Diabetesinfo-Forum
Diabetesfragen => Allgemeiner Bereich => Thema gestartet von: dramaqueen am April 23, 2011, 14:46
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(Ich weiß nicht ob meine Frage hier richtig aufgehoben ist, oder besser unter orale Therapie stehen müsste?)
Ich selber bin ja seit meinem zweiten Lebensjahr Typ I-Diabetikerin und seit einigen jahren kam noch Hashimoto dazu, meine Oma mütterlicherseits hatte Typ II-Diabetes und nun ist meine Mutter (bisherige Diagnose: Hashimoto) über Ostern zu Besuch gekommen und hat mir als erstes eröffnet, dass sie vor etwa zwei Wochen eine mittlere Katastrophe fabriziert hat...
Zur Vorgeschichte: Schon vor einem Jahr wurde bei ihr ein leicht erhöhter Hba1c gemessen, die Ärztin diagnostizierte daraufhin damals einen Typ II-Diabetes und gab meiner Mutter erstmal Metformin mit. Meine Mutter wollte aber lieber erstmal veruchen das ohne Medikamente hinzubekommen (...), über Ernährungsumstellung und Sport. Sie zog in dieser zeit auch um in eine andere Stadt. Zunächst schien das ganz gut zu funktionieren und der Hba1c im September letztes Jahr war 6,1, also ok. Eigentlich hätte sie dann laut dem neuen Arzt 6 Wochen später wieder zur kontrolle erscheinen sollen, was sie aber "irgendwie vergessen" hatte. Jedenfalls hatte sie auch von der ersten Ärztin ein BZ-Gerät bekommen und konnte so zwischendurch immer mal messen, was sie auch tat. Dabei hat sie offenbar auch zunehmend höhere Werte gemessen, durchaus auch über 300 :o , aber offenbar munter nach der altbewährten Methode 'wenn ich die Augen zu mache, bin ich unsichtbar' nichts unternommen. (Ich wusste von diesen hohen Werten nix und hatte ihr natürlich schon ganz am Anfang bei den allerersten Auffälligkeiten geraten, lieber früher als später zu behandeln, um die Bauchspeicheldrüse nicht noch mehr zu strapazieren.)
Naja, jedenfalls ging es meiner Mutter dann wohl vor zwei Wochen richtig mies, sie hatte nachts dauernd Krämpfe, fühlte sich schlapp, trockener Mund, Schmerzen überall... :nein: Immerhin nahm sie das dann doch mal ernst und kontaktierte ihren Arzt, der sie nach Schilderung dieser ganzen Symptome auch direkt einbestellte. Der dabei gemessene Hba1c lag bei fast 14 und der Arzt hätte Muttern am liebsten erstmal stationär eingewiesen. Das wollte sie aber nicht (u.a. auch wegen des geplanten Besuchs hier bei mir) und konnte ihn überzeugen sich auf einen ambulanten Einstellungsversuch einzulassen.
Er gab ihr zunächst 2x täglich je eine halbe Metformin 850 plus morgens eine halb Glimepirid 2mg. Azeton im Urin war laut Teststreifen deutlich vorhanden, ist inzwischen aber wohl nur noch in Spuren nachzuweisen. Eine Woche später waren die Blutwerte offenbar schon etwas besser aber es ging dem Arzt eigentlich nicht wirklich schnell genug, woraufhin er meiner Mutter riet, die Glimepirid zu verdoppeln (also morgens 2mg) und das Metformin dreimal täglich in der bisherigen Dosierung zu nehmen. Jetzt ist sie also jedenfalls erstmal hier, hat die Dosis entsprechend erhöht und misst immer Mal den Blutzucker der dann niedrigstenfalls so bei 180 liegt und meistens etwas über 200, teilweise gabs auch mal 300.
