Autor Thema: Kohlehydrate versus Blutzucker  (Gelesen 17714 mal)

guest4390

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Kohlehydrate versus Blutzucker
« am: September 18, 2020, 19:28 »
Wie verändert sich bei euch der BZ im Verhältnis zur KH-Menge? Gibt es bei euch Konstanten oder reagiert der Körper total unterschiedlich?
Wieso ich darauf komme? Ich hatte heute ein Highlight was ich schon lange nicht mehr hatte, völlig unverhofft gabs einen 2stelligen BZ Wert.

05.00 - 10 mg Prednisolon
09.00 - 189 mg/dl
10.00 - Metformin - Lust auf Frühstück ist mir in Anbetracht des Wertes vergangen
12.00 - 151 mg/dl
13.00 - Kräuterquark 200 g - KH 9g
15.30 - 86 mg/dl  - Joghurt KH 6g
16.30 - 107 mg/dl
19.00 - Metformin Ich hatte Kohldampf 1 Scheibe Vollkornbrot mit Fleischkäse und einem Spiegelei, ca. 24 KH, bin gespannt auf den BZ
20.00 - 121 mg/dl ich hab mit deutlich mehr gerechnet

Einen 2stelligen Wert habe ich seit Wochen nicht mehr gesehen, vor allen Dingen nicht um diese Uhrzeit. Das fehlende Frühstück ist eher nicht die Ursache weil ich das schon seit Wochen so mache. Wenn ich die hohen Werte sehe macht mein Magen dicht.

Warum wird dann von so einem kleinen Joghurt mit 6 KH der Wert um gut 20 nach oben geschoben? Ist das bei euch auch so, dass selbst so kleine KH Mengen den BZ hoch schieben? OK es waren niedrige GI aber in einer geringen Menge. Davon abgesehen erfahre ich solche Reaktionen auch bei Lebensmitteln mit hohem GI.

Offline Gyuri

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #1 am: September 19, 2020, 02:17 »
 :kratz: Da ich mit Insulin mehr oder weniger aus Erfahrung hantiere und unter dem Strich (siehe Langzeitwert) gar nicht so schlecht damit liege, mache ich mir über einzelne Veränderungen überhaupt keine großen Gedanken. Ich beobachte also nicht einzelne Werte, sondern nur das "große und ganze" Verhalten meiner durchschnittlichen Tageskurven (und natürlich deren Streuungen über einen längeren Zeitraum!). Bei der Aufnahme von KH bin ich bemüht immer ähnliche Portionen einzuhalten, was mir die "Berechnung" meines Insulinbedarfs ungemein erleichtert. So erhalte ich auch meinen Faktor (= Insulineinheiten / KE) mit dem ich dann rechnen muss, wenn ich mal mehr oder weniger essen will. Ob es zwei- oder dreistellige Ergebnisse bei einzelnen Messungen gibt spielt bei mir überhaupt keine Rolle … so lange ich meine Zielbereiche nicht dauerhaft verlasse.
Diese wären zurzeit BEI MIR: präprandial 60 bis 140mg/dL und postprandial ca. 100 bis 180mg/dL.

Ach ja, eine Faustregel habe ich mir von meiner Diabetologin gemerkt. "Wenn der Zucker zwei Stunden nach dem Essen nicht mehr als um 40mg/dL steigt, hat man kaum einen Fehler gemacht."
Sie dachte dabei aber mehr an den eigenverantwortlichen Einsatz von schnellem Insulin.

Da du praktisch nur Metformin schluckst, kannst du auch nicht so direkt deine Verläufe steuern.
Das wirst du auch mit der Beachtung eines GI allein nie hin bekommen … sag ich mal. Ich betrachte den GI genauso wie die Ernährungspyramide nur als "gut gemeinten Rat" von Ernährungsberatern, besonders dann, wenn nicht mit Insulin gesteuert wird.

Ich meine, sehe zu, dass du dich immer in einem (von wem auch immer) gesetzten Wunsch-Zielbereich aufhältst und halte dich nicht so sehr mit starren Wunschzielen auf. Es gibt (mindestens) tausend unerkannte Störfaktoren und jede voreilige Veränderung löst nur noch mehr Unsicherheit aus.
Sieh zu, dir einen Speiseplan zusammen zu stellen, der zu dir passt und lerne dann, welche Mengen für dich verträglich sind.
Allzuviele Rechnereien führen zu nichts besonders dann nicht, wenn man ständig an allen Schrauben gleichzeitig dreht.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Gyuri

