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Diabetesfragen => Allgemeiner Bereich => Thema gestartet von: Rettungshexe am Juli 06, 2017, 19:08

Titel: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 06, 2017, 19:08
Hallo zusammen,
Mich würde mal interessieren, welche Erfahrungen ihr mit dem Rettungsdienst gemacht habt, sofern ihr schon mal durch den Rettungsdienst versorgt werden musstet. Dabei interessiert es mich vor allem, was ggf schief gelaufen ist (z. B. der Bz wurde nicht oder zu spät gemessen, es wurde nicht nach relevanten Vorerkrankungen gefragt,...), denn nur aus Fehlern lernt man... Allerdings freue ich mich natürlich auch über Berichte in denen alles glatt ging, denn das bedeutet, dass der Betroffene optimal versorgt wurde...
Viele Grüße
Nicole
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Hobbit am Juli 06, 2017, 21:52
Rettungsdienst, sind das die Jungs & Mädels mit dem großen Krankenwagen? Ich hatte damit noch nie in Notsituationen zu tun, kann nur am Rande berichten:
Ich besuche gerne mal einen Rettungswagen nach sportlichen Veranstaltungen, wenn ich ohne meinen Diabeteskram an Volksläufen teilnehme und nach dem Sport meinen BZ messen lasse. Ich halte das ja für eine einfache Standard-Prozedur, aber die Mehrzahl der Sanis kennt sich da nicht besonders gut aus, reagiert unsicher, braucht lange, verhaut im Normalfall den ersten Versuch und kann mit den gemessenen Werten nicht allzu viel anfangen. Highlight war mal, dass mir, als ich einen tiefen BZ-Wert hatte, ein Light-Getränk angeboten wurde, weil ich ja Diabetiker bin.

Das klingt brutal negativ, aber ich finde auch, es ist nicht allzu schlimm. Um ein Messergebnis nach dem Sport zu interpretieren reicht halt nicht eine irgendwann mal vorgenommene Schulung. Die Geräte werden immer mal wieder erneuert und wenn man nicht oft damit arbeitet, weiß man halt auch nicht ad hoc wie die Dinger zu bedienen sind.
Es sind immer alle freundlich, alle lässig und alle recht vorsichtig ("Setzen Sie sich lieber hin, ich piekse Sie jetzt."). Wirklich keine Klagen meinerseits, aber irgendwie möchte ich da ungern als Diabetes-Notfall hinkommen. :)
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 06, 2017, 22:26
Hallo Hobbit, ich verstehe warum Du Dich dort als Notfallpatient nicht gut aufgehoben fühlen würdest. Zur Erklärung : die Sani's auf solchen Veranstaltungen sind häufig "nur" sogenannte First responder also zusätzlich geschulte Ersthelfer. Ein Rettungsassistent oder Rettungssanitäter hat mit diesen Dingen in der Regel mehr Erfahrung. Aber Dein Hinweis ist für mich sehr wertvoll, da ich ja unter anderem solche Ersthelfer ausbilde. Ich werde also in Zukunft deutlich mehr Wert auf die regelmäßigen Fortbildungen auch und besonders der Standartmaßnahmen legen und auch meine Kollegen darum bitten, da ein Augenmerk drauf zu haben.
Ansonsten drücke ich Dir die Daumen, dass Du weiterhin so fit bleibst und nie die Hilfe der "Jungs und Mädchen in den roten Autos" brauchen wirst  ;) (die übrigens eine dreijährige Ausbildung mit Staatsexamen abgelegt haben  :P)
Viele Grüße von einem Mädel im roten Auto 
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Gyuri am Juli 06, 2017, 23:21
Ein Feuerwehrmann, der in meiner Arbeit als Ersthelfer eingesetzt war, wollte mal wissen, wo ich meinen Insulinvorrat lagere, damit er mir im Notfall helfen könnte.
 :kreisch: "Was wollen Sie denn mit meinem Insulin machen?"
"Na, spritzen, wenn sie z.B. nicht dazu in der Lage sind."
Seither habe ich Diabetes überall verschwiegen.