Ich kenne mich mit der Behandlung von Typ II natürlich nicht sonderlich aus, frage ich aber schon, ob das echt so die übliche Vorgehensweise ist und man diese für meine Begriffe recht hohen Werte über so einen Zeitraum hinnehmen kann/sollte bzw. was die Alternativen sein könnten. :kratz: Mich würde interessieren, welche Erfahrungen andere Typ II-Diabetiker hier bei der Erstdiagnose gemacht haben und ich freue mich auch über Empfehlungen, worauf bei zukünftigen Arztbesuchen geachtet werden sollte. Wie sieht das außerdem mit BZ-Teststreifen aus und Azetonteststreifen - können die verschrieben werden oder muss sie das alles wirklich selbst bezahlen?
Es ist ziemlich schwer für mich, meine Mutter so zu sehen, wie sie versucht, sich der Realität nicht stellen zu müssen und sich vor der Auseinandersetzung mit der Erkrankung, den Medikamenten und der Möglichkeit einer Insulintherapie so fürchtet - und das, obwohl (oder weil?) ich, ihre Tochter, seit über 30 Jahren mit Diabetes lebe... :-\
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Hi Queen
hmmm. Das hört sich aber eher nach so was wie Typ 1 LADA an?
Gruß
Joa
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Möglichkeit einer Insulintherapie so fürchtet
Tja, selbst wenn es LADA wäre, bei den geschildertem Sachverhalt würde ich schnellstens auf Insulin umsteigen (übrigens ist jede Furcht zu besiegen...), denn "schlimmer" als Spritzen sind die eventuellen Spätschäden (die bekanntlich beim 2er eher kommen - nach Diagnose). Viel Erfolg!
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selbst wenn es LADA wäre, bei den geschildertem Sachverhalt würde ich schnellstens auf Insulin umsteigen
Grade wenn es LADA wäre, wäre der schnellstmögliche Umstieg auf eine Insulintherapie, bei den geschilderten Therapieversuchen und Wertverläufen, zwingend geboten. Bevor die Sache sich bis zur Ketoazidose entwickelt.
Gruß
Joa
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Hi Queen
hmmm. Das hört sich aber eher nach so was wie Typ 1 LADA an?
Gruß
Joa
Was konkret lässt dich denn dabei an LADA denken? Ich hab mich das auch schon gefragt, hab aber von LADA eigentlich keine Ahnung.
Und dass Insulin wahrscheinlich günstiger wäre als Tabletten denke ich auch und sage ihr das natürlich auch. Aber da sie eben schon wegen den Tabletten solche Probleme hatte, will sie an Spritzen möglichst noch überhaupt gar nicht denken. ::)
Jedenfalls scheint momentan der Trend sinkend zu sein, da sie seit gestern öfter Werte unter 200 messen konnte, Azeton ist inzwischen negativ.
Ich interessiere mich weiter für eure Ideen und Erfahrungen - gerade auch von Leuten die selbst von Typ II oder auch LADA betroffen sind.
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Hallo
hm ich dachte auch nach dem Lesen an Lada, vielleicht wegen dem Azeton ? Ich bin nicht sicher.
Und ja die vorgehensweise scheint mir üblich, wenn ich mich mit anderen DMlern unterhalte. Eher scheint mir noch der Arzt deiner Mutter sehr engagiert zu sein. Es dauert ein bisschen bis die Werte runter gehen, das sollte ja auch langsam gehen, um die Augen zu schonen.
Ich weiss es nicht mehr ganz genau, kann mein Tagebuch aus der Anfangszeit gerade nicht finden, meine aber es hat einige Wochen gedauert bis meine Werte mit Hilfe von Metformin und veränderter Ernährung im Bereich von 120 bis 140 angekommen waren.
Liebe Grüsse Vera
Liebe Grüsse Vera
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Was konkret lässt dich denn dabei an LADA denken? Ich hab mich das auch schon gefragt, hab aber von LADA eigentlich keine Ahnung.
LADA (http://www.diabetes-heute.uni-duesseldorf.de/fachthemen/DefinitionKlassifikationDiagnose/sonderformen/?TextID=701) ist auch nichts anderes als ein Typ 1 Diabetes, nur dass der Autoimmunverlauf langsam und (mehr oder weniger?) kontinuierlich über Jahre hinweg geht.
