Diabetesinfo-Forum

Allgemeine Infos => Newsflash => Thema gestartet von: Trüffel am August 30, 2011, 22:55

Titel: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Trüffel am August 30, 2011, 22:55
Kürzlich habe ich von einer Diabetologin (selbst langjährige Typ1 Diabetikerin) die knappe Info bekommen, daß der anzustrebende Zielbereich für den HbA1c-Wert angehoben wurde. Er soll jetzt angeblich bei 7 - 7,5 % liegen.
Das hatte sie so beiläufig erwähnt, und ich habe nicht nachgefragt, wo, wann und von wem das beschlossen wurde.

Kaum daheim habe ich im Netz gegooglet, in der Hoffnung etwas darüber zu finden.
Aber nichts, überhaupt nichts war da auffindbar.

Hat einer von Euch schon was darüber gehört?

Gruß Trüffel
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Herr_Koch am August 31, 2011, 00:26
Ich finds wichtig, dass mein Blutzucker im Alltag zwischen 4 und 6 mmol/l liegt und die Ausbrüche daraus nur von kurzer Dauer sind. Der HbA1c, der sich dann daraus ergibt, ist für mich eher sekundär und richtet sich nicht nach Richtlinien. ;) Bezüglich neuer Werte hätt ich jetzt auch nichts gehört.
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Joerg Moeller am August 31, 2011, 11:46
Vielleicht hilft euch das ja weiter: http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/pressemitteilungen/aktualisierteleitlinien.php

Da wird auch erklärt warum jetzt auch 7 okay ist.

Viele Grüße,
Jörg
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: die_mone1 am August 31, 2011, 12:50
hat mir meine Diaberaterin auch gesagt. Hat die DDG so beschlossen...
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Scrat am August 31, 2011, 17:18
Wenn alles, was irgendwo beschlossen wird, richtig wäre, frage ich mich allen Ernstes, weshalb wir uns soo über "unsere" Politik aufregen. Im Link steht:
Zitat
Bisheriges Therapieziel ist, den HbA1c-Wert – also den Anteil des Blutzuckers im Blut – auf unter 6,5 Prozent zu halten. Dies ist der durchschnittliche Blutzuckerwert von Menschen, die nicht an Diabetes erkrankt sind. Bleibt der Blutzuckerwert für längere Zeit höher, erhöhen sich auch die Risiken für diabetische Folgeerkrankungen wie Schädigungen von kleinen und großen Blutgefäßen oder Nerven.
Und wenn man über Standardwerte nachliest, steht da immer, dass das Maximum bei 6,0 liegt und selbst das schon fast auf DM hinweist. Er soll also unter 6,5 bleiben, weil sonst... - nun scheint es der DDG aber mit 7,0 egal zu sein, dass die DMler Schädigungen vorprogrammieren - da fühlt man sich doch gleich richtig vertreten (und verraten...)
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Joa am August 31, 2011, 18:43
Bitte erst mal die von Jörg verlinkte Erläuterung der DDG sinnerfassend lesen und dann erst lamentieren.

Die Akzeptanz eines 1c bis 7% ist einzelfallbezogen auf Typ 2 unter bestimmten Risikofaktoren gerichtet.
Z.B. Gewichtszunahme unter schärferer Einstellung, Hyporisiko, kardio-vaskuläre Vorschädigungen etc..

Gruß
Joa
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Trüffel am August 31, 2011, 22:04
Dann wäre immer noch die Frage, für welchen Referenzbereich das gilt?  :gruebeln:

Gruß Trüffel
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Scrat am August 31, 2011, 22:08
Zitat
Die Akzeptanz eines 1c bis 7% ist einzelfallbezogen auf Typ 2 unter bestimmten Risikofaktoren gerichtet.
Was ändert es daran, dass mit dem 7er A1c die Spätschäden vorprogrammiert werden (egal, ob in Einzelfällen oder generell)? Und wer erzählt, dass ein A1c von unter 6,5 einen anderen Einfluss auf Hyporisiko, Gewichtszunahme oder kardio-vaskuläre Schädigungen hat. Und was ist eine "schärfere Einstellung", denn man redet ja von einer schlechteren als der gegebenen von unter 6,5. Aber es freut mich ungemein, dass du alles sinnerfassend gelesen und kommentiert hast!  ;)
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Joerg Moeller am September 01, 2011, 17:43
Was ändert es daran, dass mit dem 7er A1c die Spätschäden vorprogrammiert werden (egal, ob in Einzelfällen oder generell)?

Sagt wer? 1c>6,5=Spätschäden ist eine Milchmädchenrechnung! Ob es zu Spätschäden kommt hängt nicht allein vom 1c ab, sondern auch von der genetischen Prädisposition und anderen Faktoren.

Zitat
Und wer erzählt, dass ein A1c von unter 6,5 einen anderen Einfluss auf Hyporisiko, Gewichtszunahme oder kardio-vaskuläre Schädigungen hat.

Die UKPDS-Studie z.B.

Zitat
Und was ist eine "schärfere Einstellung"

Eine bei der das 1c schärfer angegangen wird. Lies mal die Studien die in dem Artikel genannt werden.

Und sooo neu ist das ganze auch nicht. Die Aktion 'Gesünder unter 7' gibt es schon länger.