Aber zur Frage:
Mit dem Rettungsdienst hatte ich noch nie Probleme und schon gar nicht wegen Diabetes.  :knuddel:

Allerdings gehört zu so einer Truppe auch ein Arzt …
… und da könnte ich schon von Fehlentscheidungen berichten.  :duck:

Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 07, 2017, 06:52
Oh weia, das zeugt ja von extremen Unwissen! Nicht auszudenken wenn er das Insulin in die Finger bekäme ohne zu wissen was er tut! Das Du mit dem Rettungsdienst noch keine Probleme hattest wegen Diabetes verstehe ich so, dass Du das noch nie in Anspruch nehmen musstest?
Ja, mit Ärzten habe ich auch schon so meine Erfahrungen gemacht...  ;D Sowohl privat als auch dienstlich  :wech:
Aber es gibt zum Glück auch sehr gute  :super:
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Gyuri am Juli 07, 2017, 07:48
Um meinen Diabetes konnte ich mich zum Glück IMMER selber kümmern. Dennoch hätte ich im "Bedarfsfall" keine Bedenken vom Rettungsdienst fachkundig versorgt zu werden.

Schlimm geht es nur in den kranken Häusern zu. Da werde ich (nur für mich selber) immer energischer und sage: "Finger weg von meinem Diabetes-Management!"
Wie es dort nicht klappt, habe ich bei meinem Vater gesehen als bei ihm Insulin abgesetzt wurde, weil er einen niedrigen HbA1c-Wert hatte.  :patsch: Dass sein Blutzucker in völlig ungewohnte Höhen anstieg wurde vom Personal als "normal" bewertet. "Hauptsache kein Hypo!" hatten die gemeint.

Bei meiner Frau war es auch nicht viel besser, als sie wegen eines Schlaganfalls *) im KH war. Ihre Spritzstrategie (z.B. SEA) wurde in einen starren Spritzplan mit lächerlich kleinen Korrekturwerten umgestellt und man sah dann 400er Werte als vertretbar an. Schließlich sei ein hoch gelobter Diabetologe im Haus … der aber meine Frau nie sah.

zu *)
Ach ja, da war ein verkorkster Rettungseinsatz.:moser:
Ich teilte dem Rettungsdienst mit, dass meine Frau bereits vor geraumer Zeit zwei zuvor unerkannte Schlaganfälle gehabt hätte, der Arzt tippte aber trotzdem auf Drogen- und/oder Medikamentenmissbrauch. So verging unnötig kostbare Zeit nach der Suche in die falsche Richtung und im kranken Haus wurde erst Stunden später ein beidseitiger Talamusinfarkt gefunden.
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Joerg Moeller am Juli 07, 2017, 13:51
Ich kann da eigentlich nur aus beruflicher Sicht etwas allgemeines sagen. Ich hab ja in Essen im Krupp-KH mal in der zentralen Notaufnahme gearbeitet. Und da war es schon ein deutlicher Unterschied, ob ein Patient jetzt von der Feuerwehr oder von anderen Diensten wie DRK/ oder Johanniter gebracht wurde,

Bei der Feuerwehr war immer alles in trocknen Tüchern (da waren wir dann auch bei der Ankündigung deutlich entspannter), bei den anderen konnte es auch schon vorkommen, dass eine kollabierte Person als Sitzendtransport gebracht wurde (und ähnliches). Ist aber auch schon 20 Jahre her. Später auf der Intensivstation hatten wir dann auch immer mal Rettungsassistenten in der Ausbildung als Mitläufer. Da hat man dann schon den Unterschied zu Sanis deutlich gemerkt.

Ist aber alles eine Frage der Erfahrung. Guter Wein muss auch erst reifen. Für mich gehören jedenfalls Leute von der Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei zu den Berufen mit dem höchsten Ansehen. Und da krieg ich immer einen dicken Hals, wenn da mal wieder von Übergriffen irgendwelcher Arschgeigen berichtet wird.