Bei Deiner Mutter finde ich den Verlauf recht dynamisch, mit ausgeprägter Symptomatik. Die Reaktion auf Glimepirid hält sich nach Deiner Darstellung auch in Grenzen, die schon für einen ausgeprägteren Mangel an Betazellen sprechen.
Ebenso die doch recht ansehnliche Ketogenese, die ebenfalls für ein unzureichende basale Hemmung durch Insulinwirkung spricht. Bei Typ 2 wird in der Regel die Ketogenese durch recht hohe Insulinspiegel i. d. R. deutlich länger in Schach gehalten, während die BZ-Werte schön längst :kreisch: sind (Typ 2 kommt auch kaum in das ketoazidotische Koma Diabeticum).
Insbesondere aber hat die Mutti schon den autoimmunen Hashi in der diagnostischen Sammlung. Und wo schon ein Hashi sich wohlfühlen darf, findet auch ein zweiter Geselle vom Typ der 1er gerne noch ein lauschiges Plätzchen zum Verweilen? :zwinker:
Gruß
Joa
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Es ist ziemlich schwer für mich, meine Mutter so zu sehen, wie sie versucht, sich der Realität nicht stellen zu müssen und sich vor der Auseinandersetzung mit der Erkrankung, den Medikamenten und der Möglichkeit einer Insulintherapie so fürchtet - und das, obwohl (oder weil?) ich, ihre Tochter, seit über 30 Jahren mit Diabetes lebe... :-\
Hallo dramaqueen,
das kann ich so gut nachvollziehen! - Ich hab' meinen DM auch seit dem 9ten Lebensjahr, meine Mutter hatte ihn auch (ist an Nierenversagen kurz vor meiner Diagnose gestorben) und als mein Vater dann einen DM Typ2 bekam half gar nix... keine Hinweise meinerseits auf die Möglichkeiten guter Behandlung, die es ja inzwischen gibt und die ich für mich auch gefunden habe. Er hat irgendwie gar nix geglaubt und es war kaum möglich darüber zu reden.
Ich finde es toll dass Du d'ranbleibst! Ich drücke Dir die Daumen dass Du die richtigen Worte findest! Hat sie vielleicht Freunde die Du mal fragen könntest?
Liebe Grüße, Ade, Ina
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Wenn man auf der Tablettenschiene bleiben will könnte man noch ein Gliptin hinzunehmen. Bei dem Azeton-Befund würde ich aber doch schon mal nachsehen, wieviel körpereigenes Insulin da überhaupt noch am Start ist (C-Peptid messen) oder ob da schon ein Sekundärversagen vorliegt (was ich bei dem 1c ja schon fast sagen würde)
Zeig ihr doch mal wie sich eine Insulinkanüle anfühlt (natürlich ohne was zu spritzen!). Ich denke sie wird dann auch feststellen, das es angenehmer ist als sich in den Finger zu pieksen.
Viele Grüße,
Jörg
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Zeig ihr doch mal wie sich eine Insulinkanüle anfühlt (natürlich ohne was zu spritzen!). Ich denke sie wird dann auch feststellen, das es angenehmer ist als sich in den Finger zu pieksen.
das kann ich nur bestätigen. so hat mir meine erste diab.schulung die angst vor dem spritzen genommen. seit damals war immer die aussage von mir "sobald die medis nicht mehr wirken sofort spritzen"
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Ich danke euch nochmals sehr für eure Beiträge.
Etwas Eigenproduktion muss es aktuell offenbar schon noch geben, da meine Mutter zum Einen jetzt in den letzten Tagen kein Azeton mehr ausgeschieden hat und die BZ-Werte scheinen tendenziell zu sinken. Über 200 ist jetzt die Ausnahme, allerdings kommt weniger als 160 auch nicht vor. :(
Die Idee mit dem Spritzen ausprobieren ist glaub ich noch etwas verfrüht für ihr Empfinden. :-\
Grundsätzlich kennt sie die Sache ja nur zu gut, da sie mich damals jahrelang gespritzt hat. Ich habe ihr mehrmals während ihrem Aufenthalt erklärt, dass die heutige Diabetestechnik, Gerätschaften und Therapie mit dem Stand von 1977 gücklicherweise nicht mehr vergleichbar sind und hoffe, das ist einigermaßen glaubhaft angekommen.
