Diabetesinfo-Forum

Diabetesfragen => Theorie => Thema gestartet von: unknown am November 27, 2006, 21:22

Titel: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: unknown am November 27, 2006, 21:22
@all,

Ich will im nachfolgenden die Zusammensetzung der Insulinwirkzeit aus meiner Sicht beschreiben.

Die Insulinwirkzeit setzt sich wie folgt zusammen:

T + R + V + W + Z

wobei

T : Technische Abgabezeit, d. h. Abgabe in den Körper
R : Resorptionszeit , erscheinen des Insulins im Blut
V : Verzeilzeit - Insulinasenabbaurate, Insulin kommt ins Zwischenzellwasser
W : Wirkzeit an der Zellwand, Kontakt den Insulinrezeptor
Z : Wirkung im Zellinneren, Weiterwirkung in der Zelle

bezeichnet.

Typische Zeiten für die Schritte:

T : sec - Stunden  (Stunden, z. B. durch Verzögerten Bolus bei der Pumpe)
R : Minuten - Stunden
V: Halbwertszeit 20 Minuten
W: Sekunden bis Minuten
Z : Bis zu 2 Stunden.

Kurzwirkende Analoga und Humaninsulin unterscheiden sich dabei nur in der Resorptionszeit (R), wobei diese Konzentrationsabhängig ist.

Resorptionsrate für Normalinsulin bei subcutaner Anwendung:

7 IE sind nach 5h
2.3 IE (1/3) sind nach 2.5h und
21 IE in (3-fache) sind nach 10 Stunden zu 90% resobiert bzw. aus dem Depot abgebaut.

Für die schnellen Analoga sind die ensprechenden Resorptionsraten halbiert.
Räumliches Splitten der IE Gesamtmenge reduziert nur die Resoprtionszeit und hat keinen Einfluss auf den SEA bzw. DEA.

Und die Resorbtionsdauer bei i.V. Gabe sind 0 Minuten.

Grüßle

Norbert
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 27, 2006, 21:33
AAAAAADRIAAAAAN!! Dein Einsatz....  :zwinker:
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: unknown am November 27, 2006, 21:39
@Anja,

Du darfst auch teilnehmen.  ;D

@All,

Ich wünsche dann viel Erfolg beim gedanklichen und praktischen Anwenden der Formel und der Möglichkeiten die "Insulinwirkdauer" zielgerichtet zu manipulieren.

Grüßle

Norbert  
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 27, 2006, 21:47

@Anja,

Du darfst auch teilnehmen.  ;D

Adrian hat da ne ganze Menge getüfftelt. Es wär nicht nett, wenn ich das hier vorwegnehme.

Grüße
Anja
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Andi am November 27, 2006, 22:11


@Anja,

Du darfst auch teilnehmen.  ;D

Adrian hat da ne ganze Menge getüfftelt. Es wär nicht nett, wenn ich das hier vorwegnehme.


... und das Ganze dann ins WIKI reinpacken  :zwinker:


Gruß Andi
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Joerg Moeller am November 28, 2006, 12:14
'T' würde ich nicht dazurechnen, sonst könnte man auch 'K' mit reinnehmen (Aufbewahrungsdauer im Kühlschrank).
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: unknown am November 28, 2006, 13:09
Hallo Jörg,


'T' würde ich nicht dazurechnen, sonst könnte man auch 'K' mit reinnehmen (Aufbewahrungsdauer im Kühlschrank).


T muss man beim Pen oder der sofortigen Abgabe der Pume nicht beachten. (Selbst wenn das bei 10IE bei Minimed einige Minuten dauert).
Beim Verzögerten Bolus spielt T sicher in der Betrachtung eine Rolle. Schließlich wird das Depot in subcutanen Fettgewebe verzögert aufgebaut. Frage ist natürlich ob man das als liniare Befüllung des Depots und expotenieller oder wie auch immer Entlerung des Depots rechnet.

Grüßle

Norbert
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Adrian am November 28, 2006, 17:27

AAAAAADRIAAAAAN!! Dein Einsatz....  :zwinker:


Ich bin leider zur erkenntnis gekommen, dass alles zu Ungenau ist. Zumindest bei überlappendem Bolus :(

Eigentlich habe ich nur die "Faustformeln":
7IE brauchen 2,5h zur Resorbtion (KZA) und 5h  (HI).
und
3x Dosis -> 2x Resorbtionszeit.

