Diabetesinfo-Forum
Diabetesfragen => Allgemeiner Bereich => Thema gestartet von: ich bins mal wieder am Januar 25, 2012, 06:41
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Hallo, ich weiß ihr seit keine Ärzte und ich versuche nachher meinen Doc noch mal an Telefon zu bekommen, aber vorweg schon mal die Frage an euch:
Ich nehme ja nun zu den Mahlzeiten Humalog.
Was ist denn nun wenn ich nachtmittags mal nen Stückchen Kuchen esse? Spritze ich dann auch?
Also heute gehe ich zu einer Geburtstagsfeier und dort wird es sicher Kuchen geben.
Mittags und Abends spritze ich dann ganz normal. Aber darf ich auch noch zum Kuchen spritzen? Oder muss ich Abstände einhalten, in denen nicht gespritzt werden darf.
Damals beim Actrapid waren es vier Stunden. aber der Doc sagte mir, das Humalog wirkt wohl nur wirklich zum Essen und zwei Stunden danach, also wäre ja die Wirklung weg wenns Kuchen gibt und ich zum MIttag spritze.
Vielen Dank schon mal für eure Antworten.
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Als Pen'ner spritzt man Humalog ja mit zwei verschiedenen Absichten:
a. als Mahlzeitenbolus, um die KH aus der Mahlzeit abzudecken
b. als Korrekturbolus, um einen zu hohen BZ zu senken
a. kann man immer spritzen. Auch wenn man gerade eben 6 IE für's Mittagessen gespritzt hat und man dann doch noch einen Nachtisch möchte, der auch 3 IE benötigt.
b. spritzt man in der Regel erst dann, wenn die Wirkung des letzten Bolus (egal ob Mahlzeit oder Korrektur) weitgehend abgeklungen ist. Und das ist bei Humalog nach 2-3 Stunden der Fall. Daher die Faustregel: Man korrigiert nicht in ein noch laufendes Bolus-Profil!
Und "Nachlegen" - wie z.B. für den Nachtisch - ist ja keine Korrektur.
Viele Grüße,
Jörg
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[...]kann man immer spritzen. Auch wenn man gerade eben 6 IE für's Mittagessen gespritzt hat und man dann doch noch einen Nachtisch möchte, der auch 3 IE benötigt.
Widerspricht sich das nicht mit deiner Aussage
"Man korrigiert nicht in ein noch laufendes Bolus-Profil"?
Was ich meine: Mir wurde vor Urzeiten gesagt, dass es recht riskant werden kann (Unterzuckerungsgefahr), wenn man sich 2 Humalog-Injektionen hintereinander gibt, da sich die Wirkungen "überlagern" bzw. "aufschaukeln" können. Meinst du mit "Mittagessen-Insulin" und "Nachtisch-Insulin" einen sehr geringen Zeitabstand von, sagen wir mal ~10 Minuten? oder kommen da auch größere Zeitabstände in Frage?
Ich persönlich halte mir eben den Zeitraum von ca. 10 bis möglichst 90 Minuten nach dem Essen inulinfrei. Gibt es Richtwerte, wann man bedenkenlos zusätzlich [BEs und] IEs nach der eigentlichen Mahlzeit aufnehmen kann?
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Grundsätzlich deckst du mit der Injektion ja die KH ab, die du konsumiert hast. Kommen später neue dazu, musst du diese ja wieder abdecken. Hab ich bisher immer so gemacht und werds auch weiterhin machen. Einen zehnminütigen Abstand gibts da nicht, weil ich ja in der Regel weiss, was ich essen werde. Gut, ich spritz sowieso jeweils erst nach dem Essen, wenn ich alles drin hab und die Menge kenn.
Wenn ich allerdings später noch unverhofft zu Kuchen komm, wird der natürlich wieder runtergespritzt. Die KH darin "brauchen" ja auch Insulin. Ein Problem sähe ich höchstens, wenn die neu hinzugefügten KH später im Blut wären als das Insulin. Dann wär eine Hypo natürlich möglich. Das muss man halt dann mit dem Spritzabstand regeln.
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[...]kann man immer spritzen. Auch wenn man gerade eben 6 IE für's Mittagessen gespritzt hat und man dann doch noch einen Nachtisch möchte, der auch 3 IE benötigt.
Widerspricht sich das nicht mit deiner Aussage
"Man korrigiert nicht in ein noch laufendes Bolus-Profil"?