Viele Grüße,
Jörg
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Frau_Holle am Juli 07, 2017, 20:06
Na dann werde ich mal berichten. Schon mehrfach durften die Retter vom DRK antreten, wenn man mich bewusstlos gefunden hatte. Da ich so gut wie jeden in meinem Umfeld informierte bzw. informiere, dass ich Typ 1 bin, konnte jedes Mal beim Notruf schon mitgeteilt werden, dass es um eine bewusstlose Typ-1-Diabetikerin geht. Die Hilfe war stets schnell und effektiv. Wenn ich dann wieder bei mir war hatte ich allerdings zu kämpfen, dass man mich nicht mitnahm. Stets wurde darauf geachtet, dass ich anschließend nicht alleine blieb.

Einmal war es so, dass die Rettungskräfte informiert waren, dass ein GlucaGen Hypokit im Kühlschrank zu finden ist. Sie warteten jedoch auf den Notarzt, damit dieser es mir verabreichen sollte.

Seit 2 Jahren bin ich mit einem CGMS versorgt und seit dem haben die Retter Ruhe vor mir.
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Tarabas am Juli 09, 2017, 02:54
Ein Feuerwehrmann, der in meiner Arbeit als Ersthelfer eingesetzt war, wollte mal wissen, wo ich meinen Insulinvorrat lagere, damit er mir im Notfall helfen könnte.
 :kreisch: "Was wollen Sie denn mit meinem Insulin machen?"
"Na, spritzen, wenn sie z.B. nicht dazu in der Lage sind."


 :mauer:  :hilfe:

Aber aus genau dem Grund ist in meiner Tasche, wo die Pens drin sind, auch mein Notfallausweis mit einem dicken, fetten, roten "SPRITZEN SIE MIR KEIN INSULIN! Ich brauche ZUCKER!"
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 09, 2017, 11:55
Ich kann da eigentlich nur aus beruflicher Sicht etwas allgemeines sagen. Ich hab ja in Essen im Krupp-KH mal in der zentralen Notaufnahme gearbeitet. Und da war es schon ein deutlicher Unterschied, ob ein Patient jetzt von der Feuerwehr oder von anderen Diensten wie DRK/ oder Johanniter gebracht wurde,

Bei der Feuerwehr war immer alles in trocknen Tüchern (da waren wir dann auch bei der Ankündigung deutlich entspannter), bei den anderen konnte es auch schon vorkommen, dass eine kollabierte Person als Sitzendtransport gebracht wurde (und ähnliches). Ist aber auch schon 20 Jahre her. Später auf der Intensivstation hatten wir dann auch immer mal Rettungsassistenten in der Ausbildung als Mitläufer. Da hat man dann schon den Unterschied zu Sanis deutlich gemerkt.

Ist aber alles eine Frage der Erfahrung. Guter Wein muss auch erst reifen. Für mich gehören jedenfalls Leute von der Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei zu den Berufen mit dem höchsten Ansehen. Und da krieg ich immer einen dicken Hals, wenn da mal wieder von Übergriffen irgendwelcher Arschgeigen berichtet wird.

Viele Grüße,
Jörg
Hi Jörg,
Ich habe selbst etliche Jahre in Essen für die Johanniter und den ASB als Rettungsassistentin gearbeitet. Ich kann Dir versichern, hätte ich so etwas gesehen, so hätten die Kollegen von mir ordentlich was zu hören bekommen! Aber Du hast Recht, es gibt große Unterschiede nicht nur zwischen den einzelnen Organisationen sondern auch persönlich. Ich habe vollkommen unmotivierte und gar nachlässige Kollegen aus allen Bereichen erlebt. Aber auch genau das Gegenteil. Hochmotivierte Retter, die großen Wert auf die eigene Weiterbildung legen und Patienten optimal versorgen wollen. Die Qualität der Ausbildung hat glücklicherweise inzwischen einen guten Stand erreicht und nicht mehr nur die Feuerwehr verfügt über qualitativ hochwertige Ausbildungsstätten. Noch vor 20 Jahren waren bei den HiOrgs überwiegend ehrenamtlich tätige Sanis zu finden, die sozusagen als Hobby ein bisschen "Kronkewoge" fahren. Die Ausbildung war marginal und erfüllte gerade so die gesetzlichen Vorgaben. Ich habe zu dieser Zeit mit meiner Ausbildung begonnen und habe solche Kollegen noch erlebt. Inzwischen "sterben diese Urgesteine aus" und werden durch junge und hochmotivierte, hervorragend ausgebildete Profis ersetzt. 
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 09, 2017, 12:10
Um meinen Diabetes konnte ich mich zum Glück IMMER selber kümmern. Dennoch hätte ich im "Bedarfsfall" keine Bedenken vom Rettungsdienst fachkundig versorgt zu werden.