Viele Grüße,
Jörg
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Scrat am September 01, 2011, 19:20
Sagt wer? Die nicht vorhandenen diab. Spätschäden der Nicht-Diabetiker! Selbstverständlich spielen die genetischen Prädisposition und anderen Faktoren eine Rolle, aber wer von den Diabetikern kennt die? Und wenn ich schon "geschädigt" bin (Hyporisiko, Gewichtszunahme oder kardio-vaskuläre Schädigungen), dann sollen die durch einen höheren A1c forciert werden? Kann ich echt nicht nachvollziehen. Sinnvoller wäre doch eine "gesunde" BZ-Einstellung, Ernährungsumstellung und Behandlung der vorhandenen Schädigungen, oder sehe ich das völlig falsch? Wer sich natürlich einen A1c unter 6,5 mit ständigen Hypos erkauft, tut sich logo nix Gutes, aber wo steht geschrieben, dass ein HbA1c von 6,0 mit ständigen Hypos einhergehen muss und geht? Und im Link steht auch:
Zitat
Wie ein Patient im Einzelfall behandelt wird, bleibt aber auch mit der aktualisierten Leitlinie die Entscheidung des behandelnden Arztes. Vor dem Hintergrund der ausgeprägten Heterogenität des Typ 2-Diabetes kann eine Leitlinie nur den Rahmen setzen und Handlungspfade aufzeigen, innerhalb derer der Arzt mit dem Patienten die individualisierte Therapiestrategie umsetzen sollte.
Daraus lese ich, dass letztlich das Patient-Arzt-Team entscheidet, was für den Patienten gut und machbar ist und ich mich frage, wozu es dann eine "neue" Richtlinie geben muss (zumal es ja angeblich eh Einzelfälle sind)?
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Nedingsnäs am September 01, 2011, 22:04
Ich les das so: es geht um ein paar typ 2er, bei denen man die Senkung um weitere 0,5 % nur mit unverhältnismäßig starken Eingriffen hinbekommt. Wenn man mit der Maximaldosis Metformin bei 6,9 landet, muss der Arzt jetzt nicht unbedingt noch was dazugeben, um bei 6,4 zu landen.

Liebe Grüße
Nedingsnäs
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Joerg Moeller am September 02, 2011, 11:09
Ich les das so: es geht um ein paar typ 2er, bei denen man die Senkung um weitere 0,5 % nur mit unverhältnismäßig starken Eingriffen hinbekommt. Wenn man mit der Maximaldosis Metformin bei 6,9 landet, muss der Arzt jetzt nicht unbedingt noch was dazugeben, um bei 6,4 zu landen.

Genau so ist es!

@Scrat: natürlich ist ein normwertiges 1c eine feine Sache und es geht nicht darum das kpnstlich anzuheben, wenn jemand es problemlos erreicht. Es geht darum nicht mit aller Macht ein normwertiges 1c zu erreichen, weil auch die eingesetzten Medikamente nicht ohne sind. Auf gut deutsch: nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen!

Viele Grüße,
Jörg
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Scrat am September 02, 2011, 16:00
Dem stimme ich natürlich voll zu! Denn schon in der abgebrochenen ACCORD-Studie erhielten ja Patienten im intensivierten Therapiearm oft wenig untersuchte Vielfachkombinationen von teilweise fünf unterschiedlich wirksamen Antidiabetika. Hier wäre wahrscheinlich weniger mehr gewesen. Mich hat halt einfach gewundert, dass die DDG einem höheren A1c zustimmt (bei den genannten Patienten), anstatt zu "fordern", dass die Therapie sinnvoll geändert wird (wie auch immer)...
Zitat
Wenn man mit der Maximaldosis Metformin bei 6,9 landet, muss der Arzt jetzt nicht unbedingt noch was dazugeben, um bei 6,4 zu landen.
Das lese ich so, dass es für den Arzt einfacher ist, statt Insulin zu geben, einen höheren A1c hinzunehmen (ist jedoch meine Ansicht als 1er - bei den Behandlungsmethoden der 2er klemmt's etwas!). Aber okay, glauben wir halt, dass die vorgeschlagene Verfahrensweise richtig ist...
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Nedingsnäs am September 02, 2011, 18:04
bei den Behandlungsmethoden der 2er klemmt's etwas

Das scheint mir was dran zu sein, geht mir aber nicht andersrum nicht anders. Es sind halt wirklich zwei ziemlich unterschiedliche Krankheiten mit zufällig dem gleichen Namen.

Die Insulinversorgung ist nicht das erste Mittel der Wahl, wenn Metformin nicht reicht. Ich versuche mir das mit der Insulinresistenz der Typ 2er  zu erklären. Warum in ein Fass ohne Boden immer weiter Wasser reinschütten?

Aber bei der Vielzahl der T2er (10% der Bevölkerung??) ist das ganz sicher auch ein Frage der Wirtschaftlichkeit. Insulinversorgung bedeutet nunmal Pens, Testreifen, Messgeräte usw. Man kann sich ausrechnen, was teurer ist: Die Versorgung oder die Behebung der Schäden bei einigen.

Liebe Grüße
Nedingsnäs
Titel: Re: Neuer Zielbereich für HbA1c
Beitrag von: Joerg Moeller am September 05, 2011, 11:25
Die Insulinversorgung ist nicht das erste Mittel der Wahl, wenn Metformin nicht reicht. Ich versuche mir das mit der Insulinresistenz der Typ 2er  zu erklären. Warum in ein Fass ohne Boden immer weiter Wasser reinschütten?

Ja, sehe ich auch so. Insulin ist nunmal ein anaboles Hormon und da halten sich viele Ärzte gern zurück, wenn es noch andere Optionen gibt. Nicht zu vergessen die Pat. die sich vor dem Spritzen müssen schauen.

Und natürlich steht immer auch die Kostenfrage im Raum (Insulinspritzende Diabetiker müssen ja auch neu geschult und anders betreut werden), auch wenn ich nicht glaube daß das bei den Überlegungen der DDG eine entscheidende Rolle spielt.

Wir müssen uns mal davon lösen, daß es immer um das Bestmögliche geht. Das ist nämlich fast immer deutlich kostenintensiver als das medizinisch ausreichende.

Viele Grüße,
Jörg