Mathematisch umgeformt (für Beliebige auch krumme Mengen). Und dann noch die anderen Faktoren versucht abzuschätzen.
Für übliche Mengen funktioniert das auch noch ganz gut - wobei dabei nicht gesagt ist, wieviel der Wirkung schon abgeschlossen ist.
Bei kleinen Mengen Insulin ist das aber schon wahnsinnig ungenau. (Besonders, da da die BR bei Pumpis auch noch reinspielt).

Wie das bei überschneidendem Bolus ist?
Bei unterschiedlichen Spritzstellen ist das ja kein Problem - aber bei gleicher Spritzstelle?

Ich denke, es ist einfach mal gut, sich Gedanken zu machen, wie lange ein Bolus wirklich wirkt (mehr Insulin als die BR) und dann mal selber schaut, in wie weit das ganze dann noch Relevanz für einen hat.

Ich bezweifle bei mir z.B. auch, dass die Resorbtion von 5IE immer gleich ist. Es kommt darauf an, wo der Katheter sitzt, wie lange er schon sitzt, wie stabil mein Kreislauf gerade ist.

Ich nutze halt weiterhin die Formel:
Wirkzeit = 2,5*2^((ln(Dosis/7)/ln(3))) + x
mit x=0,8
um abzuschätzen, ab wann "garantiert" kein Bolus mehr wirkt, und ich korrigieren sollte bzw. sicher bin.

Bin selber etwas enttäuscht, da ich mir aus dem Lösen von Differentialgleichungen mehr erhofft hatte. :(

Dafür hat mir das Nachdenken darüber wirklich geholfen ein besseres "Gefühl" für die Wirkdauer zu bekommen. :)

LG|Adrian
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: unknown am November 28, 2006, 19:41
@Adrian,


Bin selber etwas enttäuscht, da ich mir aus dem Lösen von Differentialgleichungen mehr erhofft hatte. :(

Dafür hat mir das Nachdenken darüber wirklich geholfen ein besseres "Gefühl" für die Wirkdauer zu bekommen. :)

LG|Adrian


Wiso Differenzialgleichungen?

Grüßle

Norbert
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Milchstraße am November 28, 2006, 20:21
Mit Interesse habe ich Eure Gleichungen, Theorien und mathematischen Mutmaßungen verfolgt, aber mal im Ernst:

Hilft Euch nicht manchmal einfach nur das Gefühl weiter? Muß denn alles so kompliziert berechnet werden (hab' ich noch nie gemacht)? Macht Ihr Euch nicht das Leben etwas zu schwer?
***duck und weg****

Nix für ungut -aber ich käme auch nach super tollen Schulungen irgendwie nicht auf solche Ideen  :nein:
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: unknown am November 28, 2006, 21:14
Hallo Milchstrasse,


Mit Interesse habe ich Eure Gleichungen, Theorien und mathematischen Mutmaßungen verfolgt, aber mal im Ernst:

Hilft Euch nicht manchmal einfach nur das Gefühl weiter? Muß denn alles so kompliziert berechnet werden (hab' ich noch nie gemacht)? Macht Ihr Euch nicht das Leben etwas zu schwer?
***duck und weg****

Nix für ungut -aber ich käme auch nach super tollen Schulungen irgendwie nicht auf solche Ideen  :nein:


Der Aufbau und das Verständnis der Abfolge hilft ungemein bei der Esseninsulinierung, dem Verständnis des Vorhandenseins der Insulinwirkung, ...

Grüßle

Norbert
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 28, 2006, 22:33

Mit Interesse habe ich Eure Gleichungen, Theorien und mathematischen Mutmaßungen verfolgt, aber mal im Ernst:

Hilft Euch nicht manchmal einfach nur das Gefühl weiter? Muß denn alles so kompliziert berechnet werden (hab' ich noch nie gemacht)? Macht Ihr Euch nicht das Leben etwas zu schwer?
***duck und weg****

Nix für ungut -aber ich käme auch nach super tollen Schulungen irgendwie nicht auf solche Ideen  :nein:

Wie Adrian und Norbert schon geschrieben haben: Es hilft beim eigenen Verständnis und sich der Sachverhalte deutlich machen. Und ein ganz praktischer Punkt wäre die vorhandene Restinsulinmenge nach einem Bolus, wenn Bewegung ansteht. Die Insulinwirkung kann da bis auf das vierfache verstärkt werden und da wäre es schon schön, wenn man ungefähr eine Hausnummer hätte, wo man gerade liegt. Und für diese Restwirkungswinzmengen habe ich absolut kein Gefühl... höchstens dann, wenn ich sie ignoriert habe und in der Hypo hänge...