Nein. 3 IE für den Nachtisch ist ja keine Korrektur, das ist ein Essensbolus. Korrektur wäre, wenn dein BZ 1h nach dem Essen bei 240 liegt und du dann Korrekturinsulin spritzt. Das addiert sich dann zu dem Insulin, daß du schon vor dem Essen gespritzt hast und das kann zu einer Unterzuckerung führen. Aber die Wirkung der 3 IE hast du ja mit dem Zucker aus dem Nachtisch ausgeglichen. (bzw. hast du die Zuckerwirkung des Nachtisch mit den 3 IE ausgeglichen)
Stell dir eine Balkenwaage vor: wenn du auf beide Seiten gleich viel drauflegst passiert nichts. Wenn du aber auf eine Seite was drauflegst obwohl die Waage noch in Bewegung ist kann es zu einem Ungleichgewicht führen.
Viele Grüße,
Jörg
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Jawohl, das ist mir schon klar, dass man den Kuchen auf jeden Fall mit einplanen muss und dass man das Korrektur-Insulin nach Ablauf der Wirkdauer geben sollte
Mir ging es v.a. um den Abstand der beiden Mahlzeiten und damit um die beiden Insulinwirkungen. Ich persönlich esse halt nach einer BE-Mahlzeit in den kommenden [idealerweise] 120 Minuten nichts kohlenhydrathaltiges, weil ich dazu ja wieder Insulin spritzen müsste. Dadurch hätte ich zwei sich überlagernde Bolus"kurven". Davon wurde mir abgeraten.
Ist dieses Denken überholt? Könnte ich problemlos mein Mittagessen zu mir nehmen (und IEs spritzen) und 50 Minuten später an's Nachtischbuffet gehen und dann wieder entsprechend Essen & Spritzen?
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Ich mach das so und hab keine negativen Erfahrungen gemacht.
Bei grösseren Mahlzeiten, also zB. einem Mehrgänger, der über längere Zeit dauert, spritz ich auch mehrmals. Kann ja nicht das Brot, das ich zum Vorspeisensalat ess, inklusive dem Sorbet, das zum Dessert zwei Stunden später serviert wird, runterspritzen.
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Das ist nicht überholt, das ist falsch. (Es sei denn du findest das Denken, daß die Erde eine Scheibe ist von der man runterfallen kann auch 'überholt' :zwinker: )
Du kannst natürlich dabei bleiben, daß du erst 2h wartest bevor du wieder KH zu dir nimmst und die mit Insulin abdeckst. Nötig ist es nicht. Sicher hast du zwei sich überlagernde Bolus-Kurven. Na und? Du hast ja auch zwei sich überlagernde KH-Kurven.
Viele Grüße,
Jörg
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Ois klar, werd' das dann mal bei Gelegenheit ausprobieren. Danke euch
edit: die BZ-Messung vor einer solchen Zwischenmahlzeit KÖNNTE aber dann verfälscht sein, wenn die KH noch nicht vollständig abgebaut sind bzw. das Bolus-Insulin noch wirkt, oder?
Und das Denken, dass die Erde KEINE Scheibe ist... das halte ich zumindest für sehr diskussionswürdig :)
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edit: die BZ-Messung vor einer solchen Zwischenmahlzeit KÖNNTE aber dann verfälscht sein, wenn die KH noch nicht vollständig abgebaut sind bzw. das Bolus-Insulin noch wirkt, oder?
Richtig! Und vor allem: du sollst ja in einen laufenden Bolus eh nicht korrigieren. Also braucht man da auch nicht unbedingt zu messen.
Ausnahme: du willst den Spritz-Ess-Abstand überprüfen. Das macht man schon so 1h nach dem Essen (wobei der Bolus ja i.d.R. noch wirkt).
Allerdings korrigiert man da ja auch nicht, sondern nimmt das nur als Anhaltspunkt, beim nächsten Mal evtl. den SEA etwas anders zu gestalten.
Lies mal hier: http://www.diabetesinfo.de/therapie/mahlzeiteninsulin.html
Viele Grüße,
Jörg
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Richtig! Und vor allem: du sollst ja in einen laufenden Bolus eh nicht korrigieren. Also braucht man da auch nicht unbedingt zu messen.
