufen.
Und der Wind wehte scheußlich vom Michigansee herüber durch den ganzen Dezember, und gegen Ende des Monats schlossen auch noch eine Reihe großer Fleischpackereien ihren Betrieb und warfen eine ganze Flut von Arbeitslosen auf die kalten Straßen.
Wir trabten die ganzen Tage durch sämtliche Stadtviertel und suchten verzweifelt nach etwas Arbeit und waren froh, wenn wir am Abend in einem winzigen, mit erschöpften Leuten angefüllten Lokal im Schlachthofviertel unterkommen konnten. Dort hatten wir es wenigstens warm und konnten ruhig sitzen. Und wir saßen, solange es irgend ging mit einem Glas Whisky, und wir sparten alles den Tag über auf für dieses eine Glas Whisky, in das noch Wärme, Lärm und Kameraden mit einbegriffen waren, all das, was es an Hoffnung für uns noch gab.
Dort saßen wir auch am Weihnachtsabend dieses Jahres, und das Lokal war noch überfüllter als gewöhnlich und der Whisky noch wäßriger und das Publikum noch verzweifelter. Es ist einleuchtend, daß weder das Publikum noch der Wirt in Feststimmung geraten, wenn das ganze Problem der Gäste darin besteht, mit einem Glas eine ganze Nacht auszureichen, und das ganze Problem des Wirtes, diejenigen hinauszubringen, die leere Gläser vor sich stehen hatten.
Aber gegen zehn Uhr kamen zwei, drei Burschen herein, die, der Teufel mochte wissen woher, ein paar Dollars in der Tasche hatten, und die luden, weil es doch eben Weihnachten war und Sentimentalität in der Luft lag, das ganze Publikum ein, ein paar Extragläser zu leeren. Fünf Minuten darauf war das ganze Lokal nicht wiederzuerkennen. Alle holten sich frischen Whisky (und paßten nun ungeheuer genau darauf auf, daß ganz korrekt eingeschenkt wurde), die Tische wurden zusammengerückt, und ein verfroren aussehendes Mädchen wurde gebeten, einen Cakewalk zu tanzen, wobei sämtliche Festteilnehmer mit den Händen den Takt klatschten. Aber was soll ich sagen, der Teufel mochte seine schwarze Hand im Spiel haben, es kam keine rechte Stimmung auf.
Ja, geradezu von Anfang an nahm die Veranstaltung einen direkt bösartigen Charakter an. Ich denke, es war der Zwang, sich beschenken lassen zu müssen, der alle so aufreizte. Die Spender dieser Weihnachtsstimmung wurden nicht mit freundlichen Augen betrachtet. Schon nach den ersten Gläsern des gestifteten Whiskys wurde der Plan gefaßt, eine regelrechte Weihnachtsbescherung, sozusagen ein Unternehmen größeren Stils, vorzunehmen.
Da ein Überfluß an Geschenkartikeln nicht vorhanden war, wollte man sich weniger an direkt wertvolle und mehr an solche Geschenke halten, die für die zu Beschenkenden passend waren und vielleicht sogar einen tieferen Sinn hatten.
So schenkten wir dem Wirt einen Kübel mit schmutzigem Schneewasser von draußen, wo es davon gerade genug gab, damit er mit seinem alten Whisky noch ins neue Jahr hinein ausreichte. Dem Kellner schenkten wir eine alte, erbrochene Konservenbüchse, damit er wenigstens ein anständiges Servicestück hätte, und einem zum Lokal gehörigen Mädchen ein schartiges Taschenmesser, damit sie wenigstens die Schicht Puder vom vergangenen Jahr abkratzen könnte.
Alle diese Geschenke wurden von den Anwesenden, vielleicht nur die Beschenkten ausgenommen, mit herausforderndem Beifall bedacht. Und dann kam der Hauptspaß.
Es war nämlich unter uns ein Mann, der mußte einen schwachen Punkt haben. Er saß jeden Abend da, und Leute, die sich auf dergleichen verstanden, glaubten mit Sicherheit behaupten zu können, daß er, so gleichgültig er sich auch geben mochte, eine gewisse, unüberwindliche Scheu vor allem, was mit der Polizei zusammenhing haben mußte. Aber jeder Mensch konnte sehen, daß er in keiner guten Haut steckte.
Für diesen Mann dachten wir uns etwas ganz Besonderes aus. Aus einem alten Adreßbuch rissen wir mit Erlaubnis des Wirtes drei Seiten aus, auf denen lauter Polizeiwachen standen, schlugen sie sorgfältig in eine Zeitung und überreichten das Paket unserm Mann.
Es trat eine große Stille ein, als wir es überreichten. Der Mann nahm das Paket zögernd in die Hand und sah uns mit einem etwas kalkigen Lächeln von unten herauf an. Ich merkte, wie er mit den Fingern das Paket anfühlte, um schon vor dem öffnen festzustellen, was darin sein könnte. Aber dann machte er es rasch auf.
Und nun geschah etwas sehr Merkwürdiges. Der Mann nestelte eben an der Schnur, mit der das "Geschenk" verschnürt war, als sein Blick, scheinbar abwesend, auf das Zeitungsblatt fiel, in das die interessanten Adreßbuchblätter geschlagen waren. Aber da war sein Blick schon nicht mehr abwesend. Sein ganzer dünner Körper (er war sehr lang) krümmte sich sozusagen um das Zeitungsblatt zusammen, er bückte sein Gesicht tief darauf herunter und las. Niemals, weder vor- noch nachher, habe ich je einen Menschen so lesen sehen. Er verschlang das, was er las, einfach. Und dann schaute er auf. Und wieder habe ich niemals, weder vor- noch nachher, einen so strahlend schauen sehen wie diesen Mann.
"Da lese ich eben in der Zeitung", sagte er mit einer verrosteten, mühsam ruhigen Stimme, die in lächerlichem Gegensatz zu seinem strahlenden Gesicht stand, "daß die ganze Sache einfach schon lang aufgeklärt ist. Jedermann in Ohio weiß, daß ich mit der ganzen Sache nicht das geringste zu tun hatte." Und dann lachte er.
Und wir alle, die erstaunt dabeistanden und etwas ganz anderes erwartet hatten und fast nur begriffen, daß der Mann unter irgendeiner Beschuldigung gestanden und inzwischen, wie er eben aus diesem Zeitungsblatt erfahren hatte, rehabilitiert worden war, fingen plötzlich an, aus vollem Halse und fast aus dem Herzen mitzulachen, und dadurch kam ein großer Schwung in unsere Veranstaltung, die gewisse Bitterkeit war überhaupt vergessen, und es wurde ein ausgezeichnetes Weihnachten, das bis zum Morgen dauerte und alle befriedigte.
Und bei dieser allgemeinen Befriedigung spielte es natürlich gar keine Rolle mehr, daß dieses Zeitungsblatt nicht wir ausgesucht hatten, sondern Gott.
;)
-
(http://www.cosgan.net/images/smilie/xmas/d058.gif)
Weihnachten in einem Waisenhaus
von Christina Oberfeld
Schon als kleiner Junge hatte ich meine Eltern verloren und kam in ein Waisenhaus in der nähe von London. Es war mehr als ein Gefängnis. Wir mussten 14 Stunden täglich arbeiten- im Garten, in der Küche, im Stall, auf dem Felde. Kein Tag brachte eine Abwechslung, und im ganzen Jahr gab es für uns nur einen einzigen Ruhetag. Das war der Weihnachtstag. Dann bekam jeder Junge eine Apfelsine zum Christfest. Das war alles, keine Süßigkeiten, kein Spielzeug. Aber auch diese eine Apfelsine bekam nur derjenige , der sich im Laufe des Jahres nichts hatte zu schulden kommen lassen und immer folgsam war. Die Apfelsine an Weihnachten verkörperte die Sehnsucht eines ganzen Jahres.
So war wieder einmal das Christfest herangekommen. Aber es bedeutete für mein Knabenherz fast das Ende der Welt. Während die anderen Jungen am Waisenvater vorbeischritten und jeder seine Apfelsine in Empfang nahm, musste ich in einer Zimmerecke stehen und zusehen. Das war meine Strafe dafür, dass ich eines Tages im Sommer hatte aus dem Waisenhaus weglaufen wollen. Als die Geschenkverteilung vorüber war, durften die anderen Knaben im Hofe spielen. Ich aber musste in den Schlafraum gehen und dort den ganzen Tag über im Bett liegen bleiben. Ich war tieftraurig und beschämt. Ich weinte und wollte nicht länger leben.
Nach einer weile hörte ich Schritte und im Zimmer. Eine Hand zog die Bettdecke weg, unter der ich mich verkochen hatte. Ich blickte auf. Ein kleiner Junge namens William stand vor meinem Bett, hatte eine Apfelsine in der rechten Hand und hielt sie mir entgegen. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Wo sollte eine überzählige Apfelsine hergekommen sein? Ich sah abwechselnd auf William und auf die Frucht und fühlte dumpf in mir, dass es mit der Apfelsine eine besondere Bewandtnis haben müsse. Auf einmal kam mir zu Bewusstsein, dass die Apfelsine bereits geschält war, und als ich näher hinblickte, wurde mir alles klar, und Tränen kamen in meine Augen, und als ich die Hand ausstreckte, um die Frucht entgegenzunehmen, da wusste ich, dass ich fest zupacken musste, damit sie nicht auseinander fiel.
Was war geschehen? Zehn Knaben hatten sich im Hof zusammengetan und beschlossen, dass auch ich zu Weihnachten meine Apfelsine haben müsse. So hatte jeder die seine geschält und eine Scheibe abgetrennt, und die zehn abgetrennten Scheiben hatten sie sorgfältig zu einer neuen, schönen runden Apfelsine zusammengesetzt. Diese Apfelsine war das schönste Weihnachtsgeschenk in meinen Leben.
Sie lehrte mich, wie trostvoll echte Kameradschaft sein kann.
;)
-
Der Weihnachtsmann bekommt einen Brief von Beutel, Christel
Es ist die Nacht vor dem Heiligen Abend. Der Weihnachtsmann steht auf einer
besonders dicken Wolke am Himmel und packt gerade seinen großen Schlitten
voll Geschenke für all die braven Kinder in der Welt. Auch für euch, liebe
Kinder.
Noch einmal geht er seine Liste durch, ob er auch niemanden vergessen hat:
"Anna, Mitja, Ayshe, Carmen, Monique, Fabio, Ron, Mikel, Sven..."
Ein Engelchen fliegt zu ihm und schwenkt einen Brief von der Erde:
"Weihnachtsmann, hier hast du ein Kind im alten Jugoslawien vergessen!"
Der Weihnachtsmann setzt seine goldene Brille auf die Nase und brummt ab und
zu: "Hm, hm" und "Tja..." und dann scheint er etwas ratlos. Er hat ja schon
viele Wunschzettel gesehen. Da wollen Kinder eine Puppe - fünfzig
verschiedene hat er schon verpackt, Parkhäuser und Autos werden gewünscht,
Eisenbahnen und Fahrräder, Schlittschuhe, Bücher, ja sogar Computerwünsche
sind dabei. Aber das hier sind ganz andere Wünsche.
Der neugierige Engel zupt den alten Mann am Bart und sagt: "Nun lies doch
endlich vor, ich möchte wissen, was das kleine Mädchen geschrieben hat."
Und der Weihnachtsmann liest laut:
"Lieber Weihnachtsmann! Ich heiße Vesna und wohne in einem Ort bei Sarajewo.
Ich bin acht Jahre alt und kann noch nicht so richtig schreiben. mein Papa
ist nicht mehr aus dem Krieg heimgekommen, meine Mama hat immerzu geweint.
Sie hat einen schlimmen Husten, weil es so kalt bei uns ist, den der Wind
pfeift durch die Schusslöcher in den Wänden. Unsere Nachbarn geben uns von
ihrem Essen ab, aber sie haben doch selbst so wenig.
Und bald ist Weihnachten. Ich weiß, dass du meinen Wunsch nicht erfüllen
kannst, dass Papa wieder lebendig wird, aber vielleicht machst un Mama
gesund. Und dann habe ich noch einen riesengroßen Wunsch. Und den kannst du
erfüllen, weil du ja vom Himmel bist:
Ich will schnell groß werden und mir ein Haus backen aus Zimtsternen,
Marzipan, Bonbons und Schokoladenstreusel. - So groß, dass alle Mütter mit
ihren Kindern darin wohnen können und immer zu essen haben. Und ich hätte
gern die Kraft, die Soldaten zu verzaubern in Könige, wie die Weisen aus dem
Morgenland und kein Krieg soll sie finden können. Der Krieg findet dann ohne
sie statt, aber es ist ein friedlicher Krieg, weil jeder Freude ins Herz
kriegt. Da gibt es keine Soldaten, die schießen. Die Gewehre müssen sich
biegen, wenn sie in der Bratröhre neben den Weihnachtsäpfeln heiß werden.
Rund geformt, tauchen die Kinder sie in Lauge und pusten bunte
Seifenblasenkugeln in die Welt. Ja, dann erst sind alle glücklich und
lachen. Lachen so laut, dass es bis zu euch an den Himmel tönt. Die Bomben
werden dann im Schnee erfrieren, aber die Sonne verzaubert sie in Blumen:
Schneeglöckchen und Himmelsschlüssel. Ja, wenn ich groß bin, bringe ich
Glück aufs Papier, dass es alle lesen üssen, um nie wieder zu weinen.
Höchstens Tränen aus Freude. Die werde ich sammeln und sie an die Fenster
der Kranken regnen lassen, damit sie wieder gesund werden.
Kannst du mir helfen, meinen Wunsch zu erfüllen?
Deine Vesna."
Der Weihnachtsmann ist still geworden. Vor gut 50 Jahren hatte er schon mal
so einen ähnlichen Brief aus Deutschland bekommen. Er schaut nachdenklich
auf den Berg Spielsachen, den er mit seinem Schlitten auf die Erde bringen
will. Wie gern würde er den Frieden mit in seine Pakete packen, aber Liebe
und Versöhnung tragen die Menschen nur in sich selbst. Sie müssen einfach in
ihren Herzen danach suchen, sie in schöne Worte verpacken und einem anderen
schenken. Ein Weihnachtsmann kann das weder in der himmlischen Werkstatt
noch auf der Erde kaufen.
Für Vesnas Mama packt er einen Hustensaft ein. Aber wie soll er dem Kind
helfen? Da fällt ihm das Sandmännchen ein, dem er einen besonderen Auftrag
gibt.