Das freut mich.

quote author=Gyuri link=topic=13661.msg364351#msg364351 date=1499406513]
zu *)

Ach ja, da war ein verkorkster Rettungseinsatz.:moser:
Ich teilte dem Rettungsdienst mit, dass meine Frau bereits vor geraumer Zeit zwei zuvor unerkannte Schlaganfälle gehabt hätte, der Arzt tippte aber trotzdem auf Drogen- und/oder Medikamentenmissbrauch. So verging unnötig kostbare Zeit nach der Suche in die falsche Richtung und im kranken Haus wurde erst Stunden später ein beidseitiger Talamusinfarkt gefunden.

[/quote]

Das ist allerdings ein absolutes Negativbeispiel! Jeder Rettungsdienstprofi sollte wissen, dass Schlaganfälle und auch Blutzucker Entgleisungen (in beide Richtungen) Symptome machen können, die einer Vergiftung durch Drogen oder Medikamente bzw. Alkohol sehr ähnlich sind. Wenn dann ein Angehöriger auf entsprechende Vorerkrankungen sogar noch hinweist, sollte man das sehr ernst nehmen! Die Folgen eines zu spät behandelten Schlaganfalls sind schrecklich und für den Patienten aber besonders für die Angehörigen extrem belastend. Hat Deine Frau sich von den Folgen dieser krassen Fehleinschätzung erholt?
Viele Grüße
Nicole
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Gyuri am Juli 09, 2017, 14:10
(…) Hat Deine Frau sich von den Folgen dieser krassen Fehleinschätzung erholt?
Viele Grüße
Nicole
Leider nein! Drei Monate später bekam sie einen weiteren Schlaganfall von dem sie sich aber schnell erholte. Ich rief damals einen Notarzt, weil ihre Beine sich nicht mehr bewegen wollten. Sie probierte aber weiter und als der Rettungsdienst da war, konnte sie schon wieder gehen. Dennoch wurde sie dann in einem anderen Krankenhaus und dann auf einer Reha, die etwas bewirkte ganz gut behandelt. Jetzt hat sie einen GdB 100 B G H und einen Pflegegrat 4. Um eine Parkerlaubnis, die bei der Kombination ihrer Beschwerden schon sinnvoll wäre, kämpfen wir bislang vergeblich.  :balla: Die Gemeinde stellte uns dennoch einen zeitlich befristeten Schein aus.

Bei beiden Ereignissen gab es überhaupt keinen Anlass etwas gegen den Rettungsdienst zu sagen. Nur der erste Notarzt war mit seinem Job wohl überfordert. Das zweite Team war nur etwas verwirrt, weil wir uns weigerten das nahe gelegene Krankenhaus aufzusuchen, erfüllten aber den Wunsch ein paar Kilometer weiter in ein besseres Krankenhaus zu fahren (ca.15 km statt 12 km). Mit Blaulicht ging das aber nahezu genauso schnell.  :zwinker:
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Frau_Holle am Juli 10, 2017, 19:14
War heute auf einer Fortbildung meines Arbeitgebers und erfuhr bei der Gelegenheit von der SQR-BW - Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst in Baden-Württemberg. Für Interessierte hier die Homepage: https://www.sqrbw.de/de
Titel: Re: Erfahrungen mit dem Rettungsdienst
Beitrag von: Rettungshexe am Juli 10, 2017, 20:02
Vielen Dank, leider für mich zu weit weg... Gebe es aber gerne weiter!