Grüße
Anja

Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Adrian am November 28, 2006, 23:08

Wiso Differenzialgleichungen?

Grüßle

Norbert



War irgend ein Versuch mit Halbwertzeit und einer Funktion, die gemessene Insulinpegel annähert auf die Resorption zu schließen.
Glaube ich zumindest - muss ehrlich sagen, dass war eher eine Spielerei eines befreundeten Mathematikers.
Da fällt mir ein, ich sollte mich unbedingt nochmal mit ihm treffen ;)

LG|Adrian
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Kalo am November 28, 2006, 23:09
Hallo zusammen,

also ich rechne auch gern (weil Hobby-Mathematiker) und viel, aber irgendwo hört es dann doch auf. Und dann kommt das Bauchgefühl!!! Das Ganze kann ich übrigens auch im Beruf gut verfolgen: Die ganzen Studierten rechnen auch bis zum Erbrechen, aber meistens liege ich mit meinem "Bachgefühl" trotzdem besser!!!
Gruß
Kalo
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Adrian am November 28, 2006, 23:29

Mit Interesse habe ich Eure Gleichungen, Theorien und mathematischen Mutmaßungen verfolgt, aber mal im Ernst:

Hilft Euch nicht manchmal einfach nur das Gefühl weiter? Muß denn alles so kompliziert berechnet werden (hab' ich noch nie gemacht)? Macht Ihr Euch nicht das Leben etwas zu schwer?
***duck und weg****

Nix für ungut -aber ich käme auch nach super tollen Schulungen irgendwie nicht auf solche Ideen  :nein:


Hm, meine Idee wäre: Es wäre cool, zu wissen, wieviel % des Insulins noch wirken, und wieviel schon gewirkt hat.
Die Cozmo z.B. berechnet das einfach linar über den Wirkzeitraum - was leider nicht stimmt ;(

Und berechnen lassen könnte man das ja einen Computer (PDA/Hany/...)
Interessant wäre das z.B. bei Bewegung im Wirkzeitraum. Wenn ich wüsste: "Beim Spazierengehen wirkt Insulin ca. 1.8 mal so stark wie in Ruhe", und  wüsste, dass schon 63% gewirkt hat, wenn ich losgehe, dann... evtl. muss ich ja zufuttern?

Wenn man sich das einmal ausgerechnet hat, dann könnte das alles ein Gerät machen, dass man eh ständig mit sich rum schleppt.
Man würde sich das Leben also leichter machen.

Ich habe mir ja auch unten beschriebene Formel ins Pocketexel eingetipselt und mehrfach einfach mal ausrechnen lassen, wie lange mein Bolus denn wirkt. Das hat mir dann dabei geholfen, Fehler zu finden.

LG|Adrian
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 29, 2006, 00:01

Ich habe mir ja auch unten beschriebene Formel ins Pocketexel eingetipselt und mehrfach einfach mal ausrechnen lassen, wie lange mein Bolus denn wirkt. Das hat mir dann dabei geholfen, Fehler zu finden.

So ähnlich, nur eben stark vereinfacht lief das auch beim BGAT ab... daß man einfach mal aufgemalt hat, welche Insulinwirkungen zusammenkommen und sich ggf. überlappen. Wenn man dann den Mund vom Staunen wieder zu hatte, hatte man erstmal eine Menge zu ändern ;) Und da waren die nichtlinearen Zusammenhänge noch nichteinmal berücksichtigt, sondern das ganze einfach als Dreiecke verwendet.