Das holt sofort sein Säckchen und streut dem Mädchen jetzt extra viel
Traumsand in die Augen und schenkt ihm all diese friedlichen, wunderschönen
Wunschträume, damit es, wenn es groß ist, sich daran erinnert und sie
aufschreibt. Wenn sie von jedem gelesen werden und ihr Kinder diese
Geschichte nicht vergesst - wer weiß - vielleicht kriegt man Freude ins Herz
und besinnt sich, damit dann wirklich mal Friede auf der ganzen Welt sein
wird. Nicht nur zu Weihnachten, sondern immer!
Und jetzt liebe Kinder, freut euch auf Weihnachten und eure Geschenke - und
träumt was Schönes.
Dieses Märchen wurde 1996 in der Sächsischen Zeitung veröffentlicht.
(http://pages.prodigy.net/rogerlori1/emoticons/snowglo1.gif)
;)
-
Es war die Nacht mit Weih davor
Die Ente schlief im Ofenrohr
Fast alles ist genau wie immer
Selbst Opa furzt im Herrenzimmer
Nur: so still war es hier noch nie
Was ist gescheh'n, was frag' ich Sie?
Das ganze Haus steckt voller Leute
Doch niemand ist zu hören heute
Liegt's vielleicht an der Weihenacht?
Nein... Mama hat sie umgebracht!
Im Festtagstrubel heute Morgen
Ist sie mal kurz verrückt geworden
So hat sie dann ganz ungeniert
Die ganze Sippe ausradiert
Ne Tasse Rattengift in' Stollen
Den gab's zum Fruehstueck für den Ollen
Noch zweimal kurz nach Luft geschnappt
Dann gab er schon den Löffel ab
Der Oma dann 'ne Stunde später
Nen kleinen Sprengsatz ans Katheter
Noch nicht mal fertig ausgeschissen
Hat sie's beim letzten Druck zerrissen
Dann Tante Ruth, die dicke Kuh,
Kam in den Kühlschrank, Klappe zu
Die Nachbarn wollten nur was fragen
Die wurden gleich noch mit erschlagen
Danach mit Säge, Axt und Feile
Den Onkel Heinz in kleine Teile
Zum Schluss die Kinder, 's war schon spät
Nach Bosnien als Care-Paket
Nur Opa sitzt noch am Kamin
Und laesst besinnlich einen zieh'n
Doch plötzlich fragt er sich ganz leise:
Es ist so still, was soll die Scheisse?
Er macht sich auf und geht zur Mama
Die sitzt grad' in der Speisekammer
Hackt aus dem Dackel Rehragout
Der Opa sagt verdutzt: Nanu?
Du hast ja alle tot gemacht.
Was hast du dir dabei gedacht?
Ach weisst du, spricht sie reuevoll
Ich hatte halt die Schnauze voll
Vom vielen Krach, vom Weihnachtssegen,
Vom Kochen, backen, waschen, legen,
Vom Gänsebraten aus der Truhe
Ich wollte einfach meine Ruhe
Der Opa bleibt gewurzelt stehen
Und sagt: Ich kann dich gut verstehen
Denn, mal privat, unter uns beiden:
Ich konnt' die andern auch nie leiden
Mein Kind, das hast du gut gemacht
Ich wuensch Dir frohe Weihenacht!
(C) O. Kalkofe
-
(http://www.mainzelahr.de/smile/geschockt/aaa.gif) huchh....
-
Einhandsegler
Lied von R. Mey
Du hast die Leinen losgeworfen mit einem Wort
Alle Ketten, aller Ballast gehen über Bord
Hast einen Strich gezogen, deinen Kurs bestimmt
Ins Logbuch eingetragen und das Ruder getrimmt
Du bist aus dem Hafen auf das offene Meer freigekommen
Der Wind fällt in die Segel, und du hast Fahrt aufgenommen
Dein Bug spaltet die Wellen, und pfeilschnell zischt
Dein Boot über die Kämme, und es fliegt die Gischt
Dein Kielwasser säumt schäumend deine Bahn
Einhandsegler auf dem Ozean
Verlassen von allen guten Geistern
Das Spiel mit den Fluten meistern
Allein in einem zerbrechlichen Kahn
Einhandsegler auf dem Ozean
Die Strömung ist gefährlich, die Untiefe nicht weit
Du musst kreuzen gegen Dummheit und den Geist der Zeit
Die See wird rauh und kabblig, wenn du es wagst
Zu widersprechen, wenn du aufstehst und die Wahrheit sagst
Da ist keine stille Bucht, da ist kein schützendes Ufer
Niemand in der Wasserwüste hört den mahnenden Rufer
Dass du recht hast, werden sie dir nie verzeih'n
Und dann stürzen alle Wetter zugleich auf dich ein
Zähl' nicht auf Schönwetterfreunde im Orkan
Einhandsegler auf dem Ozean
Verlassen von allen guten Geistern
Das Spiel mit den Fluten meistern
Allein in einem zerbrechlichen Kahn
Einhandsegler auf dem Ozean
Du siehst Wellen und Wolken, und du siehst kein Land
Da draussen liegt dein Los allein in deiner Hand
Du hast den Funk abgeschaltet, du brauchst sie nicht mehr
Die echten Heuchler, die falschen Klugen, die blinden Seher
Du musst nicht mit ihnenum ihre gold'nen Kälber tanzen
Egal, wie sie sich über dich das Maul zerfransen
Niemand steht über dir - aber auch niemand steht dir bei
Das ist ein hoher Preis, doch dafür bist du frei!
Du bist niemands Herr und niemands Untertan
Einhandsegler auf dem Ozean
Verlassen von allen guten Geistern
Das Spiel mit den Fluten meistern
Allein in einem zerbrechlichen Kahn
Einhandsegler auf dem Ozean
;)
-
(Reinhard Mey)
Der Wecker fiept, halb sieben,
Unheil nimm deinen Lauf
Der Große muß zur ersten Stunde
Los steh' auf
Und mach leise, daß nicht gleich
Der Mittlere aufwacht
Der kann noch schlafen
Rums, die erste Türe kracht
Die Diele knarrt, die Spülung rauscht
Und überdies
Ist die Kleine aufgewacht
Und schreit wie am Spieß
Ich setz sie auf den Topf
Sie ist ganz rot vor Wut
Ich schmier dem Großen schnell ein Pausenbrot, mach's gut
Vergiß den Turnbeutel nicht
Der Mittlere kommt ran
Lauf hier nicht barfuß rum
Los, zieh dir Puschen an
Ich seh grad zu wie mein Toast in Flammen aufgeht
Da hat die Kleine ihren Topf samt Inhalt umgedreht
Und stürzt sich auf mich mit einem Freudenschrei
Aller guten Dinge sind drei.
Ich hab den Mittleren zu Schule gebracht
Und verwische die Spuren der Haselnußcremeschlacht
Dies ist die Zeit
Wo ich an meinen Schreibtisch kann
Die Kleine malt mein Bein
Mit einem Filzstift an
Und erledigt während eines kurzen Telefonats
Durch Zerreissen die gesamte Post des Vormonats
Der Große kommt nach Haus
Und macht ein langes Gesicht
Alle Kumpels ha'm Computer
Nur er wieder nicht
Die Kleine pinkelt auf den Teppich
Die bringt mich ins Grab
Vorher hol ich noch den Mittleren
Von der Schule ab
Dann gibts Mittag und nen Streit
Wer's erste Fischstäbchen kriegt
Bis die Tränen fließen
Und es auf der Erde liegt
Die Kleine nießt mich an
Und hat den Mund voll dabei
Aller guten Dinge sind drei
Ich nötige sie zum Mittagsschlaf
Jetzt hätt ich etwas Zeit
Der Große beichtet mir seine Geschichtsarbeit
Und jetzt hat er drei Chaoten zum Spielen bestellt
Nicht so laut
Doch als der erste Stuhl umfällt
Ist die Kleine wach
Der Mittlere schluchzt, ich denk
Ich soll zum Kindergeburtstag
Und hab noch kein Geschenk
Die Kleine steckt sich erstmal
Eine Erbse ins Ohr
Der Doktor ist ein Freund
Und nimmt uns rasch mal vor
Ich kauf schnell ein Geschenk
Und geb den Mittleren ab
Komm schweißgebadet raus
Ich glaub ich mache schlapp
Der Autoschlüssel ist weg
Wie kommt ich jetzt nach Haus
Nur widerwillig spuckt die Kleine
Ihn dann doch noch aus
Ein Nachbar grüßt
Na sieh hab'n wohl immer frei
Aller guten Dinge sind drei
Zu Hause setzt bereits
Der Abendwahnsinn ein
Die Kleine rollt sich gleich
Mit hohen, spitzen Schreien
In einen Vorhang ein
Zu einem dicken Ball'n
Und läßt sich samt Gardine
Auf den Boden fallen
Beim Großen dröhnt ohrenbetäubende Musik
Ey Alter, bleib ganz cool,
Ich übe Mathematik
Der Mittlere kommt vom Geburtstag
Mit dem Rekord im Negerkußwettessen
Und er übergibt sich sofort
Der Große und die Kleine krieg'n
Ne Stulle aufs Brett
Der Negerkußwettesser eine
Schüssel vors Bett
Zwei Einschlafgeschichten
bei jedem von den Dreien
Ich selber schlafe direkt
bei der Tageschau ein
Ich schlepp mich ins Bett
Die Füße schwer wie Blei
Aller guten Dinge sind drei
Meine Frau lächelt mir zu
Na, überleg es dir
Vielleicht sind aller guten Dinge
Ja auch ...
Ich breche zusammen, nein
Es bleibt dabei
Aller guten Dinge sind drei.
-
Hallo Vreni,
der kleine Baumwollfaden hat mir besonders gut gefallen. Das bringt doch etwas Wärme in diese dunkle Zeit. Ich habe den Text in meine Weihnachtsmail übernommen, die ich Freunden und Geschäftsfreunden zugeschickt habe. Ich hoffe die Geschichte gibt manchen Mut und die Zuversicht doch nicht nutzlos zu sein.
Viele Grüße
Klaus
-
Hallo Klaus
Das freut mich natürlich sehr. Vielleicht gefällt dir die nächste Geschichte auch. Auch hast Du mich auf eine Idee gebracht. diese Geschichte nächstes Jahr im Geschäft zu verschicken zusammen mit einem Teelicht. Danke.
e gueti Zit wünsch ich Dir
-
Der Eimer
Ein Wasserträger in Indien hatte zwei große Eimer; sie waren an den beiden Enden einer Stange befestigt, die der Mann quer über die Schultern trug. Einer der beiden Eimer war geborsten. Während der makellose Eimer nach dem langen Fußweg vom Fluss zum Haus seines Dienstherrn immer ein volles Quantum Wasser ablieferte, kam der geborstene Einer jedes Mal halb leer zu Hause an.
Zwei volle Jahre ging das so. Tag für Tag brachte der Wasserträger nur eineinhalb Eimer Wasser mit nach Hause. Natürlich war der heile Eimer stolz auf seine Leistungen - er erfüllte seinen Zweck perfekt. Der arme, geborstene Eimer dagegen schämte sich wegen seiner Unvollkommenheit; er war unglücklich, weil er nur die Hälfte dessen leisten konnte, wozu er gemacht war. Nach zwei Jahren seines jämmerlichen Versagens fasste er sich eines Tages ein Herz und sprach den Wasserträger am Fluss an. "Ich schäme mich fürchterlich", begann er, "und möchte mich bei dir entschuldigen." "Wofür denn?", fragte der Wasserträger." Warum schämst du dich?" "Ich kann meinen Inhalt nur zur Hälfte abliefern. Durch einen Riss in meiner Seite tropft auf dem ganzen Weg zum Haus deines Herrn Wasser aus mir heraus. Du musst so schwer arbeiten und bekommst wegen mir nicht einmal den vollen Lohn für deine Mühe", erwiderte der Eimer.
Dem Wasserträger tat der alte, geborstene Eimer Leid, und mitfühlend sagte er: "Wenn wir gleich nach Hause gehen, möchte ich, dass du dir die schönen Blumen am Weg anschaust." Während sie bergauf stiegen, bemerkte der kaputte Eimer, wie die Sonne auf schöne, wild wachsende Blumen am Wegesrand schien. Das stimmte ihn ein bisschen fröhlicher. Zu Hause angekommen, wurde er aber wieder traurig., weil er unterwegs die Hälfte seines Inhalts verloren hatte. Er entschuldigte sich noch einmal bei dem Wasserträger dafür, dass er versagt hatte. Doch der antwortete: "Hast du nicht bemerkt, dass nur auf deiner Seite des Weges Blumen wachsen, nicht aber auf der Seite deines Kollegen? Ich kenne ja deine defekte Stelle und habe sie genutzt, indem ich auf deine Seite des Weges Blumen gesät habe. Tag für Tag auf dem Heimweg vom Fluss hast du diese Blumen begossen. In den vergangenen zwei Jahren habe ich immer wieder wunderschöne Blumensträuße gepflückt und damit den Tisch meines Herrn verschönert. Wenn du nicht genau so wärst, wie du bist, hätte sein Haus niemals so wunderbar ausgesehen."
aus Indien
;)
-
diese "vorweihnachtliche" Rubrik ist toll, es gibt ja so viele "nettes Geschreibsel" zur Adventzeit. Besinnliches und lustiges - toll diese kleinen Geschichtchen. :)
@ Jörg - das Lied von Reinhard Mey kenn' ich und find' es immer wieder gut. Ich hab zwar keine Kinder, aber ich kann mir das Megachaos sooo gut vorstellen. Er hat ja noch so ein Lied über ein Kind, leider kann ich mir den Titel nicht merken . Er sinniert da, was er eigentlich getan hat, bevor das Kind da war - ist auch richtig lieb
-
Yvonne Habenicht
Ein Engel auf Erden
Paul hatte sich gleich gefragt, ob er für die Aufgabe wirklich der Richtige sei. Aber bitte, wenn sie es nicht anders haben wollten… Oberengel Vincent war schließlich der Leiter des Projekts, das sich „Engel auf Erden zur Weihnacht“ nannte, und wenn der meinte, Paul solle als Weihnachtsengel hinunterfahren, so tat er es eben. Im Allgemeinen wurden ja als Weihnachtsengel eher zarte, blondlockige Mädchen gesandt, deren bloßer Anblick schon ein Wohlgefallen war, und nicht dickbäuchige männliche Engel mit schütte-rem Haar. Obendrein war Paul schon zu Lebzeiten extrem schusselig gewesen, was ihn schließlich auch das Leben gekostet hatte, als er sich im Labor irgendein kräftiges Gift statt des Süßstoffs in den Kaffee gekippt hatte.
Beim Durchqueren der dicken Wolkendecke und dem anschließenden Flug durch heftiges Schneegestöber war Paul nicht ganz wohl zu Mute, und er hätte Vincent allzu gern verflucht, wenn sich das für Engel nicht streng verboten hätte. Als Erdwesen war er nie schwindelfrei gewesen, und er war noch nicht lange genug Engel, um diese Eigenschaft gänzlich abgelegt zu haben. Die Sicht war schlecht, selbst für einen Engel. Mit einem kräftigen Plumps landete er schließlich auf der Spitze eines Kirchturms, aus dem ihm ohrenbetäubendes Glockengeläut den Kopf dröhnen ließ.
