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Marathon-Event für Laufsporterfahrene
vehikelneuling:
Hallo Laufsportfreunde mit Handycap,
bei meinem letzten Marathon bin ich ziemlich ins schwimmen gekommen, deshalb moechte ich vielleicht mal einen Austausch anstoßen.
Zur Einleitung möchte ich erwähnen, dass ich sehr viel trainiert habe fuer meinen letzten Marathon (ca. 120 Wochenkilometer), also aus meiner Sicht gut vorbereitet war.
Mein Ziel war es unter drei Stunden zu laufen.
Meine Trainingsleistungen haben auch gepasst, so glaube ich.
Leider führe ich kein Trainingsbuch, wo ich die Details dokumentiere.
Wie habe ich mich vorbereitet fuer die 42.195m?
Ich habe mich grob nach einem offenen Trainingsplan gerichtet, welcher eine Zielzeit von 2:54 hatte, also zwei Stunden und 54 Minuten.
Meine Trainingszeiten waren dementsprechend, ich habe Tempolaeufe ueber die Halbmarathondistanz in 1:20irgendwas gestoppt.
Habe die langen Laeufe allerdings erweitert, bin die letzten Wochen einmal woechentlich eine volle Marathondistanz gelaufen, nicht nur 30km.
Alles war am Tag X gerichtet.
Als es dann losging am Vortag, habe ich das obligatorische Carboloading bei mir zuhaus veranstaltet, habe soviele Kartoffel zu Brei verarbeitet, wie ich essen konnte. Die ausreichende Menge Insulin war kein Problem. Leider habe ich mit Nudeln nur Probleme, die verstoffwechseln ewig. Bin da schon boese ueberrascht worden, bin mit BZ Werten nahe 400mg/dl aufgewacht am Starttag. Dies obwohl ich nach acht Stunden einen normalen BZ hatte. Deshalb verzichte ich seitdem auf Pasta.
Bin also am Marathon Starttag mit einem BZ von 85mg/dl um 4:00Uhr aufgewacht.
Dann habe ich 8BE gefruehstueckt mit normaler Insulindosis.
Um 7:00 habe ich nochmals gemessen, weil ich die Basalrate runtergestellt habe auf 50% fuer die naechsten 6 Stunden, BZ 137mg/dl.
Um 8:57Uhr habe ich direkt an der Startlinie mit einem anderen Messgeraet, welches ich mir habe schicken lassen, einen BZ von 142mg/dl gemessen. Das Messgeraet habe ich mir schicken lassen, weil es eine Trommel mit 17 Teststreifen hat, damit ich während des Marathons BZ testen kann ohne anzuhalten. Die Teststreifen waren also gesponsert!
Ich im gleichen Moment meine Sport-BEs zugeführt, einen 4BE Getraenkemix, bestehend aus 0,5l Wasser mit exakt 48g Maltodextrin19, etwas Zitrone und Salz. Diese Maßnahme ist trainingserprobt.
9:00Uhr Start
Bemerkte bei Km 8, dass etwas nicht stimmt, BZ 261mg/dl
Leider habe ich ein extrem schmales BZ-Band, in welchem mein Koerper die im Augenblick geforderte Leistung bringt. Gefordert werden im Augenblick 4:10min/km oder 14,4km/h.
Gebe sofort 0,5IE Insulin ab.
Leider brauche ich eine etwas langsamere Gangart
Km 10 erste Zwischenzeit 43:irgendwas, habe nur eine Minute verloren, Zielzeit ist noch erreichbar.
km15 BZ 197mg/dl
Eigenverpflegung 4BEs Maltodextrin19 kuerze ich auf nur 3 BEs
km 20 BZ 113mg/dl leider meldet der Koerper eine Hypo! (Schwindel, weiche Knie etc.)
Keine Chance weiterzulaufen, am Erfrischungsstand zugreifen, nun muss geschaetzt werden, ca. 2BEs Isogetraenk, ca. 1BE Banane in Teilen, 1BE Dextro (10g).