Grüße
Anja
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Joerg Moeller am November 29, 2006, 14:26
Diese Berechnungen liefern nur Näherungswerte, das sollte jedem klar sein. (Weil da eben nicht alle die Resorption beeinflussenden Faktoren enthalten sind)

Im übrigen ist das natürlich bei vielen von uns schon so, daß wir den Bauch entscheiden lassen. Aber umso mehr Entscheidungsgrundlagen vorhanden sind (also Wissen über die tatsächlichen Abläufe), desto genau kann der Bauch entscheiden.

Und wir haben hier im Forum auch eine Menge Profis, die wollen ihre Gedanken auch mal zur Diskussion stellen und so Erfahrungen austauschen. Damit diese doch sehr fachspezifischen Diskussionen nicht das Gefühl aufkommen lassen, daß man hier nur mit abgeschlossenem Studium teilnehmen kann habe ich ja extra dieses Board aufgemacht, in dem es nur um die theoretischen Hintergründe geht. Hier kann man mitlesen/-schreiben, muß es aber nicht unbedingt, wenn man nur nach praktischen Tips und Erfahrungen für und aus dem Alltag sucht.

Ich finde es jedenfalls gut und bereichernd, daß es dieses Board gibt, denn hier kann ich mir neue Denkanstösse holen, Sachen aus einem anderen Licht beleuchten und so verhindern, daß ich irgendwann mir selbst gegenüber "betriebsblind" werde :super:
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: sonrisa am November 29, 2006, 14:41
@ Milchstraße
Für mich ist die graue Theorie auch nix. Bin ein viel zu besonderer Mensch  ;D, als das mein Diabetes sich nach irgendwelchen Berechnungen richtet  :baeh:

Aber dafür gibt es ja jetzt hier dieses Board wo sich die Theoretiker austoben können.

lg
Hella
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 29, 2006, 15:12

@ Milchstraße
Für mich ist die graue Theorie auch nix. Bin ein viel zu besonderer Mensch  ;D, als das mein Diabetes sich nach irgendwelchen Berechnungen richtet  :baeh:

Das kann auch daran liegen, daß die Berechnungen ungenügend sind ;)
Ich habe früher auch gedacht, mein Zucker macht halt, was er will, vieles war aus meiner Sicht unlogisch und komplett anders, als man es erwartet hätte und für das, was ich nicht nachvollziehen konnte, habe ich mir halt gesagt, ist eben so und der Mensch ist halt keine berechenbare Maschine.
Dann kam Althausen. Viel Theorie, viel erklärte und in Alltagbeispiele verpackte Theorie. Und für Ereignisse, die schon mehr als 10 Jahre zurücklagen und wo ich mir halt auch gesagt hatte, daß es anders gelaufen ist, als man (ich) es erwartet hätte, gab es auf einmal Erklärungen. Der Zucker wurde berechenbarer und nachvollziehbarer, in vielen Bereichene auch vorhersagbarer.
Es ist nicht immer so, daß der Zucker unberechenbar ist... wir kennen nur nicht alle Faktoren. Je mehr Faktoren man kennt, desto dichter kommt man ans tatsächliche Ergebnis. Und das irgendwann auch nicht mehr bewußt, sondern durch lange Anwendung und Erfahrung fast automatisch.
Stell Dir Deinen BZ als Ergebnis einer Formel mit 20 Faktoren vor. Wenn Du 2 der Faktoren kennst und die anderen nicht, kannst Du genausogut würfeln. Wenn Du 10 Faktoren kennst, hast Du schon eine recht gute Chance, in die richtige Richtung zu kommen. Wenn Du von 5 weiteren zwar nicht ihren genauen Wert, aber dafür einen Bereich angeben kannst, bist Du noch dichter dran. Bei den anderen hast Du vielleicht weder einen genauen Wert noch einen Bereich, aber eine Tendenz (rauf, runter, gleichbleibend)...  
Das heißt jetzt nicht, daß ich den lieben langen Tag meine 20 Faktoren im Kopf jongliere... aber ich bin mir ihrer bewußt und wenn irgendwo im Hinterkopf irgendwo eine Stimme sagt "Du, Anja... paß ma auf", dann kann ich ihnen mehr Aufmerksamkeit widmen.

Grüße
Anja
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Der bllaue Klaus am November 29, 2006, 16:01
Also....Insulin wirkt solange wie es wirkt.  :balla:

Nein, mal Scherz beiseite. Wie Adrian schon geschrieben hat kann man es eigentlich fast
vergessen diese exakt zu berechnen. Da sind ne Menge Faktoren von abhängig.