Ehe er noch Zeit fand, sich nach einem besseren Platz umzusehen, hatte sich vor der Kirche schon eine große Schar Gläubiger versammelt und starrte zu dem rundlichen Himmelsboten hinauf. Der Priester und die Mönche des angrenzenden Klosters kamen herbeigeeilt, und alsbald erscholl ein vielstimmiges Hallelu-ja-Geschrei zu ihm herauf. Nun dachte sich Paul, da es schließlich seine Aufgabe sei, die frohe Weihnachtsbotschaft zu verkünden und die Menschen zu erfreuen, sei dies der geeignete Ort und Augenblick. Er setzte zum Fluge an und segelte – zugegebenermaßen ziemlich plump - herunter, wo er würdigen Schrittes, von der erregten Menge gefolgt, die Kirche betrat. Der Organist hieb und trat enthusiastisch in die Orgel, vergriff sich auch vor Erregung kräftig in den Tönen, was der großartigen Erscheinung eines leibhaftigen Engels in der Kirche aber keinen Abbruch tat.
Vom Priester, Abt, Ministranten mit weit aufgerissenen Augen und weichen Knien gefolgt, ging Paul auf den Altar zu, wo er Flügel und Arme ausbreitete. Die Gläubigen fielen auf die Knie, auf seinen Segen hoffend. Wie gesagt, Paul war ein noch nicht sehr erfahrener Engel. Noch nie hatte er einen Segen erteilt oder eine Predigt gesprochen. Im Erdenleben hatte zwar ab und zu die Kirche besucht, die Predigten allerdings meist verschlafen.
„Valus, primus, sancta cruzcius, selectus!“, rief er mit heiserer Stimme. Wenigstens ein wenig Latein hätte man ihnen im Himmel beibringen können. Selbst die Lateinkundigen unter den Kirchgängern waren viel zu hingerissen von dem Erlebnis, um auf die Worte zu achten. Dem Priester jedoch klappte der Mund auf, und er starrte den Himmelsboten ziemlich verdattert an. Paul aber kam in Fahrt.
„Liebe Menschen“, rief er aus, „mein himmlischer Projektleiter, der heilige Vincent, hat mich bestimmt, euch die weihnachtliche Botschaft zu überbringen.“
Spätestens beim „himmlischen Projektleiter“ fuhren bei einigen Ministranten und jugendlichen Anwesen-den verstohlen die Hände vor die Münder.
Unbeirrt fuhr Paul fort: „Seht, geradewegs in eure Kirche bin ich gekommen, um euch zu zeigen, dass wir Engel immer unter euch sind. Heute bin ich für euch ausnahmsweise sichtbar, doch meist schleichen wir unsichtbar zwischen euch herum und passen auf, dass euch nichts geschieht. Nachdem ihr mich nun ge-sehen habt, erzählt allen, dass es wirklich Engel gibt. So, nun habe ich noch viel zu tun auf der Erde, denn ich will mich noch vielen Leuten zeigen.“
Sodann patschte er dem Priester die Hand auf den Kopf und sagte: „Wie dieser hier, gehet nun in Frieden heim zu Frau und Kind, esst und trinkt, lasst es euch wohl sein mit meinem Segen.“
Des Priesters Gesicht lief dunkelrot an, angesichts der Engelsworte, er solle zu Frau und Kind heimkeh-ren. Während nun doch einige sich krampfhaft auf die Lippen bissen, deutete er die Worte so, dass der Engel ihm zeigen wollte, dass er wisse, wie der Priester gegen das Zölibat verstoßen und heimlich mit der Haushälterin ein Kind gezeugt hatte.
„Vergib, vergib, ich werde beichten und mein Amt niederlegen“, murmelte er kaum hörbar.
„Na fein“, meinte Engel Paul, schritt aus der Kirche und flog davon.
Den genauen Ablauf seines Erdenfluges hatte er in seiner üblichen Schusseligkeit längst vergessen. Aller-dings stellte sein bloßes Erscheinen ohnehin jede Planung in den Schatten. Die lang gesuchten Juwelen-diebe Hannes und Stefan ließen vor dem Juweliergeschäft ihr Einbruchswerkzeug fallen und ergriffen schreiend die Flucht, als sie des Engels ansichtig wurden. Dem Engel, dem keine Tür verschlossen war, kam daraufhin die Idee, mit einigen schönen Stücken aus dem Schaufenster Menschen eine Freude zu machen. Als ihm auf der stillen Fußgängermeile ein verträumtes Liebespärchen begegnete, gab er ihnen unversehens seinen Segen und legte dem zitternden Mädchen eine hochkarätige Kette um den Hals. Bevor sich die zwei noch von dem Wunder erholt hatten, erschien Paul am Tisch der ahnungslosen Familie Köh-ler. Als der beleibte Engel seine leuchtenden Hände hob und das Weihnachtsmahl segnete, verschluckte sich Vater Köhler an einem Gänseknochen. Die Kinder verkrochen sich angstvoll unter dem Tisch, und der alte Kater schielte böse und sträubte fauchend das Fell. Für den mühsam nach Luft ringenden Vater musste der Notarzt geholt werden.
Engel Paul jedoch gedachte nun der Kranken und erschien im städtischen Krankenhaus, wo der Chirurg vor Schreck prompt den eigenen Zeigefinger statt des vereiterten Blinddarmfortsatzes des Patienten ab-schnitt. Auch trug es später nicht zum guten Ruf des Krankenhauses bei, dass die ohnmächtige Ober-schwester im Bett eines sehr attraktiven Patienten gefunden wurde.
Eine Frau, in deren Küche er erschien, um der fleißigen Köchin als erster der Familie seinen Weihnachts-segen zu spenden, ließ prompt den heißen Topf auf den neuen Küchenboden fallen, wo er eine hässliche Brandstelle hinterließ. Der Frau sagte man zukünftig nach, sie sei eine heimliche Trinkerin, nachdem sie den Schaden mit dem Erscheinen eines Engels begründet hatte.
Der Bürgermeister fiel zähneklappernd auf die Knie und gestand all seine Sünden, angefangen von den Reisen auf Steuerkosten bis hin zu der Beteiligung an zahlreichen Bauspekulationen, als Paul an seinem Tisch die Flügel ausbreitete und „Frohe Weihnacht, üb immer Treu und Redlichkeit!“ deklarierte.
Der Armen gedenkend, führte Engel Paul schließlich ein Heer von Obdachlosen in ein Nobelrestaurant, und während die Kellner zitternd auf die Knie fielen und die Gäste teils erbebten, teils die Hände falteten, gab er den Frierenden, Hungernden und Durstenden seinen Segen, sich an allem, was Küche und Bar hergaben, gütlich zu tun. Das Chaos, welches er hinterließ, lässt sich kaum in Worte fassen.
Bevor er jedoch noch weitere gute Taten anrichten konnte, kam aus himmlischen Höhen eine starke Hand, packte ihn im Genick und zog ihn schnurstracks in die Ewigkeit zurück.
In der von Paul heimgesuchten Stadt jedoch blieb dieses Weihnachtsfest unvergessen. Die Gläubigen, die sein Erscheinen in der Kirche erlebt hatten, gerieten später in heftigen Streit. Einige glaubten fest an die Erscheinung, andere hielten das Ganze für einen bösen Streich. Der Priester, der unter dem Eindruck des Engels seine Untugend bekannt hatte, wurde exkommuniziert.
Das Pärchen aus der Fußgängerzone wurde wegen Einbruchs und Diebstahls verhaftet. Die Behauptung des Mädchens, ihr sei ein Engel erschienen, der ihr die Kette umgelegt habe, trug zwar nicht zu ihrer Ent-lastung bei, aber zu mildernden Umständen infolge mangelnder Zurechnungsfähigkeit.
Dem Familienvater musste der verschluckte Knochen operativ entfernt werden, so dass er sogar das Neu-jahrsfest noch bei Suppendiät im Krankenhaus verbrachte.
Dem Chirurgen konnte man zwar den Finger wieder annähen, doch zur Weihnachtszeit rührte er nie wie-der ein Skalpell an.
Die noble Gaststätte musste nach dem üppigen Gelage der Obdachlosen in der Heiligen Nacht gänzlich renoviert, das Mobiliar teilweise erneuert werden. Die Obdachlosen dagegen schwelgten noch lange in Erinnerungen an das großartige Festmahl jener Weihnacht, in der der Engel erschien.
Bei den Juwelendieben führte die Begegnung mit dem Engel zu einer unerwarteten Wandlung. Sie gründe-ten eine freikirchlische Gemeinschaft mit dem Namen „Brüder des Engels“ und führten von da an ein untadeliges, frommes Leben.
Vincent wurde der weihnachtlichen Projektleitung enthoben, und nachdem er Pauls Chaos auf der Erde mit „der verdammte Idiot gehört auf die letzte Wolke“ kommentiert hatte, wurde er auch wegen Fluchens für einige Zeit in die Hölle als Heizer strafversetzt.
Paul ließ man jedoch nie mehr auf die Erde. Er wurde zum Putzen der Schneewolken abkommandiert und jeweils zur Weihnachtszeit unter strengster Beobachtung gehalten.
;)
-
diese "vorweihnachtliche" Rubrik ist toll, es gibt ja so viele "nettes Geschreibsel" zur Adventzeit. Besinnliches und lustiges - toll diese kleinen Geschichtchen. :)
Ja, so hab ich mir immer eine schöne Vorweihnachtszeit vorgestellt :zwitscher:
@ Jörg - das Lied von Reinhard Mey kenn' ich und find' es immer wieder gut. Ich hab zwar keine Kinder, aber ich kann mir das Megachaos sooo gut vorstellen. Er hat ja noch so ein Lied über ein Kind, leider kann ich mir den Titel nicht merken . Er sinniert da, was er eigentlich getan hat, bevor das Kind da war - ist auch richtig lieb
Von Reinhard Mey kenne ich fast alle. :zwinker:
Keine ruhige Minute
Was habe ich in all den Jahren
Ohne dich eigentlich gemacht,
Als Tage noch tagelang waren,
Wie hab' ich sie nur 'rumgebracht?
Ohne Spielzeug zu reparieren,
Ohne den Schreck, der Nerven zehrt,
Ohne mit dir auf allen vieren
Durch's Haus zu traben als dein Pferd'?
Keine ruhige Minute
Ist seitdem mehr für mich drin.
Und das geht so, wie ich vermute,
Bis ich hundert Jahre bin!
Du machst dich heut' in meinem Leben
So breit, daß ich vergessen hab',
Was hat es eigentlich gegeben,
Damals, als es dich noch nicht gab?
Damals glaubt' ich, alles zu wissen,
Bis du mir die Gewißheit nahmst.
Nie glaubt' ich etwas zu vermissen,
Bis an den Tag, an dem du kamst!
Keine ruhige Minute...
Das Haus fing doch erst an zu leben,
Seit dein Krakeelen es durchdringt,
Seit Türen knall'n und Flure beben
Und jemand drin "Laterne" singt.
Früher hab' ich alter Banause
Möbel verrückt, verstellt, gedreht,
Ein Haus wird doch erst ein Zuhause,
Wenn eine Wiege darin steht!
Keine ruhige Minute...
Tiefen und Höh'n hab' ich ermessen
Ängste und Glück war'n reich beschert,
Das war ein leises Vorspiel dessen,
Was ich mit dir erleben werd'!
Denn du kommst und gibst allen Dingen
Eine ganz neue Dimension,
Und was uns nun die Jahre bringen,
Mess' ich an dir, kleine Person!
Keine ruhige Minute...
-
Felix holt Senf
*Eine Weihnachtsgeschichte von Erich Kästner*
Es war am Weihnachtsabend im Jahre 1927 gegen sechs Uhr, und Preissers hatten eben beschert. Der Vater balancierte auf einem Stuhl dicht vor dem Weihnachtsbaum und zerdrückte die Stearinflämmchen zwischen den angefeuchteten Fingern. Die Mutter hantierte draußen in der Küche, brachte das Eßgeschirr und den Kartoffelsalat in die Stube und meinte: "die Würstchen sind gleich heiß!" Ihr Mann kletterte vom Stuhl, fletschte fidel in den Händen und rief ihr nach: "Vergiß den Senf nicht." Sie kam, statt zu antworten mit dem leeren Senfglas zurück und sagte: "Felix, hol Senf. Die Würstchen sind sofort fertig." Felix saß unter der Lampe und drehte an einem kleinen billigen Fotoapparat herum. Der Vater versetzte dem Fünfzehnjährigen einen Klaps und polterte: "Nachher ist auch noch Zeit. Hier hast du Geld. Los, los Senf! Nimm den Schlüssel mit, damit du nicht klingeln brauchst. Soll ich dir Beine machen? "
Felix hielt das Senfglas als wollte er damit fotografieren, nahm Geld und Schlüssel und lief damit auf die Straße. Hinter den Ladentüren standen die Geschäftsleute geduldig und fanden sich vom Schicksal ungerecht behandelt. Aus den Fenstern alle Stockwerke schimmerten die Christbäume. Felix marschierte an hunderten Läden vorbei und starrte hinein, ohne etwas zu sehen. Er war in einem Schwebezustand, der mit Senf und Würstchen nichts zu tun hatte. Er war Glücklich, bis ihm vor lauter Glück das Senfglas aus der Hand auf Pflaster fiel. Die Rolläden prasselten an den Schaufenstern herunter, und Felix merkte, das er sich seit einer Stunde in der Stadt herumtreibt. Die Würstchen waren inzwischen längst geplatzt! Er brachte es nicht über sich nach Hause zu gehen. So ganz ohne Senf! Gerade heute hätte er eine Ohrfeige nicht gut vertragen. Herr und Frau Preisser aßen die Würstchen mit Ärger und ohne Senf. Um acht wurden sie ängstlich. Um neun lieben sie aus dem Haus und klingelten bei Felix Freunden. Am ersten Weihnachtstag verständigten sie die Polizei.
Sie warteten drei Tage vergebens. Sie warteten drei Jahre vergebens. Langsam ging ihre Hoffnung zu Grunde, schließlich warteten sie nicht mehr und versanken und hoffnungsloser Traurigkeit. Die Weihnachtsabende wurden von nun an die Schlimmsten im Leben der Eltern. Da saßen sie schweigend vorm Christbaum, betrachteten den kleinen, billigen Fotoapparat und ein Bild ihres Sohnes, das ihn als Konfirmanden zeigte, im blauen Anzug, den schwarzen Filzhut keck auf dem Ohr. Sie hatten den Jungen so lieb gehabt, und das der Vater manchmal eine lockere Hand bewiesen hatte, war doch nicht böse gemeint gewesen, nicht wahr? Jedes Jahr lagen die zehn alten Zigarren unter dem Baum, die Felix dem Vater geschenkt hatte, und die warmem Handschuhe für die Mutter. Jedes Jahr aßen sie Kartoffelsalat mit Würstchen, aber aus Pietät ohne Senf. Das war ja auch gleichgültig, es konnte ihnen doch niemals wieder schmecken.