Das wäre dann doch ein kleines Problem mit mehreren kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten in kurzem Zeitraum: der fehlende Ausgangswert des Blutzuckers. Seh' ich das richtig?
kleines Beispiel:
BE-Faktor 1, SEA zu vernachlässigen
Mahlzeit um 12h: BZ im Zielbereich, geschätzte 5 BE => 5 IE um 12:20 direkt nach dem Essen
Nachtisch um 13h: 3BE => 3 IE (BZ-Messung wäre nicht sonderlich aussagekräftig, da Wirk-Zyklen noch nicht abgeschlossen)
Sollte man sich jetzt bei der Mahlzeit vertan haben (in Wahrheit waren es 7 statt 5 BE), fliegt einem der BZ erstmal um die Ohren und der Nachtisch könnte das Problem dann weiter verschärfen (wenn man sich nochmal verschätzt). Direkt mit Korrekturinsulin einschreiten sollte man aber erst 2h nach Nachtisch-Insulingabe, was die Zeitspanne eines hohen BZ-Spiegels erhöht, was sich dann logischerweise schlecht auf die BZ-Einstellung auswirkt.
Ist nur ein Gedankenspiel, aber aus meiner Sich nicht abwegig. Habe ich da jetzt irgendwas nicht beachtet?
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Ist nur ein Gedankenspiel, aber aus meiner Sich nicht abwegig. Habe ich da jetzt irgendwas nicht beachtet?
Das ist durchaus ein realistisches Gedankenspiel.
Ich kann das auch etwas anders formulieren und schon wird aus zwei KH/IE Gaben nur noch eine.
Ich gehe in die Kantine und lade mir das auf das Tablet, was ich mir vornehme zu essen.
Also Putenschnitzel mit etwas Reis und als Nachspeise eine Banane.
Und weil ich weiß, das ich das nicht auf viele Stunden verteilt esse, nehme ich das als Gesamtpaket und habe "eine" Mahlzeit.
Freilich kann ich mich hier auch verschätzen. Und grobe "Schnitzer" finden sich üblicherweise in der Anfangszeit der DM-Karriere oder wenn ich mal etwas neues ausprobiere. Nachdem sowas eher die Ausnahme ist, als die Regel, werde ich das sicherlich verschmerzen können :ja:
Es kann Dir auch passieren, das Du die Malzeit überschätzt und die Nachspeise unterschätzt. Es passiert in Summe also nix, obwohl Du bei Einzelspeisen u.U. ein echtes Problem haben dürftest.
Das aber nur mal so eingestreut zur allgemeinen Verunsicherung ;)
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Das wäre dann doch ein kleines Problem mit mehreren kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten in kurzem Zeitraum: der fehlende Ausgangswert des Blutzuckers. Seh' ich das richtig?
Nein, weil der für eine 'Aufstockungs-BE' (oder wie immer man das nennen will) irrelevant ist.
Warum misst man denn überhaupt vor dem Essen? Weil man in erster Linie wissen will, ob man noch Korrekturinsulin zum Mahlzeiteninsulin hinzufügen sollte.
Und wann sollte man keine Korrektur spritzen? Wenn noch ein Bolus wirkt.
kleines Beispiel:
BE-Faktor 1, SEA zu vernachlässigen
Mahlzeit um 12h: BZ im Zielbereich, geschätzte 5 BE => 5 IE um 12:20 direkt nach dem Essen
Nachtisch um 13h: 3BE => 3 IE (BZ-Messung wäre nicht sonderlich aussagekräftig, da Wirk-Zyklen noch nicht abgeschlossen)
Sollte man sich jetzt bei der Mahlzeit vertan haben (in Wahrheit waren es 7 statt 5 BE), fliegt einem der BZ erstmal um die Ohren und der Nachtisch könnte das Problem dann weiter verschärfen
Klar, aber kannst du dir sicher sein, daß der erhöhte BZ dann von falsch geschätzten BE kommt? Du könntest auch den SEA falsch eingeschätzt oder in eine Verhärtung gespritzt haben. Beiden wäre eins gemeinsam: die BZ-senkende Wirkung kommt noch, nur eben später als erwartet. Da zu korrigieren wäre nur was für Hypo-Junkies :zwinker:
Natürlich kann es auch so sein wie du es beschreibst und dann wäre eine Korrektur schon zu diesem Zeitpunkt sinnvoll. Es gibt aber meines Wissens keine Regewerke.
Diabetes-Schulungen sind wie jede Ausbildung: du lernst die Grundregeln. Aber wie bei jeder Ausbildung ist auch hier die Praxis nur selten so, daß sich das gelernte 1:1 übernehmen lässt. Im Laufe der Zeit wird die Therapie erst duch die persönlichen Erfahrungen so richtig rund. Ich nenne es das 'Bauchgefühl'.
Das kann sich aber nur richtig entwickeln, wenn es auf offiziellen Regeln basiert. Ansonsten ist es eher Glückspiel.
Viele Grüße,
Jörg