Die Spritzstelle, der Kreislauf, die Tageszeit usw. Da spielen ne Menge Faktoren ne Role. Hab z.B. bei mir
gemerkt das wenn ich Abends so gegen 21.00 Uhr ne Spätmahlzeit zu mir nehme mit
2-3 IE Insulin, sind diese nicht bis 24.00 Uhr komplett abgebaut wenn ich ins Bett gehe
was natürlich nachts zu einer stärkeren Wirkung führt als tagsüber. Insofern denke ich, ist es
müssig die genaue Wirkzeit zu berechnen.
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: sonrisa am November 29, 2006, 16:10

Das kann auch daran liegen, daß die Berechnungen ungenügend sind ;)


 :gruebeln: Das kann gut sein. Ist aber zur Zeit für mich die bessere Methode, meinen Diabetes zu behandeln. Hatte ja lange Jahre Probleme, den Diabetes überhaupt zu akzeptieren, was u.a. dadurch kam, daß ich es am Anfang zu perfekt machen wollte und es mich sehr frustriert hat, wenn das Ergebnis nicht auch perfekt war.Da höre ich jetzt lieber mehr auf mein Bauchgefühl und ärgere mich nicht, wenn die Werte mal nicht so toll sind.  :ja:

Das heißt aber nicht, daß ich mich nicht vielleicht doch irgendwann von Euch anstecken lasse  :zwinker:
Vorerst bleibe ich stummer Mitleser!  ;D

lg
Hella
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Milchstraße am November 29, 2006, 17:44
Also..... ich möchte das auch nicht abwerten oder so. Ganz und gar nicht! Nur.... hmmm... also es gibt doch einfach so ein paar Sachen, die hab' ich eben aus der Praxis gelernt. Durch zu hohe oder zu niedrige Werte.

Bsp.: wenn ich abends 'ne gute Portion Nudeln esse, brauche ich zur Nacht hin einfach noch einen Schuß von 3 Einheiten. Sonst wird das zum nächsten Morgen hin nix mit 'nem vernünftigen Nüchternwert. Is einfach so  :ja:.

Oder wenn ich morgengs meine Radtour mit Kind und Hund mache, habe ich eben einen Faktor von 1:1 zum Frühstück, statt 1:2.

Nehme ich mir durch die Berechnungen nicht einfach ein Stück Lebensqualität oder Zeit, die ich für andere Sachen besser verwenden kann? Diabetes ist doch nicht alles im Leben....

Und mein Zucker kann ich doch auch ohne Formeln ganz gut in Griff bekommen, so daß er berechenbar bleibt oder?
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Llarian am November 29, 2006, 18:22

Also..... ich möchte das auch nicht abwerten oder so. Ganz und gar nicht! Nur.... hmmm... also es gibt doch einfach so ein paar Sachen, die hab' ich eben aus der Praxis gelernt. Durch zu hohe oder zu niedrige Werte.

Bsp.: wenn ich abends 'ne gute Portion Nudeln esse, brauche ich zur Nacht hin einfach noch einen Schuß von 3 Einheiten. Sonst wird das zum nächsten Morgen hin nix mit 'nem vernünftigen Nüchternwert. Is einfach so  :ja:.

Oder wenn ich morgengs meine Radtour mit Kind und Hund mache, habe ich eben einen Faktor von 1:1 zum Frühstück, statt 1:2.

Wenns funktioneirt, ist das ja auch in Ordnung ;)
Ich für meinen Teil mag halt auch ganz gern wissen, warum etwas wie ist und vor allem möchte ich wissen, wann eine Regel eine Ausnahme hat, damit ich dann nicht damit auf die Nase falle.

Zitat
Nehme ich mir durch die Berechnungen nicht einfach ein Stück Lebensqualität oder Zeit, die ich für andere Sachen besser verwenden kann? Diabetes ist doch nicht alles im Leben....