Sie saßen vor dem Baum und vor ihren weinenden Augen verschwammen die brennenden Kerzen zu großen glitzernden Lichtkugeln. Sie aßen nebeneinander, und er sagte jedes Jahr: "Diesmal sind die Würstchen aber ganz besonders gut." Und sie antwortete jedesmal: "Ich hol dir die von Felix noch aus der Küche. Wir können jetzt nicht mehr warten." Doch um es rasch zu sagen: Felix kam wieder. Es war am Weihnachtsabend 1932 kurz nach sechs Uhr. Die Mutter hatte die heißen Würstchen hereingebracht, da meinte der Vater: "Hörst du nicht? Ging da nicht eben die Tür?" Sie lauschten und aßen dann weiter. Als jemand ins Zimmer trat, wagten sie nicht sich umzudrehen. Eine zitternde Stimme sagte: "So da ist der Senf, Vater." Und eine Hand schon sich zwischen den beiden alten Leuten hindurch und stellte wahrhaftig ein gefülltes Senfglas auf den Tisch.
Die Mutter senkte den Kopf ganz tief und faltete die Hände. Der Vater zog sich am Tisch hoch, drehte sich trotz der Tränen lächelnd um, hob den Arm, gab dem Jungen eine schallende Ohrfeige und sagte: "Das hat aber ziemlich lange gedauert, du Bengel. Setz dich hin! Was nützt der beste Senf der Welt, wenn die Würstchen kalt werden? Das sie kalt wurden ist erwiesen. Felix saß zwischen den Eltern und erzählte von seinen Erlebnissen in der Fremde, von fünf langen Jahren und vielen wunderbaren Sachen. Die Eltern hielten ihn bei den Händen und hörten voller Freude zu.
Unter dem Christbaum lagen Vaters Zigarren, Mutters Handschuhe und der billige Fotoapparat. Und es schien, als hätten fünf Jahre nur zehn Minuten gedauert. Schließlich stand die Mutter auf und sagte: "So Felix, jetzt hol ich dir deine Würstchen."
-
Alles eine Frage der Perspektive
Der alte Fabeldichter Aesop saß eines Tages am Rand der Straße nach Athen, als ihn ein Reisender fragte:
"Welche Art von Leuten leben denn in Athen?"
Aesop entgenete ihm: "Sagt mir erst, woher ihr kommt und was dort für Leute leben."
Stirnrunzelnd sagte der Mann: "Ich komme von Argos. Die Menschen dort taugen nichts, sie sind Lügner, Diebe, ungerecht und streitsüchtig. Ich war froh, von dort wegzukommen."
"Wie schade für Euch", antwortete Aesop, "daß Ihr die Leute in Athen nicht anders finden werdet."
Gleich darauf kam ein anderer Reisender vorüber und stellte dieselbe Frage, und als Aesop sich auch bei ihm nach seiner Herkunft und den Bewohnern der Stadt erkundigte, meinte dieser:
"Ich komme von Argos, wo alle Menschen sehr nett, freundlich, ehrbar und wahrhaftig sind. Ich habe sie wirklich ungern verlassen."
Da lächelte Aesop und sagte: "Ihr werdet die Menschen in Athen ganz genauso finden."
Aus Griechenland
;)
-
Wie viele Minuten gewinnen wir, wenn wir (zu) schnell Auto fahren? Lohnt es sich?
Jack schaute kurz noch einmal auf sein Tacho, bevor er langsamer wurde: 73 in einer 50er Zone. Das vierte mal in gleicher Anzahl von Monaten. Wie konnte ein Typ denn so oft erwischt werden? Bremste sein Auto auf 10 km/h ab und fuhr rechts ran. Vielleicht würde ein noch schnellerer Autofahrer an ihnen vorbei flitzen an dem der Bulle mehr Interesse hätte...
Der Polizist stieg aus seinem Auto aus, mit einem dicken Notizbuch in der Hand. Bob? Bob aus der Kirche? Jack sank tiefer in seinen Sitz. Das war nun schlimmer als der Strafzettel. Ein christlicher Bulle erwischt einen Typ aus seiner eigenen Kirche. Ein Typ der etwas angespannt war, nach einem langen Tag im Büro. Als er aus seinem Auto sprang erblickte er den Typ, den er jeden Sonntag in der Kirche sah.
"Hi Bob. Komisch, daß wir uns so wieder sehen!"
"Hallo Jack." Kein Lächeln.
"Ich sehe Du hast mich erwischt in meiner Eile nach Hause zu kommen, um meine Frau und Kinder zu sehen."
"Ja, so ist das." Bob schien unsicher zu sein. Gut.
"Ich bin die Tage erst sehr spät aus dem Büro gekommen. Ich denke auch, dass ich die Verkehrsregeln nun mehr als einmal gebrochen habe." Jack schoss einen Kieselstein an die Bordsteinkante. "Diane erwähnte etwas von RoastBeef und Kartoffeln heute Abend. Verstehst Du, was ich meine?"
"Ich weiss, was Du meinst. Ich weiß auch, daß Du ein Gesetz soeben gebrochen hast."
Aua! Dies geht in die falsche Richtung. Zeit die Taktik zu ändern.
"Bei wieviel hast Du mich erwischt?"
"Siebzig. Würdest Du Dich bitte wieder in Dein Auto setzen"
"Ach Bob, warte bitte einen Moment. Ich habe sofort gecheckt, als ich Dich gesehen habe! Ich habe mich auf 65 km/h geschätzt!" Ich konnte mit jedem Strafzettel besser lügen.
"Bitte Jack, setz Dich wieder in Dein Auto."
Genervt quetschte Jack sich durch die noch immer offene Türe. Ein Knall.Türe zu. Er starrte auf sein Armaturenbrett. Bob war fleissig am Schreiben auf seinem Notizblock! Warum wollte Bob nicht Führerschein und Papiere sehen? Was auch immer der Grund war, es würde einen Monat an Sonntagen vergehen, bis er sich in der Kirche wieder neben diesen Polizisten setzen würde. Bob klopfte an die Tür. Er hatte einen Zettel in der Hand. Jack öffnete das Fenster, maximal 5 cm, gerade genug, um den Zettel an sich zu nehmen. Bob gab ihm den Zettel durch.
"Danke." Jack konnte die Enttäuschung nicht aus seiner Stimme halten. Bob setzte sich wieder ins Auto ohne ein Wort zu verlieren. Jack wartete und schaute durch seinen Spiegel zu. Dann faltete er den Zettel auf. Was würde ihn dieser Spaß wieder kosten? Hey! Warte mal! War das ein Witz? Dies war kein Strafzettel.
Jack las: Lieber Jack, ich hatte einmal eine kleine Tochter. Als sie sechs Jahre alt war, starb sie bei einem Verkehrsunfall. Richtig geraten, der Typ ist zu schnell gefahren. Einen Strafzettel eine Gebühr und drei Monate Knast und der Mann war wieder frei. Frei um seine Töchter wieder in den Arm nehmen zu dürfen. Alle drei konnte er wieder liebhaben. Ich hatte nur eine und ich werde warten müssen, bis ich in den Himmel komme, bevor ich sie wieder in den Arm nehmen kann. Tausend Mal habe ich versucht diesem Mann zu vergeben. Tausend Mal habe ich gedacht ich hätte es geschafft. Vielleicht habe ich es geschafft, aber ich muß immer wieder an sie denken. Auch jetzt. Bete bitte für mich. Und sei bitte vorsichtig, Jack. Mein Sohn ist alles was ich noch habe. Bob"
Jack drehte sich um und sah Bobs Auto wegfahren. Er fuhr die Strasse wieder runter. Jack schaute bis er nicht mehr zu sehen war. Ganze 15 Minuten später fuhr er an und fuhr langsam nach Hause. Er betete um Verzeihung und angekommen nahm er seine überraschte Frau und Kinder in den Arm und drückte sie ganz fest.
;)
-
Von Astrid Lindgren
Hast du schon mal von Pippi Langstrumpf gehört, dem stärksten Mädchen der Welt? Dem
Mädchen, das ganz allein mit einem Pferd und einem Affen in der Villa Kunterbunt wohnt? Dem
Mädchen, das einen ganzen Koffer voller Goldstücke besitzt?
Jetzt erzähl ich dir, was Pippi einmal gemacht hat. Es war an einem Heiligabend. In allen
Fenstern der kleinen Stadt leuchteten die Weihnachtslichter, und an den Weihnachtsbäumen
brannten die Kerzen. Alle Kinder waren sehr froh.
Nein, nicht alle Kinder waren froh. In einem Haus in der Winkelstraße saßen im ersten Stock
drei kleine arme Wesen in der Küche und weinten. Das waren Frau Larssons Kinder. Pelle,
Bosse und die kleine Inga. Sie weinten, weil ihre Mama ins Krankenhaus gekommen war.
Ausgerechnet an Heiligabend, das stelle man sich einmal vor! Ihr Papa war Seemann und weit
draußen auf dem Meer. Und sie hatten auch keinen Tannenbaum! Keine Weihnachtsgeschenke!
Nichts Gutes zu essen! Denn ihre Mama hatte es nicht geschafft, etwas einzukaufen, bevor sie
krank wurde. Kein Wunder, dass die Kinder weinten! Alles war furchtbar traurig, wie es
manchmal sein kann.
„Das ist der scheußlichste Heiligabend, den ich jemals erlebt habe“, sagte Pelle.
Genau in dem Augenblick, als er das gesagt hatte, ertönte ein entsetzliches Getrampel im
Treppenhaus.
„Was ist denn das?“, rief Bosse. „Das klingt aber komisch!“
Es war jedoch kein bisschen komisch. Schließlich ist es nicht komisch, dass es klappert, wenn
ein Pferd eine Treppe hinaufsteigen soll!
Es war Pippis Pferd, das da angetrampelt kam. Und auf dem Pferd saß Pippi. Und auf Pippi saß
ein Tannenbaum. Er saß in ihren Haaren. Er war voller brennender Kerzen und Fähnchen und
Bonbons. Es sah aus, als sei er direkt aus ihrem Kopf gewachsen. Vielleicht war er das auch, wer
weiß? Herr Nilsson, Pippis kleiner Affe, war auch dabei. Er flitzte vorneweg und öffnete die Tür.
Pelle, Bosse und die kleine Inga sprangen von der Küchenbank und starrten ihn an.
„Warum guckt ihr so?“, sagte Pippi. „Habt ihr noch nie einen Tannenbaum gesehen?“
„Doch, aber noch nie ...“, stotterte Pelle.
„Na also“, sagte Pippi und sprang vom Pferd. „Die Tanne ist einer der Bäume, die es in
Schweden am häufigsten gibt. Und jetzt wollen wir tanzen, dass sich die Balken biegen. Aber
zuerst ...“
Sie warf einen Sack auf den Fußboden, und aus dem Sack holte sie viele Pakete und viele Beutel
hervor. In den Beuteln waren Apfelsinen und Äpfel, Feigen, Nüsse, Rosinen, Bonbons und
Marzipanschweine. Und in den Paketen waren Weihnachtsgeschenke für Pelle, Bosse und die
kleine Inga. Pippi stapelte all die Pakete auf der Küchenbank.
„Noch kriegt ihr keine Weihnachtsgeschenke“, sagte sie. „Erst wollen wir mit dem Baum
tanzen.“
„Du meinst wohl, dass wir um den Baum herumtanzen wollen“, sagte Pelle.
„Genau das meine ich nicht“, sagte Pippi. „Könnt ihr mir erklären, warum Weihnachtsbäume
niemals auch ein bisschen Spaß haben dürfen? Nie dürfen sie mittanzen. Sie müssen bloß
stocksteif dastehen und glotzen, während die Leute um sie herumhüpfen und Spaß haben. Die
armen, armen kleinen Weihnachtsbäume!“
Pippi verdrehte die Augen, um den Tannenbaum auf ihrem Kopf sehen zu können.
„Dieser Weihnachtsbaum soll jedenfalls mitmachen und sich amüsieren dürfen, das hab ich mir
in den Kopf gesetzt“, sagte sie.
Wenn eine Weile später jemand in Frau Larssons Fenster geschaut hätte, dann hätte er einen
merkwürdigen Anblick gehabt. Er hätte gesehen, wie Pelle, Bosse und die kleine Inga hüpfend
um den Tannenbaum tanzten. Er hätte auch Pippi tanzen gesehen, Pippi mit dem Tannenbaum im
Haar. Pippi stampfte mit ihren großen Schuhen, Pippi sang mit kräftiger und fröhlicher Stimme:
„Hier tanze ich mit meinem kleinen Tannenbaum, ich tanze, so lange ich kann!“
„Noch niemals hat ein Weihnachtsbaum solchen Spaß gehabt wie dieser“, sagte Pippi zufrieden,
als sie, Pelle, Bosse und die kleine Inga eine Weile später um den Weihnachtstisch herumsaßen.
„Nein, das glaub ich auch nicht“, sagte Bosse und steckte sich eine Feige in den Mund.
„Und noch nie haben wir Heiligabend solchen Spaß gehabt“, sagte die kleine Inga und
verschluckte ein ganzes Marzipanschwein in einem Rutsch.
Ja, und dann war es Zeit für die Weihnachtsgeschenke! Was für eine Freude, als Pelle seine
Pakete öffnete und ein Flugzeug und eine Eisenbahn fand, und Bosse bekam eine
Dampfmaschine und ein Auto, das auf dem Fußboden herumfahren konnte, wenn man es aufzog,
und Inga eine Puppe und ein kleines Herz aus Gold!
Das Licht der Weihnachtsbaumkerzen schimmerte so sanft auf den fröhlichen Gesichtern der
Kinder und allen Weihnachtsgeschenken. Bestimmt war auch der Tannenbaum froh. Er war ja
der erste Weihnachtsbaum, der mittanzen durfte!
-
Keine ruhige Minute
Jaaaaa - genau das mein ich :banane:
Ich hab da was gefunden, was auch ein bißchen in diese Rubirk paßt es ist aber nicht gerade besinnlich, aber vielleicht gefällts euch doch
es war einmal.....
vor langer Zeit, kurz vor Weihnachten, als der Weihnachtsmann sich auf den
Weg zu seiner alljährlichen Reise machen wollte, aber nur auf Probleme
stieß. Vier seiner Elfen feierten krank und die Aushilfs-Elfen kamen mit
der Spielzeug-Produktion nicht nach. Der Weihnachtsmann begann schon den
Druck zu spüren den er haben würde wenn er aus dem Zeitplan geraten sollte.