Außerdem habe ich ihr auch intensiv ans Herz gelegt unbedingt weiter regelmäßig den Azeton zu testen, um eventuelle Verschlechterungen zeitnah festzustellen. Und dass eine eher frühe als (zu) späte Insulinierung überaus ratsam ist habe ich ihr natürlich auch diverse Mal erklärt. Sie wünscht sich trotzdem sehr, dass sie darum herum kommt - was wenig rational begründbar ist.
Ich bin froh, dass sie zumindest jetzt engmaschige Blutkontrollen bei ihrem Hausarzt hat und habe ihr ebenfalls geraten, einen Diabetologen aufzusuchen und/oder den genauen Diabetes-Typ noch feststellen zu lassen. Auf eine kohlenhydratarme Ernährung achtet sie ohnehin schon länger, da sie eine Art Trennkost macht und ernährungsmäßig ist sie iegentlich auch gut informiert. Ich denke, das ist zum jetzigen zeitpunkt erstmal das was ich tun kann und jetzt ist es halt an ihr, sich um die anstehenden Dinge zu kümmern. Morgen fährt sie jedenfalls nach Hause und natürlich werde ich weiterhin zumindest telefonisch dran bleiben und den aktuellen Stand erfragen.
@Hexe: dir nochmal ausdrücklichen Dank für deine Einschätzung, dass der Arzt offenbar recht engagiert vorgeht! Da ich ja nur das Vorgehen beim normalen Typ I kenne, konnte ich das so schlecht einschätzen und bin erleichtert, wenn das erfahrungsgemäß ein angemessenes Vorgehen ist. :super:
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Wollte nur noch mal den aktuellen Stand der Dinge vermelden:
Heute hat meine Mutter nun nach einer ausführlichen Diagnostik bei einer Diabetologin tatsächlich einen LADA diagnostiziert bekommen. C-Peptid war wohl relativ normal aber die Antikörper gegen β-Zellen und auch die GAD-Antikörper deutlich vorhanden. Somit hat sie jetzt einen Pen mit Insuman erhalten und soll zum Einstieg mit 6 I.E. abends anfangen. Das Metformin wird beibehalten, das Glimepirid soll sie weglassen. Ziel ist nun ein Nüchternwert unter 140 und an den soll sie sich ggf. durch langsame Steigerung der abendlichen Insulindosis herantasten. Anosnsten soll sie vor und nach den Mahlzeiten den BZ messen und kriegt wohl auch demnächst eine Schulung verpasst.
Nach wie vor fürchtet sich meine Mutter offenbar besonders vor möglichen Unterzuckerungen - ich gehe aber mal davon aus, dass die Ärztin sie auf derartige Risiken deutlich hingewiesen hätte, wenn sie verstärkt zu erwarten wären, oder?
BZ-Teststreifen kann sie jetzt ja auch problemlos verordnet bekommen und am Telefon klang sie erstmal relativ gefasst und nicht mehr so panisch wie vor ein paar Wochen noch.
Es tut mir wirklich leid für sie, dass ihr die Spritzerei nun nicht erspart geblieben ist, aber ich hoffe, sie kann sich damit bald gut arrangieren. :ja:
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Wenn man als Diabetiker gut eingestellt ist bleiben gelegentliche, leichte Unterzuckerungen nicht aus.
Wenn man als Diabetiker schlecht eingestellt ist bleiben Spätschäden nicht aus.
Bei einer Hypo kann ich TZ einwerfen, aber einen appen Fuß kann ich nicht wieder anschrauben und auch keine neue Niere wachsen lassen.
Nur so meine Gedanken dazu...
Viele Grüße,
Jörg