Nach kurzer Pause weiter.
Halbmarathon 1:35,irgendwas (die Zeit ist fast kaputt, muss 'nur' 5min aufholen)
BZ fast ok. 142mg/dl nochmals eine BE Dextrose
km 26 Beine werden schwach, typisches Zeichen fuer mich, dass der BZ viel zu niedrig ist. BZ 94mg/dl eine BE Dextrose
kurze langsamere Phase
km30 ca. eine BE Cola zur Vorsicht, weil der Koerper zu wenig BZ meldet
km35 99mg/dl 2BEs Cola (leider wieder langsame Phase, weil Koerper streikt)
plus 4 BE Maltodextrin19
km42,195 Ziel BZ 126mg/dl (leider ist die Zeit im Eimer, 3:18 oder drei Stunden und 18 Minuten)
Nochmals die Teststreifen waren gesponsert, aber wie haltet Ihr Laufsporterfahrenen euren BZ in dem Bereich, in welchem Ihr Topleistung bringt?
Wie sehen Eure Probleme im Detail aus oder habt Ihr gar keine?
Wuerde mich ueber ein paar ehrliche Antworten freuen.
Andreas:
Hm ...
Das mit dem um vier Uhr aufstehen, habe ich auch mal gemacht - aber inzwischen sein gelassen: Den Bolus um 4:00 bemerke ich nämlich noch während des gesamten Laufs (und das, obwohl doch Humalog und co. so schnell abgebaut sein sollen). Daher: Ich "frühstücke" bei einem Marathon drei BEs vor dem Lauf ohne Bolus (ansonsten habe ich die gleichen Faktoren wie Du), bei einem Ultra auch mal sechs BEs mit einem Bolus von zwei bis drei IE, dann futter ich aber auch ab Kilometer 10, um nicht runter zu sacken (was ja bei so langen Strecken gar nicht schlecht ist ...).
Meine Basalrate reduziere ich unmittelbar vor dem Lauf (sonst steigt mein BZ nach dem "Frühstück" in den 400er Bereich), aber inzwischen nur noch um 30%, meine normale Basalrate enthält schon sehr viel Sport durch das tägliche Training.
Der entscheidende Unterschied ist aber der Bereich, in dem ich laufe: Meine (mit deutlich weniger Training gelaufene) Marathonbestzeit liegt bei 3:19 und ich bemerke nicht, dass ein BZ von z. B. 350 meine Leistung (sprich Tempo) minimiert. Sicher, den strebe ich auch nicht an, aber bei einem BZ von 250 würde ich zunächst noch nicht eingreifen, sondern noch 5 km warten und schauen, wie er sich verhält: Sinkt er während den 5 km -> o.k., bleibt er oder steigt -> eine halbe IE (so wie Du es getan hast), aber dann weiß ich, dass dieser Mini-Bolus 5 BE fordert, also eine Überkorrektur (bei mir: 4 IE für die Korrektur und 1 BE, die ich noch futtern muss - bei einem idealen BZ von 150 während des Marathons hieße das 3 BE essen).
Aber der entscheidende Unterschied ist, dass ich - in der Regel - für einen 200er-BZ nicht mit Tempo bezahle, sieht man einmal von den Kosten der erhöhten Wasseraufnahme (alle 5 km ein Becher, sonst deutlich weniger) ab. Die Gefahr ist vor allem das Dehydrieren bei hohem BZ, weniger die Leistung. - Ist das vielleicht ein psychisches Problem? "Mit 250 kann ich nicht laufen ..." Ich weiß von anderen, die behaupten, gerade dann am schnellsten zu sein ...
So weit erst einmal, aufgrund meiner Ultra-Geschichten dieses Jahr hatte ich nicht vor, die drei Stunden zu knacken - aber nächstes oder übernächstes Jahr soll das auch mal sein ...