Dann erzählte ihm seine Frau, dass Ihre Mutter sich zu einem Besuch
angekündigt hatte. Die Schwiegermutter hat dem armen Weihnachtsmann gerade
noch gefehlt. Als er nach draußen ging um die Rentiere aufzuzäumen bemerkte
er, dass 3 von ihnen hochschwanger waren und sich zwei weitere aus dem
Staub gemacht hatten, der Himmel weiß wohin. Welch Katastrophe! Dann begann
er damit den Schlitten zu beladen, doch eines der Bretter brach und der
Spielzeugsack fiel so zu Boden, dass das meiste Spielzeug zerkratzt wurde -
Shit! So frustriert ging der Weihnachtsmann ins Haus um sich eine Tasse mit
heißem Tee und einem Schuss Rum zu machen. Jedoch mußte er feststellen daß
die Elfen den ganzen Schnaps gesoffen hatten. In seiner Wut glitt ihm auch
noch die Tasse aus den Händen und zersprang in tausend kleine Stücke die
sich über den ganzen Küchenboden verteilten. Jetzt gab's natürlich Ärger
mit seiner Frau. Als er dann auch noch feststellen mußte, daß Mäuse seinen
Weihnachts-Stollen angeknabbert hatten wollte er vor Wut fast platzen. Da
klingelte es an der Tür. Er öffnete und da stand ein kleiner Engel mit
einem riesigen Christbaum. Der Engel sagte sehr zurückhaltend: "Frohe
Weihnachten Weihnachtsmann! Ist es nicht ein schöner Tag. Ich habe da einen
schönen Tannenbaum für dich. Wo soll ich den denn hinstecken?" Und so hat
die Tradition mit dem kleinen Engel auf der Christbaumspitze
begonnen........
:christmas:
-
(http://www.cosgan.net/images/smilie/xmas/d062.gif)
Der Stern
Es war einmal ein Fischer, der fuhr jede Nacht aufs Meer hinaus, um seine Netze auszulegen. Früh am Morgen kehrte er zurück, dann waren seine Netze voll mit Fischen. Denn er kannte die Wege, die die großen Fischschwärme nahmen.
Selbst in der tiefsten Nacht fand er seinen Weg. Er sah hinauf zu den Sternen, die über ihm am Himmel standen, und ließ sich von ihnen den Weg zeigen.
Aber einmal kam eine Zeit, da war der Himmel von Wolken verhangen. Dicker Nebel lag über dem Meer, so dass man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte. Weder Sonne noch Mond noch Sterne ließen sich blicken. Das war eine schlimme Zeit. Denn der Fischer konnte nicht hinausfahren. Tag für Tag hoffte er, dass sich der Nebel bald verziehen würde.
Aber der Nebel blieb.
"Wenn ich wenigstens eine einzigen Stern sehen könnte", dachte der Fischer, "damit ich übers Meer finde".
Aber kein einziger Stern schaffte es, den dichten Nebel zu durchdringen.
Da fasste der Fischer einen Entschluss. "Ich werde mir einen eigenen Stern machen", dachte er. Er ging in den Schuppen und schnitzte sich aus einem alten Brett einen großen Stern. Den hängte er an eine Stange. Die Stange befestigte er an seinem Boot.
Als der Abend kam, ruderte der Fischer hinaus aufs Meer.
Rings um ihn herum war dichter Nebel. Aber vor ihm leuchtet sein Stern. Er brauchte nur hinter ihm her zu rudern.
Am Morgen bemerkten die anderen Fischer, dass sein Boot nicht an seinem Platz war. Sie warteten auf ihn. Aber er kam nicht zurück. Niemand hat ihn je wieder gesehen.
;)
-
Und so hat
die Tradition mit dem kleinen Engel auf der Christbaumspitze
begonnen........
:lachen: :lachen: :lachen:
-
Die bevorstehende Geburt des Christkinds bereitete den Engeln ziemliches Kopfzerbrechen. Sie mussten nämlich bei ihren Planungen sehr vorsichtig sein, damit die Menschen auf Erden nichts davon bemerkten. Denn schließlich sollte das Kind in aller Stille geboren werden und nicht einen Betrieb um sich haben, wie er in Nazareth auf dem Wochenmarkt herrschte.
Probleme gab es auch bei der Innenausstattung des Stalles von Bethlehem. An der Futterraufe lockerte sich ein Brett aber hat jemand schon einmal einen Engel mit Hammer und Nagel gesehen?! Das Stroh für das Krippenbett fühlte sich hart an, das Heu duftete nicht gut genug, und in der Stalllaterne fehlte das Öl.
Aber auch was die Tiere anbetraf, gab es allerhand zu bedenken. Genau an dem für den Engelschor auserwählten Platz hing ein Wespennest. Das musste ausquartiert werden. Denn wer weiß, ob Wespen einsichtig genug sind, um das Wunder der Heiligen Nacht zu begreifen? Die Fliegen, die sich Ochse und Esel zugesellt hatten, sollten dem göttlichen Kind nicht um das Näslein summen oder es gar im Schlafe stören. Nein, kein Tier durften die Engel vergessen, das etwa in der hochheiligen Nacht Unannehmlichkeiten bereiten könnte.
Unter dem Fußboden im Stall wohnte eine kleine Maus. Es war ein lustiges Mäuslein, das sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen ließ, höchstens, wenn die Katze hinter ihm her war. Aber dann flüchtete es schnell in sein Mäuseloch zurück. Im Herbst hatte die Maus fleißig Früchte und Körner gesammelt; jetzt schlief sie in ihrem gemütlichen Nest. Das ist gut, dachte der verantwortliche Engel, wer schläft, sündigt nicht, und bezog die Maus nicht weiter in seine Überlegungen ein.
Nach getaner Arbeit kehrten die Boten Gottes in den Himmel heim. Ein Engel blieb im Stall zurück; er sollte der Mutter Maria in ihrer schweren Stunde beistehen. Damit aber keiner merkten konnte, dass er ein Engel war, nahm er seine Flügel ab und legte sie sorgsam in eine Ecke des Stalles. Als die Mutter Maria das Kind gebar, war sie sehr dankbar für die Hilfe des Engels.
Denn kurz darauf kamen schon die Hirten, nachdem sie die frohe Botschaft gehört hatten, und der Hütehund und die Schafe. Obwohl die Männer sich bemühten, leise zu sein, und sozusagen auf Zehenspitzen gingen, klangen ihre Schritte doch hart und der Bretterboden knarrte. War es da ein Wunder, dass die Maus in ihrem Nest aufwachte? Sie lugte zum Mäuseloch hinaus und hörte die Stimme " Ein Kind ist uns geboren ...", konnte aber nichts sehen.
Neugierig verließ sie ihr schützendes Nest und schon war die Katze hinter ihr: Schnell wollte das Mäuslein in sein Mäuseloch zurück, aber ein Hirte hatte inzwischen seinen Fuß darauf gestellt. "Heilige Nacht hin oder her", sagte die Katze zu der entsetzten Maus, "jetzt krieg ich dich!"
Und damit ging die wilde Jagd los. Die Maus in ihrer Angst flitzte von einer Ecke in die andere, sauste zwischen den Beinen der Hirten hindurch, huschte unter die Krippe und die Katze immer hinterher: Zwischenzeitlich bellte der Hütehund und die Schafe blöckten ängstlich. Irgendwo gackerte aufgeregt eine Henne.
Die Hirten wussten nicht recht, was los war, denn eigentlich waren sie gekommen, um das Kind anzubeten. Aber sie konnten ja ihr eigenes Wort nicht mehr verstehen, und alles rannte durcheinander: Es ging zu wie in Nazareth auf dem Wochenmarkt.
Als die Engel im Himmel das sahen, ließen sie buchstäblich ihre Flügel hängen. Es ist tröstlich zu wissen, dass auch so unfehlbare Wesen wie Engel nicht an alles denken. Das Mäuslein indessen befand sich in Todesangst. Es glaubte seine letzte Sekunde schon gekommen, da flüchtete es in seiner Not unter die Engelsflügel. lm gleichen Moment fühlte es sich sachte hochgehoben und dem Zugriff der Katze entzogen. Das Mäuslein wusste nicht, wie ihm geschah. Es schwebte bis unters Dachgebälk, dort hielt es sich fest. Außerdem hatte es jetzt einen weiten Blick auf das ganze Geschehen im Stall.
Die Katze suchte noch ungläubig jeden Winkel ab, aber sonst hatte sich alles beruhigt. Der Hütehund, bewachte die ruhenden Schafe. Die Hirten knieten vor der Krippe und brachten dem Christkind Geschenke dar. Alles Licht und alle Wärme gingen von diesem Kinde aus. Das Christkind lächelte der Maus zu, als wollte es sagen, "Gell, wir wissen schon, wen die Katze hier herunten sucht". Sonst hatte niemand etwas von dem Vorkommnis bemerkt.
Außer dem Engel, der heimlich lachen musste, als er die Maus mit seinen Flügeln sah. Er kicherte und gluckste trotz der hochheiligen Stunde so sehr, dass sich der heilige Josef schon irritiert am Kopf kratzte.
Es sah aber auch zu komisch aus, wie die kleine Maus mit den großen Flügeln in die Höhe schwebte. Die erstaunte Maus hing also oben im Dachgebälk in Sicherheit.
Und ihre Nachkommen erzählen sich noch heute in der Heiligen Nacht diese Geschichte. Macht ihnen die Speicher und Türme auf, damit sie eine Heimat finden - die Fledermäuse - wie damals im Stall von Bethlehem.
-
Was Du weggibst,
kommt zu Dir zurück , vervielfacht
Sein Name war Fleming, er war ein armer schottischer Bauer. Eines Tages, während er seinem kümmerlichen Lebensunterhalt für seine Familie nachging, hörte er einen Hilfeschrei aus einem nahegelegenen Moor. Er liess seine Werkzeuge fallen und rannte zum Moor.
Dort sah er, bis zur Hüfte im schwarzen Schlamm, einen verschreckten Jungen, der sich schreiend und kämpfend zu befreien suchte. Bauer Fleming rettete den Jungen vor einem möglicherweise langsamen und schrecklichen Tod.
Am nächsten Tag näherte sich eine luxuriöse Kutsche dem Grundstück des Schotten. Ein elegant gekleideter Edelmann trat heraus und stellte sich dem Bauern als der Vater des Jungen vor, den Fleming gerettet hatte. „Ich möchte Sie dafür entschädigen“, sagte der noble Herr. „Sie haben das Leben meines Sohnes gerettet“.
„Nein, ich kann keine Zahlung akzeptieren für das, was ich getan habe“, antwortete der schottische Bauer, das Angebot mit den Händen abwehrend. In diesem Moment trat der Sohn des Bauern aus der Türe der Familien-Hütte.
„Ist das Ihr Sohn?“ fragte der Edelmann.
„Ja,“ antwortete der Bauer stolz.
„Ich schlage Ihnen etwas vor. Lassen Sie mich ihm eine gute Ausbildung geben. Wenn der Junge seinem Vater nachschlägt, wird er zu einem Mann heranwachsen, auf den Sie stolz sein können.“ Und so geschah es.
Nach einiger Zeit legte Bauer Flemings Sohn die Prüfung an der medizinischen Schule des St.Mary’s Spital in London ab und wurde später in der ganzen Welt bekannt als der beachtete Sir Alexander Fleming, der Entdecker des Penizillins.
Jahre später erkrankte der Sohn des noblen Herrn an Lungenentzündung. Was rettete ihn? Penizillin. Der Name des Edelmannes? Lord Randolph Churchill. Sein Sohn war Sir Winston Churchill.
Jemand sagte einmal , dass das, was herumgeht, auch herumkommt oder was Du gibst, kommt zurück, mehrfach.
;)
-
Was Du weggibst,
kommt zu Dir zurück , vervielfacht
Und da sag noch einer alles ist nur Zufall :gruebeln:
-
Dienstag, 14. Dezember, 19.56:
In der festlich geschmückten Werkstatthalle des Autohauses "Oertel" im Gewerbegebiet Stenkelfeld treffen die ersten Belegschaftsmitglieder zur Weihnachtsfeier ein.
20.16: Nach einem Tusch der Zweimannkapelle "Die Avocados" aus Foxtrup vergisst Seniorchef Heinrich Oertel in seiner unbeholfenen Begrüßungsansprache die obligatorischen Dankesworte an den Festausschus - ein Fehler, der sich noch rächen soll.
20.30: Werkstattleiter Düwelskirchen entfacht unter den Angestellten eine latente Angriffsbereitschaft gegen den Partyservice Westerkamp. Ein halbherziger Schlichtungsversuche der Seniorchefin Marie Oertel, mit dem Hinweis, die gereichte Rinderkraftbrühe sein immerhin schön heiß, stößt ins Leere. Die hämischen Nörgeleien am Essen nehmen zu.
21.03: Die Avocados drohen erstmals mit dem Abbruch ihres Auftritts, nachdem sich Altgeselle Horst B, beflügelt durch den hastigen Genuss von 11 Gläsern Glühwein, mit einem herumliegenden Bolzenschneider an den Lautsprecherkabeln der Gesangsanlage zu schaffen machte. Zuvor war sein Musikwunsch "Alte Kameraden" von der Kapelle mit einem hämische Grinsen ignoriert worden.
21.58: Bürolehrling Kerstin B. verrichtet mit hochrotem Kopf ihre Notdurft auf dem Rücksitz eines Kundenfahrzeugs. Der Grund: Seit 21.00 ist die einzige Damentoilette der Firma besetzt. Seitdem fehlen auch - wie jetzt auffällt - der smarte Juniorchef Peter Oertel und eine junge Angestellte aus der Reparaturannahme.
23.14: Lagerist Walter K. aus der Ersatzteilausgabe erörtert am Telefon mit seinem Anwalt die Chancen einer Verleumdungsklage gegen den Urheber des ihm gewidmeten Julklappgedichtes mit der Textzeile "Am Teiletresen, Mittelschicht, steht hier das dümmste Sackgesicht". Zeitgleich ermittelt Seniorchef Heinrich Oertel hasserfüllt den Absender eines ihm zugedachten Geschenkkartons mit ca. 4 Pfund gefrorenem Hundekot. Die Veranstaltung droht zu kippen.
0.41: Eine Gruppe von Kfz-Lehrlingen bedroht den Organisten der Avocados, Knut R., mit einem 24er Maulschlüssel, weil die zuvor erzwungene Darbietung eines ACDC-Titels viel Wünsche offen ließ. Minuten später zerfetzt die Kurbelwelle eines Mercedes-Transporters das neuwertige Instrument von Avocado-Schlagzeuger Sascha P:. Fortan kommt die Musik vom Plattenspieler.