Sagte ich ja schon... ich lauf nicht 24h am Tag rum und jonglier meine Formeln im Kopf... dann würd ich beim nächsten über-die-Straße-gehen vom Auto überfahren, weil ich keine Zeit mehr habe, auf die Autos zu achten. Denkst Du aktiv und bewußt darüber nach, wieviel Gramm Kohlenhydrate eine Scheibe Toast hat? Bei mir läuft das auf dem Rückgrat... aber auch nur, weil ich es irgendwann vor 28 Jahren gelernt habe. Ich denke auch beim Autofahren nicht mehr darüber nach, wie ich den Blinker bewegen muß, damit es rechts blinkt... ich tue es einfach. Das war am ersten Tag in der Fahrschule nicht so  ;D Oder Schnürsenkel binden... wie lange brauchst Du jetzt und wieviel bewußte Gehirnkapazität verwendest Du daraf und wieviel hast Du beim ersten Mal darauf verwendet?
Es nimmt keine Lebensqualität, es gibt mir welche, wenn ich weiß, ich habe ein kleines Quentchen Unsicherheitsfaktor eleminiert.

Zitat
Und mein Zucker kann ich doch auch ohne Formeln ganz gut in Griff bekommen, so daß er berechenbar bleibt oder?

Mit den Formeln sind ja wie schon angedeutet keine absoluten kommastellgetreuen Wahrheiten gemeint. Und wie auch schon erwähnt sollen sie ja nicht minütlich angewendet werden, sondern dazu dienen, sich Abläufe (z.B. Zeitabläufe) besser bewußt zu machen. Diesen Ehrgeiz habe ich auch nicht bei allen Dingen... ich muß nicht wissen, was sich abspielt, wenn ich beim Autofahren einen anderen Gang einlege... ich fahre halt damit.

Grüße
Anja
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: sonrisa am November 29, 2006, 18:44
@Milchstraße
Ich handhabe das genau wie Du. Ich lerne aus der Praxis. Für mich wäre die zusätzliche Berechnung aller Faktoren auch ein Verlust von Lebensqualität. Möchte gar nicht immer so genau wissen, warum alles so ist.

So ist halt jeder anders. Zum Glück!  :ja:


 :rotwerd: ohje, jetzt diskutieren wir hier das Theorie-Board mit solchen Dingen voll. Sorry...wie, war das Thema nochmal?  :zwinker:
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Joerg Moeller am November 30, 2006, 15:17

 :rotwerd: ohje, jetzt diskutieren wir hier das Theorie-Board mit solchen Dingen voll. Sorry...wie, war das Thema nochmal?  :zwinker:


 ;D ;D

Das ist schon okay. Ich möchte auch nicht, daß hier der Eindruck entsteht, daß nur wer diese ganzen Formeln, Berechnungen, Regeln, was-auch-immer anwendet ein "guter Diabetiker" ist. Ich hab schon so meine Faktoren, die ich berücksichtige (bzw. von meiner Pumpe berücksichtigen lasse), aber im Grunde entscheidet mein Bauchgefühl.
Wenn dann aber mal etwas nicht so klappt wie erwartet, dann möchte ich manchmal wissen, woran das liegen könnte. Oft genug ist es "fehlende Disziplin" oder "BE falsch eingeschätzt".

Es kann aber auch etwas anderes sein, und dann werde ich den Schwachpunkt umso schneller finden, je mehr Variablen ich kenne und abchecken kann. Alle kenne ich bestimmt auch nicht, und dafür ist z.B. dieses Board hier gut :ja:

Aber auch dann gilt (für mich): eine einmalige Entgleisung ist irrelevant. Shit happens und das kann jedem passieren, der keine Maschine ist. Interessant wird es immer dann, wenn ich diese Entgleisung reproduzieren kann.
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Joa am März 17, 2010, 01:04
Also ich hole den Thread hier mal wieder nach oben, weil er aktuell  (3/2010) zu der von meinereiner gestellten Frage nach Empfehlungen (von Teupe) zur Vorgabe der Insulinwirkzeit bei Insulinpumpen passt.

siehe: http://www.forum.diabetesinfo.de/forum/index.php/topic,8775.msg231311.html (http://www.forum.diabetesinfo.de/forum/index.php/topic,8775.msg231311.html)

Bei den Pumpen wird die Einstellungsvorgabe der Wirkzeit eines Pumpeninsulins dazu genutzt, dem Bolusexperten der Pumpe einen Parameter zu liefern, anhand dessen der "Experte" die Größe eines Bolusvorschlages für eine aktuelle Mahlzeit, oder einen Korrekturbedarf berechnet.