Und überhaupt: 3:18 finde ich auch richtig gut! Herzlichen Glückwunsch!
vehikelneuling:
Hallo,
einen Dank schon mal, dass du geschrieben hast.
Ist es die Psyche, welche mich hindert mit hohem BZ zu laufen?
Ich denke nicht, obwohl das nicht ausgeschlossen werden kann.
Ich habe mein BZ Leistungsband genau eingrenzen koennen, diese Erkenntnisse resultieren aus dem jahrelangen Training.
Ich trage die Pumpe nun schon knapp drei Jahre, seitdem reagiere ich sehr empfindlich auf BZ Schwankungen. Ich spuere Hypos wieder, welche ich vorher nicht mehr wahrgenommen habe, auch spuere ich hohen BZ sehr deutlich.
Beim Sporten habe ich daraus ein BZ Leistungsband von minimum 140mg/dl bis absolutes maximum von 220mg/dl geschlussfolgert. Mein optimaler BZ im Bereich Sport liegt bei genau 180mg/dl, bei diesem Wert ist mein Koerper megaleistungsfaehig. Beim Laufen merke ich das sofort, wenn ich in diesen Bereich komme, das ist wie eine Lachgaszufuhr beim Verbrennungsmotor. In diesem Bereich kann ich Profitempo (20km/h) laufen. Ich kann allerdings auch mit einem BZ von ueber 300mg/dl laufen, aber nicht mehr mit einem Tempo unter 5:00km/min.
Sicher hast du recht, ich haette mit dem Insulin warten sollen oder nicht auf die eine BE verzichten sollen. Sicher bin ich auch nervoes gewesen, denn ich habe den Zuglaeufer entschwinden sehen. Zudem muss ich gestehen, dass ich keine Trainingserfahrungen in diesem Zeitfenster (von 9Uhr bis 13Uhr) habe.
Vor dem Dehydrieren habe ich keine Angst, denn ich fuehre bis Km 15 einen Liter Wasser mit Salz zu.
Ich habe mir natuerlich auch sehr viele Gedanken gemacht, wie ich die Probleme bzw. Problemchen minimieren kann.
Zum einen in dem Zeitfenster trainieren, aber am Wochenend, wo ich die langen Laeufe mache bzw. gemacht habe, schaffe ich es nicht um 4:00Uhr aufzustehen.
Es ist auch sehr hilfreich, dass andere oder zumindest ein Anderer auch mit dem BZ kaempft.
Vielleicht antworten noch mehr Leser zu dem Thema, es wuerde mich freuen.
Andreas:
Kann ja auch wirklich sein, dass Du leistungsmäßig auf BZ-Schwankungen reagierst ...
Meinen zweiten Marathon bin ich - ungewollt - mit einem durchschnittlichen BZ von 320 gerannt und habe ihn, warum auch immer, nicht durch zwei Boli herunter bekommen (während des gesamten Laufs habe ich keine Kohlenhydrate zu mir genommen). Dennoch war es meine damalige Bestzeit mit etwas über 3:30. Laufen wollte ich unter 3:30, aber 5 km vor dem Ziel habe ich noch an einem IDAA-Stand (Berlin-Marathon) einen Blut-Keton-Test gemacht und telefoniert, wie ich mit dem Ergebnis umgehen soll. Mein Lauftempo hatte bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht gelitten.
Meinen 1:29 Halbmarathon bin ich auch streckenweise mit 250 gelaufen.
Aber wie gesagt, jeder reagiert anders ...
Gruß, Andreas
diotmari:
--- Zitat von: vehikelneuling am September 16, 2008, 09:28 ---.... aber nicht mehr mit einem Tempo unter 5:00km/min.
--- Ende Zitat ---
Also, ich werd schon grün vor Neid, wenn ich sehe WIE einige zu sportlichen Höchstleistungen fähig sind!
Aber Ferrari-Tempo laufen? :kratz: :duck: :wech:
Viele Grüße
Dietmar
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