1.07: Während der völlig betrunkene Juniorchef unter dem Gejohle der Verkaufsabteilung das Spitzenhöschen der jungen Angestellten aus der Reparaturannahme vor der nun frei gewordenen Damentoilette amerikanisch versteigert, gerät ein altes Innungskunststück mit 2 Schneidbrennern und einer alten Bremsleitung, vorgeführt von Werkstattleiter Düwelskirchen, außer Kontrolle. Die Explosion des Tanklagers ist bis ins Stadtzentrum zu hören.,
1.35: Die Bergungs- und Löscharbeiten im Autohaus Oertel kommen wegen Personalmangels nur mühsam voran. Große Teile der Rettungsmannschaften sind bereit auf Weihnachtsfeiern in umliegenden Ortschaften im Einsatz.
3.00: Schließlich gelingt es einer Hubschrauberbesatzng des THW, durch das Dach der Werkstatthalle den Altgesellen Horst B. aufzunehmen, der bis zuletzt mit einem abgebrochenen Scheibenwischer am Plattenspieler "Alte Kameraden" dirigierte.
5.28: Das Gewerbegebiet Stenkelfeld ist nicht mehr. Die rauchenden Trümmer des Autohauses "Oertel" sowie des benachbarten Getreidehandel sind stumme Zeugen eines festlichen Beisammenseins von Menschen, Menschen wie du und ich, die nur mal im Kollegenkreise weihnachtlich feiern wollten.
-
DIE WEIHNACHTSGANS
In einem kleinen Ort lebten in der hungrigen Zeit nach dem Krieg zwei nette alte Frauen. Damals war es schwer, für Weihnachten einen Festbraten zu bekommen. Nun aber hatte eine der beiden Frauen die Möglichkeit, bei einem Bauern eine magere, aber springlebendige Gans gegen ein wenig Wolle einzutauschen. In einem Korb verpackt, brachte Agathe das Tier nach Hause. Uns sofort fingen sie und ihre Schwester an, auf die Gans aufzupassen und zu füttern.
Die beiden Frauen hatten eine Mietwohnung im 2. Stock. Und keiner im Haus wusste, dass in einem der Zimmer der Schwestern ein Federnvieh hauste, das verwöhnt, gefüttert und gehegt wurde. Agathe und Emma nahmen sich vor, keinem Menschen davon etwas zu sagen. Und das aus zwei Gründen.
Erstens gab es Menschen, die sich keine Gans leisten konnten. Und zweitens wollten die Schwestern um nichts in der Welt die Gans, wenn sie dick und fett und fein gebraten war, mit Verwandten teilen. Darum hatten die beiden in den Wochen bis zum 24. Dezember auch keinen Besuch mehr. Sie lebten nur für die Gans.
Und bald war der 23. dezember. Es war ein kalter Wintertag. Die ahnungslose Gans stolzierte vergnügt herum und war ordentlich am Schnattern. Die beiden Frauen konnten sie nicht anschauen. Nicht, dass sie böse auf die Gans waren, nein. Aber - wer sollte sie schlachten ?
" Das tust du ", sagte Agathe, ließ ihre schimpfende Schwester stehen und verließ die Wohnung. Was sollte die arme Emma tun ? Diese murrte vor sich hin und überlegte, ob sie nicht den Nachbarn fragen sollte, die Gans um die Ecke zu bringen. Doch diesen Gedanken ließ sie wieder fallen, denn sonst hätte man ihm ja einen Teil abgeben müssen. Sie nahm also all ihren Mut zusammen - nicht ohne dabei lauthals zu heulen.
Als Agathe nach geraumer Zeit wieder zu Hause ankam, lag die Gans auf dem Küchentisch und der Hals baumelte über die Tischkante. Die beiden Schwestern lagen einander laut weinend in den Armen :
" Wie.....wie....." schluchzte Agathe, " wie hast du das bloß geschafft, Emma ?" - " Mit.....mit.....einem Schlafmittel ", heulte Emma los.
Ich hab ein paar Tabletten aufgelöst und in das Futter gegeben. Und nun ist sie.....huhu.....tot.Aber rupfen musst du sie.....huhu....."
Aber weder Agathe noch Emma konnten sich dazu aufraffen. In der Küche stand der leere Korb, in der die Gans immer geschlafen hatte. Morgen in der Früh würde es kein " Guten - Morgen - Geschnatter " geben. Kaum dachten die beiden daran, fingen sie wieder an zu weinen. Endlich nahm sich Agathe zusammen und fing an, dem noch warmen Vogel die Federn auszureisen. Bratfertig konnte die Gans abber keine der beiden machen, das wurde auf den nächsten Tag verschoben.
In der Früh wurden die Schwestern unsanft aus dem Schlaf gerissen. Sie saßen gleichzeitig senkrecht im Bett und schauten ungläubig Richtung Türe. Und wer kam da hereinspaziert ? Eine schnatternde Gans, nackig sozusagen, sichtlich ausgeschlafen, die am ganzen Leib zitterte und bebte !
Diese Geschichte ist tatsächlich wahr, aber es kommt noch besser. Als ich Agathe und Emma am Heiligen Abend ein Päckchen vorbeibringen wollte, da kam mir doch wahrhaftig eine Gans entgegen. Dass es sich um eine Gans handelte, konnte ich eigentlich nur am Kopf erkennen, denn der ganze Vogel steckte in einem warmen Pullover, den die beiden Frauen in aller Eile für ihren Liebling gestrickt hatten.
Diese " Pulli - Gans " hat noch sieben Jahre gelebt und ist dann an Altersschwäche eines natürlichen Todes gestorben.
Sowohl bei Agathe und Emma als auch bei uns zu Hause war ein gebratenes Gansl zu Weihnachten nie wieder ein Thema !
( Marie Branowitzer-Rodler )
und die Moral von der Geschicht, befreund dich mit Essen nicht...........
(http://www.mainzelahr.de/smile/tiere/duck.gif)
;)
-
"Stille Nacht" im Schützengraben
Weihnachten 1914 verbrüdern sich Feinde
Weihnachten 1914. An der Front harren Millionen Soldaten in den verschlammten Schützengräben aus. Im Niemandsland zwischen den feindlichen Linien liegen die Leichen der Gefallenen, teils mit Schnee bedeckt. Doch mit einem Mal gehen auf beiden Seiten hinter den Wällen Pappschilder hoch: "Frohe Weihnachten" steht da, und "Merry X-Mas". Was folgt, könnte ein Weihnachtsmärchen sein, aber es hat sich vor 90 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg, wirklich so zugetragen.
Nach fünf Monaten Krieg mit Hunderttausenden von Toten auf beiden Seiten bricht an der Westfront von der Nordsee bis zur Schweiz der Friede aus. "Um neun Uhr abends werden die Bäume angesteckt, und aus mehr als zweihundert Kehlen klingen die alten deutschen Weihnachtslieder", hält ein Soldat fest. "Dann setzen wir die brennenden Bäume ganz langsam und sehr vorsichtig auf die Grabenböschung."
Feinde machen sich Geschenke
Ein Brite schreibt seiner Frau: "Stell dir vor: Während du zu Hause deinen Truthahn gegessen hast, plauderte ich da draußen mit den Männern, die ich ein paar Stunden vorher noch zu töten versucht hatte." Ein anderer berichtet: "Auf beiden Seiten herrschte eine Stimmung, dass endlich Schluss sein möge. Wir litten doch alle gleichermaßen unter Läusen, Schlamm, Kälte, Ratten und Todesangst."
Es dauert nicht lange, und die Feinde machen sich Geschenke, singen Weihnachtslieder, spielen Fußball, veranstalten Radrennen und trinken belgisches Bier. Vor allem Sachsen, Bayern und Österreicher verstehen sich gut mit den Briten - besser als mit ihren oft so schneidigen Kameraden aus Preußen. Ein britischer Soldat steht plötzlich seinem deutschen Frisör aus London gegenüber, der das Gastland bei Kriegsausbruch verlassen musste. Er bekommt sofort einen neuen Schnitt.
Als das Fest vorbei ist, geht das große Schlachten weiter
Leslie Walkinton schwärmt in einem Feldpostbrief: "Niemals sah ich ein schöneres Bild des Friedens: Einer unserer Offiziere fotografierte uns, wie wir mit deutschen Soldaten zusammenstanden. Es war wie im Stadion bei einem Fußballspiel." Ein britischer Offizier scherzt, für den Neujahrstag sei schon ein neuer Waffenstillstand verabredet worden: "Denn die Deutschen wollen sehen, wie die Fotos geworden sind".
Doch nicht alle sind mit der Verbrüderung einverstanden. So etwas dürfe nicht zugelassen werden, protestiert ein österreichischer Gefreiter. Er heißt Adolf Hitler. Einige Soldaten werden von Scharfschützen der gegnerischen Seite erschossen. Als die Oberbefehlshaber von den Geschehnissen erfahren, wittern sie Verrat: "Ich verlange die Angabe der Namen, um entsprechende disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen", tobt der General Sir Horace Smith-Dorrien. In London dagegen feiert der Schriftsteller Arthur Conan Doyle - der Erfinder von Sherlock Holmes - den Weihnachtsfrieden als "Episode der Menschlichkeit inmitten der Grausamkeiten".
Als das Fest vorbei ist, feuern sich die Soldaten zunächst noch über die Köpfe, dann geht das große Schlachten weiter. Im Jahr darauf ist Weihnachten ein Tag wie jeder andere. Befehl von oben: Jeder, der mit dem Feind "Stille Nacht" singt, ist sofort zu erschießen.
(N24.de, dpa)
-
Hilfe! Die Herdmanns kommen!
Die Erzählerin dieser Geschichte ist ein Mädchen von circa 14 Jahren. Zum besseren Verständnis sei gesagt, daß diese Geschichte in Amerika spielt und in Amerika gibt es die Sonntagsschule. Die Sonntagsschule ist der kirchliche Unterricht, der halt am Sonntagmorgen erteilt wird.
Die Herdmann-Kinder waren die schlimmsten Kinder aller Zeiten. Sie logen und klauten, rauchten Zigarren (sogar die Mädchen) und erzählten schmutzige Witze. Sie schlugen kleine Kinder, fluchten auf ihre Lehrer, mißbrauchten den Namen des Herrn und setzten den alten, verfallenen Geräteschuppen von Fred Schumacher in Brand. Das Gerätehaus brannte nieder bis auf den Grund, und ich glaube, das überraschte die Herdmanns. Sie setzten ständig etwas in Brand, aber es war das erste Mal, daß sie es schafften, ein ganzes Gebäude niederzubrennen. Sie waren wirklich so rundherum schrecklich, daß man kaum glauben konnte, daß es sie wirklich gab: Ralf, Eugenia, Leopold, Klaus, Olli und Hedwig - sechs magere, dünnhaarige Kinder, die sich nur dadurch voneinander unterschieden, daß sie verschieden groß waren und an verschiedenen Stellen blaue Flecken aufwiesen, die sie sich gegenseitig beigebracht hatten. Wir waren überzeugt, daß sie direkt auf die Hölle zusteuerten, mit dem Umweg über die Staatliche Besserungsanstalt - bis sie sich mit meiner Mutter, der Kirche und unserem Krippenspiel einließen.
Meine Mutter hatte nicht erwartet, daß sie etwas mit dem Krippenspiel zu tun haben würde. Aber als dann Frau Amstrong hinfiel und sich das Bein brach, wurde sie in die Sache hineingezogen.
Natürlich dachte niemand auch nur im entferntesten an die Herdmanns im Zusammenhang mit dem Krippenspiel. Die meisten von uns wurden die ganze Woche über in der Schule von den Herdmanns herumgepufft, gestoßen und gezerrt und freuten sich auf den Sonntag. Es war der Tag, an dem man vor den Herdmanns Ruhe hatte.
Einmal im Monat ging die gesamte Sonntagsschule in die Kirche, um in den ersten 15 Minuten des Gottesdienstes etwas Besonderes zu bieten, ein Lied, ein Gleichnis aus der Bibel oder einen Vers.
Aber als mein Bruder Charlie in die Sonntagsschule ging, ließ sich die Lehrerin etwas Neues einfallen. Jeder sollte auf einen Zettel schreiben oder malen, was er an der Sonntagsschule am meisten mochte Und als wir alle in der Kirche waren, stellte sie sich vor die Gemeinde und sagte: "Heute werden uns einige unserer kleinsten Jungen und Mädchen erzählen, was die Sonntagsschule für sie bedeutet. Betty, was hast du auf deinem Zettel stehn?"
Betty Ketterer stand auf und sagte: "Was ich in der Sonntagsschule am meisten mag, ist das schöne Gefühl, das ich habe, wenn ich hingehe." Ein Kind sagte, es höre so gern die Biblische Geschichte. Schließlich sagte die Lehrerin: "Wir haben gerade noch für einen Zeit. Charlie, was kannst du uns über die Sonntagsschule erzählen?"Mein kleiner Bruder Charlie stand auf, und er mußte nicht einmal auf seinen Zettel schauen. "Was ich an der Sonntagsschule am meisten mag", sagte er, "ist, daß es hier überhaupt keine Herdmanns gibt."
Als wir ihn nach der Kirche abholten, sagte die Lehrerin zu uns: "Ich bin sicher, daß es noch viele andere Dinge gibt, die Charlie an der Sonntagsschule gefallen." Sie lächelte uns allen zu, aber man konnte sehen, daß sie richtig wütend war.
Auf dem Heimweg fragte ich Charlie: "Was sind denn die anderen Dinge, die dir angeblich gefallen?" Er zuckte mit den Achseln. "Ich mag ja den anderen Kram. Aber sie sagte, wir sollen aufschreiben, was wir am meisten mögen. Und was ich am meisten mag, sind keine Herdmanns."
Während der ganzen zweiten Klasse war Charlie mit blauen und grünen Flecken übersät, weil er neben Leopold Herdmann sitzen mußte. Aber letzten Endes war es sogar Charlies Schuld, daß die Herdmanns in der Kirche aufkreuzten. Drei Tage hintereinander klaute Leopold Herdmann die Süßigkeiten aus Charlies Frühstückspaket, und schließlich hatte Charlie keine Lust mehr, etwas dagegen zu unternehmen.
"Nimm's dir! Nur zu!", sagte er. "Mir macht das nichts aus. Ich bekomme ja so viel Süßigkeiten, wie ich will in der Sonntagsschule."
"Du lügst!", sagte Leopold und - Leopold hatte recht. Wir bekamen Ostereier zu Ostern und ein Stück Kuchen beim Kinderfest, das war alles.