Was, je nach Pumpe, durchaus auch noch erstaunlich unterschiedliche Vorschläge ergeben kann.

Wie man  hier  (http://www.diabetesnet.com/diabetes_presentations/bolusdifferencebypump.html.ppt) recht eindrucksvoll dargestellt findet.

Von daher ist es gar nicht sooo theoretisch zu fragen, wie lange denn die Wirkung eines Bolus tatsächlich anhält. Und es ist sicherlich ungemein praktisch, oder pragmatisch gesehen hilfreich, eine Idee zu haben, wie lange denn nun die Wirkung eines vorhergenden Bolus, oder gar mehrerer derselben, so Wirkung zeigen könnte.

Das muss berechnet werden.

Interessanterweise klappt das auch ohne Experten meist auch bemerkenswert gut.  ;D

Unser Zentralrechner, der zwischen den Ohren sitzende, berechnet aus der Summe der Erfahrungswerte ganz ausgeklügelte Expertenratschläge.

Und das Gehirn teilt uns aus der Summe der abgespeicherten Erfahrungsparameter meistens recht verlässlich mit, was aktuell angesagt ist.

Und wir müssen darüber dann noch nicht mal nachdenken. Das läuft intuitiv, mit einem immensen Rechenaufwand im unbemerkten Hinterstübchen. Das wird dann auch Bauchgefühl genannt.

Bolusexperten sind da nur nützliche Idioten, die dem eigentlichen Chef, unserem Gehirn, einen Anlass bieten die einzelnen Parameter, Essensmenge, Vorlaufinsulin etc. einer etwas gezielteren Prüfung zu unterziehen, und somit die unbewussten Hintergrundparameter noch mal einer Eichung zu unterziehen.

Und, unter uns gesagt, nur die wirklichen Idioten unter den Pumpenusern vertrauen einem Bolus-Experten in der Pumpe blindlings.
Wenn unser "Bauchgefühl" dem Experten widerspricht, wem leisten wir dann Folge?

Die Theoriediskussionen neigen natürlich gerne dazu, sich zu verlieren, und damit auch ihren Sinn.

Aber, wie Anja weiter oben sinngemäß meinte, sie können auch hilfreich sein, das Bauchgefühl noch präziser auszurichten, und sei es nur, dass es folglich statt in 97,5% in 98,7% der Fälle in's Schwarze trifft.

Außerdem kann die Theorie ja auch noch Spaß machen. Wenn sie nicht zu absurd wird.  :ja:

Gruß
Joa

p.s. : lektoriert wird der Beitrag evtl. später mal.
Titel: Re: "Insulinwirkzeit"
Beitrag von: Joerg Moeller am März 17, 2010, 09:23
Sagen wir mal so: ich hab meiner Pumpe gesagt, daß mein Humalog 2 Stunden wirkt. (Hintergrund: bei Humalog traue ich mir zu 2 Stunden pp schon zu korrigieren)

Und jetzt meldet die Pumpe dann auch nach 1:59, daß noch ein Bolus aktiv ist. Egal ob ich 15 IE oder 0,05 IE gebolt habe. Fazit: dieser Aspekt des Bolusrechners ist für mich unbrauchbar. Der Aspekt der mich unterstützt ist bestenfalls der "Nicht vergessen: du hast vor <2 Stunden schon gebolt"-Effekt.

Wenn es rein um die Frage geht "Wieviel Insulin habe ich noch intus, von dem eine BZ-Senkung ausgehen könnte" dann kann man das meiner Meinung nach nicht berechnen.

Die Faktoren, die das beeinflußen können sind zu viele:
- kontrainsulinäre Hormone (wer kennt schon z.B. seinen aktuellen Cortisol-Spiegel? Um nur eins aus dieser Gruppe zu nennen)
- zirkulierende und extravasal aktive "Insulinase"-Menge
- Temperatur (je wärmer, desto aktiver die Resorption)
- Injektionsort (manche sind besser durchblutet als andere)

Wie Joa schon sagte: Bauchgefühl ist wichtig. Nach einiger Zeit beobachten was der BZ tut kriegt man das früher oder später eh raus.