"Wir bekommen auch Eis", fuhr Charlie fort. "Und Krapfen und Popcorn."
"Von wem denn?" wollte Leopold wissen.
"Vom Pfarrer", sagte Charlie. Ihm fiel nichts anderes ein. Das war natürlich das Verkehrteste, was man den Herdmanns erzählen konnte, wenn man wollte, daß sie wegblieben.
Und -wie konnte es anders sein- schon am nächsten Sonntag waren sie da. Sie schlurften in die Kirche und hielten gespannt Ausschau nach den Süßigkeiten.
"Wo gibt's den Kuchen?" fragte Ralf den Sonntagsschulpfarrer.
Und Herr Greder sagte: "Mein Sohn, ich weiß nichts von einem Kuchen. Aber draußen in der Küche sammeln sie gerade die Essenspakete ein." Er meinte die Essensspenden, die wir jedes Jahr [am Erntedankfest] für das Waisenhaus stifteten.
Es war unser Pech, daß die Herdmanns gerade diesen Sonntag erwischten, denn als sie all die Dosen mit Spaghetti, Bohnen, Erdnußbutter und Pampelmusensaft sahen, mußten sie annehmen, daß doch etwas wahres an dem war, was Charlie über die Süßigkeiten erzählt hatte.
Also blieben sie. Zwar sangen sie keine Lieder mit und beteten auch nicht, aber dafür kamen sie zu etwas Geld. Ich sah jedenfalls, wie Eugenia eine Handvoll Münzen aus dem Kollektenteller nahm, als er an sie weitergereicht wurde.
Am Ende dieses Vormittags kam Herr Greder in alle Klassen und machte eine Mitteilung. "Wir beginnen bald mit den Proben für unser Weihnachtskrippenspiel", sagte er. "Nächsten Sonntag nach dem Gottesdienst werden wir uns alle hinten im Gemeindesaal versammeln und festlegen, wer die Hauptrollen spielt."
Am nächsten Sonntag:
Nach der Kirche gingen wir in den Gemeindesaal, der hinter der Kirche lag. Drei Sonntagsschullehrer sollten für Ruhe sorgen. Es war gar nicht einfach, alle Kinder still zu halten.
"Keine Angst, es wird nicht lange dauern", fing meine Mutter an. "Zuerst möchte ich euch etwas von den Proben erzählen", sagte Mutter. "Wir werden jeden Mittwoch [Abend] hier um halb sieben proben. Die Kleinen aus der Vorschule und die Erstkläßler werden unsere Engel sein. Das mögt ihr doch - oder?" fragte Mutter.
Alle sagten ja. Was konnten sie auch anderes sagen!
"Die älteren Jungen und Mädchen brauchen wir als Hirten, als Gäste in der Herberge und als Engelchor."
Mutter zog die Sache wirklich im Blitztempo durch, und ich dachte, wie sich Frau Amstrong über all die Sachen aufregen würde, die [Mutter] einfach wegließ.
"Und dann brauchen wir Maria und Josef, die drei Weisen aus dem Morgenland und den Engel des Herrn. Nun wir wissen alle, was für ein Mensch Maria war. Sie war ruhig und freundlich und gütig, und das Mädchen, das die Maria spielt, sollte versuchen ebenso zu sein. Ich werde erst einmal fragen, wer sich dafür meldet, und dann entscheiden wir alle zusammen, welches Mädchen die Rolle spielen soll."
Die einzige, die diesmal die Hand hob, war - Eugenia Herdmann.
"Hast du noch eine Frage, Eugenia?" fragte meine Mutter. Ich glaube, das war der einzige Grund, den sie sich vorstellen konnte, weshalb Eugenia sich meldete.
"Nein", sagte Eugenia. "Ich will die Maria sein." Sie schaute über die Schulter nach hinten. "Und Ralf möchte der Josef sein."
"Jawoll", sagte Ralf.
Mutter starrte sie nur an. Es war wie in einem Kriminalfilm, wo die nette, kleine, alte, grauhaarige Dame einen doppelläufigen Revolver aus dem Handtäschen zieht, zum Bankbeamten sagt: "Rück den Zaster raus, aber dalli!" und man dasitzt und es einfach nicht glauben kann. Mutter konnte das hier nicht glauben.
"Nun sagte", sagte sie nach einer Minute. "Wir wollen erst ganz sicher sein, daß jeder eine Chance bekommt. Wer meldet sich noch für den Josef?" - Niemand meldete sich.
"Na gut", sagte Mutter. "Ralf wird unser Josef sein." Auch für die Weisen aus dem Morgenland meldete sich niemand außer Leopold, Klaus und Olli Herdmann.
Da stand also meine Mutter und hatte ein Krippenspiel am Hals mit lauter Herdmanns in den Hauptrollen. Eine Herdmann und eine Hauptrolle waren noch übriggeblieben, und es bedurfte keiner besonderen Klugheit, sich auszurechnen, daß Hedwig den Verkündigungsengel spielen würde.
Die erste Probe:
Alle waren ruhig und setzten sich gleich hin, weil sie Angst hatten, es könnte ihnen sonst vielleicht entgehen, was die Herdmanns Schreckliches anstellen würden.
Sie kamen zehn Minuten zu spät und schlenderten in den Raum wie eine Bande Geächteter, die vor hat einen Saloon leerzuschießen.
Mutter sagte: "Hier kommt die Familie Herdmann. Wir freuen uns, euch alle hier zu sehn." (Das war sicher die dickste Lüge, die je in einer Kirche laut ausgesprochen wurde.) Eugenia lächelte - das Herdmänner-Lächeln, wie wir es nannten, dreckig und gemein -, und dann saßen sie da, fast Kriminelle in unseren Augen, und die sollten nun das Edelste und Schönste darstellen, das es gab.
Mutter fing [nun] an, die Kinder in Hirten und Engel und Herbergsgäste einzuteilen, und schon gab es die ersten Schwierigkeiten.
"Was ist eigentlich eine Herberge?" fragte Klaus.
"So etwas ähnliches wie ein Hotel", erklärte ihm jemand. "Wo Leute übernachten können."
"Was für Leute?" fragte Klaus. "Jesus?"
"Wie ging's los?" schrie Eugenia meiner Mutter zu. "Fangen sie doch am Anfang an!"
Die Sache war eben die, daß die Herdmanns nicht das geringste von der Weihnachtsgeschichte wußten. Sie wußten gerade noch, daß Weihnachten der Geburtstag Jesu war, aber alles andere war neu für sie.
Und Mutter sagte, es sei wohl das Beste, zuerst einmal die Weihnachtsgeschichte vorzulesen.
"...da machte sich auch Josef auf, daß er sich schätzen ließe, mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die gesegneten Leibes war..."
"Schwanger", rief Ralf Herdmann.
Das verursachte ziemliche Unruhe. Die größeren Kinder begannen zu kichern, und die kleineren wollten wissen, was denn so komisch war. Mutter mußte mit einem Zeigestock auf den Boden klopfen. "Genug, Ralf!" sagte sie und las weiter vor.
"Was ist das?" fragten [die Herdmanns] immer, wenn sie einen Ausdruck nicht verstanden. Als Mutter vorlas, daß kein Platz in der Herberge war, fiel Eugenia die Kinnlade herunter, und sie sprang auf. "Verdammt!" sagte sie. "Nicht einmal für Jesus?"
"Na ja, also..." [sagte] Mutter.
"Wie hieß das, wo sie das Baby reingelegt haben?" fragte Leopold. "Diese Krippe ... ist das so'ne Art Bett?"
"Das ist es ja gerade", sagte Mutter. "Sie hatten eben kein Bett im Stall. Also mußten Maria und Josef das nehmen, was sie dort vorfanden. Eine Krippe ist ein hölzerner Futtertrog für Tiere."
"Was waren die Bindeln?" wollte Klaus wissen.
"Die was?" fragte Mutter.
"Sie haben doch vorgelesen: Sie wickelten ihn in Bindeln."
"Windeln", seufzte Mutter. "Früher hat man die Babys fest in große Tücher eingewickelt. Die Babys fühlten sich dabei behaglich und geborgen. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen", fuhr Mutter fort, "und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und..."
"Batman!" schrie Hedwig, warf die Arme auseinander und ohrfeigte dabei das Kind neben ihr.
"Wie bitte?" fragte Mutter. Mutter las nie Comic-Hefte.
"Aus dem Dunkel der Nacht erschien Batman, der Rächer der Entrechteten..."
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Hedwig", sagte Mutter. "Das ist der Engel des Herrn, der zu den Hirten auf dem Feld kommt."
"Aus dem Nichts?" fragte Hedwig. "Aus dem geheimnisvollen Dunkel der Nacht, ja?"
"Na ja." Mutter sah etwas unglücklich aus. "Gewissermaßen."
Hedwig setzte sich wieder hin und sah sehr zufrieden aus. So, als ob das endlich ein Teil der Weihnachtsgeschichte wäre, den sie verstand.
Ich konnte die Herdmanns nicht verstehen. Man hätte denken können, die Weihnachtsgeschichte käme direkt aus den Polizeiakten des FBI, so gingen sie mit. Sie wünschten dem Herodes ein blutiges Ende, sorgten sich um Maria, die ihr Baby in einen Futtertrog legen mußte, und nannten die Heiligen Drei Könige eine Bande schmutziger Spione. Und als sie die Probe verließen diskutierten sie darüber, ob Josef die Herberge hätte anzünden oder ob er nur den Gastwirt über die Grenze hätte jagen sollen.
Heiligabend:
Mutter meinte, wenn alles vorbei wäre, würde sie irgendwohin gehen und sich verkriechen.
"Wir sind nicht ein einziges Mal [bei den Proben] ganz durchgekommen", sagte sie. "Ich weiß überhaupt nicht, was passieren wird. Vielleicht wird es das erste Krippenspiel in der Geschichte, bei dem Josef und die Heiligen Drei Könige einen Boxkampf anfangen und Maria mit dem Kind wegläuft."
Aber zunächst lief alles wie immer. Wie immer herrschte ein großes Durcheinander, aber alles beruhigte sich, und pünktlich um halb acht begann das Krippenspiel. Wir sangen zwei Verse von "Zu Bethlehem im Stalle", und dann sollten wir das Lied noch ein bißchen weitersummen, während Maria und Josef durch die Seitentür hereinkamen. Nur, sie kamen nicht. Also summten wir und summten, was sehr langweilig und schwierig ist, und nach kurzer Zeit klang es nicht mehr wie ein Lied, sondern eher wie ein alter Kühlschrank. Ich schätze wir hätten weitergesummt, bis wir schwarz geworden wären, aber es kam nicht so weit. Ralf und Eugenia traten auf. Eine Minute lang standen sie einfach da, als ob sie nicht sicher seien, daß sie am richtigen Ort waren. Das lag vielleicht an den Kerzen und den vielen Menschen in der Kirche. Sie sahen aus wie die Leute, die man manchmal in der Tagesschau sieht: Flüchtlinge, die irgendwo an einem fremden, kalten Ort wartend herumstehen, umgeben von Pappkartons und Säcken. - Plötzlich wurde mir klar, daß es der echten Heiligen Familie genauso ergangen sein muß, einquartiert in einem Stall, von Leuten, denen es egal war, was mit ihnen geschah. Sie konnten gar nicht besonders gepflegt und sauber ausgesehen haben. Sicher hatten sie eher so ausgesehen wie diese Maria und dieser Josef. (Eugenias Schleier hing schief wie gewöhnlich, und Ralfs Haare standen nach allen Seiten ab.) Eugenia hatte die Babypuppe bei sich, aber sie wiegte sie nicht in den Armen, wie man es gewohnt war. Sie hatte es über die Schulter gelegt, und bevor sie [die Puppe] in die Krippe legte, klopfte sie ihr zweimal auf den Rücken.
Ich hörte Alice [Wendlaken] tief Luft holen. "Kannst du dir vorstellen, daß er Bauchweh hatte?" [fragte sie mich.] Ich sagte: "Warum denn nicht." Und ich konnte es mir wirklich vorstellen. Er konnte Bauchweh haben oder unruhig sein oder hungrig, genau wie jedes andere Baby auch. Das war es ja gerade: daß Jesus nicht auf einer Wolke heruntergekommen war wie eine Märchenfigur, sondern daß er richtig geboren wurde und als Mensch lebte.
Als nächstes kam Hedwig hinter dem Engelchor hervor. Sie schubste die anderen aus dem Weg oder trat ihnen auf die Füße. Da Hedwig die einzige war, die in dem Krippenspiel etwas zu sagen hatte, nutzte sie das auch aus. "He! Euch ist ein Kind geboren!" schrie sie, und es klang wirklich wie die beste Botschaft der Welt. Alle Hirten zitterten und fürchteten sich - vor Hedwig natürlich, aber jedenfalls wirkte es gut.
Danach hatten wir ein bißchen Ruhe, während die Jungen sangen "Wir sind die Drei Könige..." und die Zuschauer sich umdrehten, um den Auftritt der Heiligen Drei Könige nicht zu verpassen.
"Was haben die denn da?" flüsterte Alice.
Ich wußte es nicht. Aber was es auch war, es war jedenfalls schwer. Leopold ließ es fast fallen. Dafür hatte er das Gefäß mit Weihrauch nicht dabei, und Klaus und Olli hatten gar nichts in der Hand, obwohl sie Gold und Myrrhe mitbringen sollten. Leopold ließ den Schinken vor die Krippe fallen. Während wir sangen: "Gold und Weihrauch bringen wir", sollten sich die Heiligen Drei Könige miteinander unterhalten und dann jeder zu einer anderen Tür hinausgehen, damit klar würde, daß jeder einen anderen Weg nach Hause nahm. Aber die Herdmanns hatten das entweder vergessen oder sie wollten nicht, jedenfalls unterhielten sie sich nicht und gingen auch nicht. Sie saßen einfach da, und niemand konnte etwas dagegen unternehmen.
"Sie verderben alles", flüsterte Alice. Aber sie taten es ganz und gar nicht. Es war wirklich viel sinnvoller, daß sich die Heiligen Drei Könige hinsetzten und ausruhten. Ich fand, daß die Herdmanns nichts verdarben, sondern im Gegenteil das Krippenspiel um vieles verbessert hatten, indem sie einfach das taten, was ihnen logisch erschien. Zum Beispiel, daß sie das Baby auf den Rücken klopften und einen Schinken für ein besseres Geschenk hielten als eine ganze Menge parfümierter Öle.
Ich wünschte fast, das Krippenspiel ginge weiter, nur um zu sehen, was die Herdmanns noch alles anders machen würden. Vielleicht würden die Heiligen Drei Könige Maria von der Geschichte mit Herodes erzählen, und sie würde ihnen raten, daß sie zurückgehen und ihm das Blaue vom Himmel herunterlügen sollten. Oder Josef würde mit ihnen zurückgehen und ein für allemal Schluß mit Herodes machen. Ich war so damit beschäftigt, mir immer neue Möglichkeiten auszudenken, wie man das Baby Jesus retten konnte, daß ich den Anfang von "Stille Nacht, heilige Nacht" verpaßte. Aber es war nicht weiter schlimm, weil alle mitsangen, auch die Zuschauer. Wir sangen alle Strophen, und als wir zur Stelle kamen "Gottes Sohn, oh, wie lacht...", schaute ich zufällig zu Eugenia hinüber. Fast hätte ich mein Gesangbauch auf einen kleinen Engel fallen lassen.
Jeder hatte die ganze Zeit darauf gewartet, daß die Herdmanns etwas absolut Unerwartetes tun würden. Und nun war es geschehen: - Eugenia Herdmann weinte. - Im Kerzenlicht glänzte ihr ganzes Gesicht vor Tränen, und sie machte nicht einmal den Versuch, sie wegzuwischen. Sie saß nur da - die schlimme, schreckliche Eugenia - und weinte und weinte und weinte. - Es war wirklich das beste Krippenspiel, das jemals aufgeführt wurde. Das sagte hinterher jeder, aber niemand schien zu wissen, warum es so war. Für mich war das merkwürdigste, daß ich jahrelang über das Wunder von Weihnachten und das Geheimnis von Jesu Geburt nachgedacht und es nie wirklich verstanden hatte. Aber jetzt, durch die Herdmanns, schien mir das alles nicht mehr so geheimnisvoll. Was mich betrifft, so wird Maria immer etwas von Eugenia Herdmann haben, ein bißchen unruhig und verwirrt, aber bereit, jeden zu verprügeln, der ihrem Baby zu nahe treten will. Und die Heiligen Drei Könige werden für mich Leopold und seine Brüder sein, mit einem Schinken in der Hand.
Als wir an diesem Abend aus der Kirche kamen, war es kalt und klar. Der Schnee knirschte unter unseren Füßen, und die Sterne leuchteten hell, sehr hell. Und ich dachte an den Verkündigungsengel, an Hedwig mit ihren dünnen Beinen und ihren schmutzigen Stiefeln, die unter ihrem Kostüm vorschauten, an Hedwig, die uns allen zurief:
"He, euch ist ein Kind geboren!"
Barbara Robinson
;)
-
Eine Weihnachtstraumgeschichte
von Abendsternchen
Hinter der den Bergen blinzelte gerade die Sonne hervor.
Sie trocknete gedankenverloren die letzten Regentropfen um sich herum, die sie manchmal weinen machten und breitete dann ihr wärmendes Gefieder aus. Sie umspannte den Horizont, der ihr zärtlich wohlgesonnen war. Alles war so unbegreiflich schön.
Auf den Feldern rieben sich die Erdbeeren den Schlaf aus den Augen. "Hmmm", machte die Sonne. Unter ihrer sanften Glut entfalteten sie ein wunderbares Aroma. Nun zogen neugierig die Zuckerwattewölkchen heran. Auch sie wollten den neuen Tag begrüßen, denn heute sollte ein - erst keimendes Pflänzchen - zur Blüte erwachen. Die Stille und die Freiheit waren wie von Sinnen. Der rauschende, kühle Gebirgsbach wusch sich immer klarer. Er war von schimmerndem Eisblau und wusste um seine Wirkung, seine überzogene Reinheit. "Guten Morgen, stolzes Wasser!" sagte die Erde. Die Gräser und Blumen würzten die frische Luft, die voller Lebenslust und Freude zu einem mächtigen Wind aufbrauste. Eine Spur zu übermütig. Die wilde Sahne am Himmel wirbelte durcheinander. Erbost über so viel Untugend streute der Sand seine Körner aus. Die Blüten tanzten einen ungezügelten Reigen. Plötzlich glättete eine unbekannte Kraft die Wogen. Die Bäume ruhten von ihrem Schaukeln, die Stimmen der Blätter im Wind von ihren Schwingungen aus. Vorsichtig tastend lugte ein neuer Erdenbewohner hervor. Alles schaute und staunte und war ganz gerührt von soviel unmittelbarem Augenblick. Das Pflänzchen - man nennt es Liebe - hatte sich voll entfaltet. Die Blumen sangen Wiegenlieder im Takt des väterlichen Windes, erfüllt von Dankbarkeit gegenüber dem Wunder Natur. Und Mutter Sonne breitete wieder stolz ihre Arme aus. Noch nie hatte sie so gestrahlt wie an diesem Morgen unschätzbaren Glücks....
Auf der anderen Seite der Welt erwachte Karl unter der Brücke. Die Kälte in den Gliedern hatte seinen Körper steif gemacht. Nebel war über dem Flüsschen zu sehen, von der Sonne keine Spur. Er schnürte sein Bündel und trottete in ausgelatschten Pantoffeln die noch schlafende Gasse entlang. In der dritten Straße kam er an einer Abfalltonne vorbei. Er schaute mit müden Augen hinein und fand ein rotes warmes Gewand, das er sich hastig überstreifte. Mit gebücktem Rücken ging er weiter. Er musste sich mittlerweile durch hohen Schnee kämpfen, denn hier war der Pfad noch nicht so ausgetreten. "Peng." Ein Schneeball hatte ihn direkt ins Gesicht getroffen. Es folgten lärmendes Kindergeschrei, ein Lachen, dann ein großer Schreck. "Peter spinnst du, jetzt hast du den Weihnachtsmann getroffen!" Besagter Peter begann kläglich zu weinen "Es gibt ihn doch, und ich hab gar nicht an ihn geglaubt und jetzt ist er bestimmt böse auf mich und ich bekomme keine Geschenke!" Die Mutter lächelte.
"Kommen Sie doch heute Abend bei uns vorbei... Gartenstr. 29, sagen wir 19 Uhr."
Karl war verdutzt und schaute die engelgleiche Frau ungläubig an. "Doch wirklich", sagte sie nun, "ich würde mich sehr freuen!" Als Karl sich am Abend dem Haus mit der Nummer 29 näherte, wehte ihm der köstliche Duft von Bratäpfeln entgegen. Die Tür war nur angelehnt und so trat er beherzt ein. "Da sind Sie ja, wir haben sie schon erwartet!" klang es aus der Küche. Es wurde eine lange Weihnachtsnacht mit unbeschwertem Lachen und besinnlichen Gesprächen. Karl hatte seinen Glauben wiedergefunden. An das Gute im Menschen. An das Positive im Leben und Werden. Und Peter wusste nun, dass er doch existierte - derjenige, den die Kälte fast auffrisst und der von ganz tief unten dennoch den richtigen Weg findet. Als sich Karl zum Gehen wand, legte sich ihm eine Hand auf die Schulter. "Bleiben Sie! Sie haben diesem Haus die Freude zurückgegeben. Peters Mutter hatte einen Anruf erhalten. Ihr Mann würde aus Bosnien zurückkehren und wäre auf der Suche nach einem lebenserfahrenen Geschichtenerzähler in der Bücherei in der Nähe der Kirche. So bekam Karl das Zimmer im Dachgeschoss. Karl, der sich früher so manche frostige Nacht unter der Brücke um die Ohren schlug, schrieb nun manchmal nächtelang in seinem warmen Stübchen. Ab und zu brachte Peter Schulfreunde mit nach Hause, die nur wegen Karl kamen um seine Geschichten zu hören. Diese Erkenntnis trieb Karl mehr als einmal Tränen der Rührung in die Augen, die er sich verstohlen wegwischte. Er lächelte über das ganze Gesicht und war unsagbar glücklich.
Und er erinnerte sich nur zu gern an den schicksalhaften Weihnachtsabend an dem die Sterne um die Wette strahlten.
In jener Nacht voller Erleuchtung.
;)
-
Janine feiert Weihnachten
Von Werner Wollenberger
Wann ist Weihnachten? Man sagt am 24. Dezember, am 25. vielleicht. Das habe ich auch immer geglaubt, bis jene Geschichte passierte, die ich jetzt erzählen möchte. Seither bin ich nicht mehr so sicher.
Die Geschichte nahm ihren Anfang im Sommer des Jahres 1958 in einem kleinen Juradorf. Das Juradorf war wirklich sehr klein - ein paar Häuser, ein Bäcker, zwei, drei Wirtschaften, eine kleine Schule, eine Kirche und ein paar Familien über die Hänge verstreut. Eine dieser Familien bestand aus einem jungen Ehepaar und einem achtjährigen Mädchen, nenne wir es Janine.
Janine war ein fröhliches Mädchen, aber in diesem Sommer begann es zu kränkeln. Es wurde apathisch, es war immer müde, es nahm nicht mehr an den Spielen seiner Gefährtinnen teil; es begann Kopfweh zu haben, es wollte morgens nicht mehr aufstehen; es war krank. Zuerst schien die Sache nicht sehr besorgniserregend; aber, nachdem Janine immer mehr zu klagen begann, ging die Mutter zum Arzt des nächsten größeren Dorfes. Der Arzt untersuchte sie und kam der Krankheit nicht auf die Spur.
So fuhr die Mutter denn eines Tages im September nach Basel und ließ Janine von einem berühmten Professor an der Universitätsklinik untersuchen. Der Bescheid, den Janines Mutter bekam, war erschreckend. Janine hatte Leukämie, eine Blutkrankheit, gegen die es auch heute noch kein Mittel gibt und die binnen kurzer Zeit zum sicheren Tode führt. Der Professor gab Janine höchstens noch zwei Monate zu leben. Die Mutter war verzweifelt. Sie beschwor den berühmten Arzt, sie bat ihn, sie fragte, was sie tun könne, und dem Arzt blieb nichts übrig, als ihr zu sagen, das einzige, was sie für Janine noch unternehmen könne, sei, ihr die letzten Wochen ihres Lebens so schön wie immer möglich zu machen. - Janines Eltern waren nicht reich, aber es ging ihnen nicht schlecht, und sie beschlossen, für Janine zu tun, was immer nur zu tun sei: mit ihr zu reisen, ihr die Schweiz zu zeigen, die Welt zu zeigen; sie mit Geschenken zu überschütten.
Aber Janine wollte von all dem nichts wissen. Sie wollte nicht reisen, sie wollte keine Geschenke haben. Sie hatte nur einen einzigen Wunsch, und das war: Weihnachten zu feiern. Sie wollte Weihnachten haben, und zwar wunderschöne Weihnachten, wie sie sich ausdrückte, Weihnachten mit allem, was Weihnachten zu Weihnachten macht. Das war der einzige Wunsch, der Janine nicht zu erfüllen war. Dezember rückte näher, der Vater wurde immer verzweifelter, und in seiner Verzweiflung vertraute er sich einem Freund, nämlich dem Lehrer des Dorfes, an. Zusammen kamen die Männer auf eine Idee. Der Vater ging nach Hause, mit gespielter Begeisterung erzählte er Janine, daß Weihnachten ausnahmsweise in diesem Jahre früher stattfinden werde, und zwar bereits am 2. Dezember. Janine war ein gescheites Kind und glaubte die Geschichte zunächst nicht; das heißt, sie hätte sie gerne geglaubt, aber sie konnte das gar nicht fassen. Nun, der Vater sagte, mit Ostern sei es ja auch so, und genauso sei es nun eben einmal mit Weihnachten. Die Idee schien dem Vater sehr gut; er hatte nur etwas dabei vergessen: Weihnachten ist ein Fest, das man nicht alleine feiern kann. Zu Weihnachten gehören die Weihnachtsvorbereitungen, das Packen der Paketchen, der Geschenke. Zu Weihnachten gehört als Vorbereitung, daß in den Geschäften die Geschenke ausgestellt sind, daß die Christbäume auf dem Dorfplatz aufgerichtet werden. Zu Weihnachten gehört die ganze Zeit vor Weihnachten, und zu Weihnachten gehört vor allem, daß alle es feiern.
Der Nächste im Dorf, der ins Vertrauen gezogen wurde, war der Bäcker. Und der Bäcker beschloß, seine Lebkuchenherzen dieses Jahr schon früher zu backen. Er beschloß auch, sein berühmtes Schokoladenschiff, das er jedes Jahr ausstellte, dieses Jahr schon früher ins Fenster zu stellen und aus den Schloten des Schiffes die Watte dampfen zu lassen. Und nun begannen die anderen Geschäftsleute des Dorfes, die sich zunächst gesträubt hatten - denn Weihnachten ist für Geschäftsleute nicht nur ein Fest, sondern eben auch ein Geschäft -, die Leute, die sich zunächst gesträubt hatten, begannen auch, ihre Weihnachtsvorbereitungen zu treffen.
Der Plan setzte sich immer fester in den Köpfen der Leute des kleinen Juradorfes. In der Schule wurde gebastelt; im Kindergarten wurde gebastelt; den Kindern wurde eingeschärft, daß Weihnachten dieses Jahr früher sei als in anderen Jahren, und es wurde überall gemalt, gebacken. Die Hausfrauen machten mit; die Väter gingen auf den Dachboden, holten die Lokomotiven und die Eisenbähnchen und begannen, sie neu zu bemalen oder auszubessern; Die Puppen wurden in die Puppenklinik gebracht. In dem kleinen Dorf setzten schon Mitte November ganz große Weihnachtsvorbereitungen ein. Der letzte Widerstand, der zu überwinden war, war der des Pfarrers: konnte er denn die ganze Weihnachtsliturgie vorwegnehmen? Er konnte es. Er setzte Weihnachten für den 2. Dezember fest.
Der 2. Dezember kam, und es wurde ein wundervolles Weihnachten für Janine, ein Weihnachtsfest wie in anderen Jahren. Die Sternsinger kamen, verteilten ihre Lebkuchen, Ihre Nüsse, ihre Birnen, und sogar aus dem Radio kam weihnachtliche Musik, kam „O du fröhliche“, kamen die Schweizer Weihnachtslieder, und daran war nicht das Radio schuld, daran war ein kleiner Elektriker im Dorf schuld, der eine direkte Leitung in das Haus Janines gelegt hatte und vom Nebenhaus her Platten abspielte, deren Musik nun direkt aus dem Lautsprecher kam.
Es war ein wundervolles Weihnachtsfest, und zwei Tage später starb Janine. Am 24. Dezember 1958 wurde in diesem kleinen Juradorf nicht mehr Weihnachten gefeiert.
;)
-
Übrigens...wir haben eine Klasse Rechercheurin im Senioren-Team, die ging dem kleinen Baumwollfaden mal nach und hat den Autor gefunden.
Wenn man
http://www.ricardas-homepage.de/Dorothee/Geschichten/2/29.htm
glauben darf, ist sie von einem Herrn namens Josef Bauch.
geben wir ihm also die EHRE:
Lies