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #2 am: September 19, 2020, 02:35 »
Gerade fällt mir auf…  :zwinker:
(…)
19.00 - Metformin Ich hatte Kohldampf 1 Scheibe Vollkornbrot mit Fleischkäse und einem Spiegelei, ca. 24 KH, bin gespannt auf den BZ
20.00 - 121 mg/dl ich hab mit deutlich mehr gerechnet
(…)
Schau doch mal (besonders nach viel Fett und/oder Eiweiß) erst zwei bis fünf Stunden nach dem Essen auf deinen Blutzucker. Nur schneller Zucker wird auch wieder schnell abgebaut. Fett und Eiweiß lässt sich zwar nicht direkt berechnen, es wird aber auch irgendwann mal verstoffwechselt.
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Archimedes

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #3 am: September 19, 2020, 07:36 »
Fett und Eiweiß lässt sich zwar nicht direkt berechnen, es wird aber auch irgendwann mal verstoffwechselt.

Moing Gyuri

Ich habe mal schnell geschaut. Ich hatte mal im Hinterkopf behalten, dass dies wohl geht, aber ich nutze FPE-Berechnung nicht, um mich in der Spur zu halten.
Freilich weiß ich, dass nach einem 'intensiven' Grillabend ich keine perfekten Morgenwerte zu erwarten habe.

Um aber mal einen Überblick zu bekommen, packe ich einfach mal Leselinks hier mit rein, als ich nach 'berechnung von fpe' suchte:
- https://www.mysugr.com/de/blog/fpe-das-schleichend-langsame-diabetes-monster/
- https://www.mein-buntes-leben.de/artikel/diabetes-und-fett-protein-einheiten-fpe-wer-sie-wie-berechnen-sollte
- https://www.diabetes-online.de/a/fett-und-eiweiss-berechnen-aber-wie-1684036

Ein jeder Artikel beschreibt es etwas anders, aber wir wissen auch, dass es keinen 'Einheitsdiabetiker' gibt  8)
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Offline Floh

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #4 am: September 19, 2020, 11:06 »
Zitat
Wie verändert sich bei euch der BZ im Verhältnis zur KH-Menge? Gibt es bei euch Konstanten oder reagiert der Körper total unterschiedlich?

Um kurz auf die Originalfrage zurück zu kommen: Der grundsätzliche Zusammenhang "mehr KH bedeutet höherer BZ" ist immer gleich. Da darf sich nichts ändern, ohne das komische Dinge passieren - Aliens, Zauberei, so was.

Ich denke zwei Dinge sind aber trotzdem von Bedeutung, die hier noch nicht angesprochen waren:

1) Wenn die Menge an KH zu groß wird, gehen die KH irgend wann nicht mehr sofort in Blut. Das verzerrt. Bei mir liegt die Grenze bei 120g KH pro Stunde - mehr bekomme ich nicht ins Blut (und bei einer großen Pizza/Nudel/Sushi-Portion kann man das schon mal knacken).

2) Die Uhrzeit spielt eine wichtige Rolle. Bei Pumpenträgern sieht man das an der Basalrate. Häufig ist dies Morgens (um die Zeit des Aufstehens und kurz davor) und Abends höher als Mittags und Nachts. Wenn du noch eigenes Insulin produzierst bedeutet die zusätzliche Resistenz (das ist es meiner Ansicht nach, was am Morgen und Abend den Insulinbedarf erhöht), dass zu diesen Zeitpunkten die gleiche Anzahl an KH den BZ weiter steigen lassen würde.

Also Beispiel: 2 BE um 6.30h des Morgens -> der Blutzucker steigt mehr als 2 BE um 14.00h.

Das ergibt nur dann Sinn, wenn da Insulin mitspielt: sonst müsste sich die Glukose im Blut und Zwischenzellwasser und Rest des Körpers immer gleich verteilen. Du nimmst ja nicht über den Tag plötzlich 20kg zu.

Offline Andi

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #5 am: September 19, 2020, 12:07 »
Also Beispiel: 2 BE um 6.30h des Morgens -> der Blutzucker steigt mehr als 2 BE um 14.00h.

Morgens gibt es ja auch noch das Thema DAWN und Aufstehphänomen.
DAWN bedeutet den Anstieg des BZ in Abhängigkeit des Zeitpunktes Hinlegen/Einschlafen
Aufstehphänomen trifft bei mir zu und entsteht, wenn ich den Körper auf die Bettkannte in die Senkrechte bring.

Zu beiden Zeitpunkten ist die Insulinwirksamkeit reduziert und muß therapiert werden.
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guest4390

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #6 am: September 19, 2020, 17:37 »
Schau doch mal (besonders nach viel Fett und/oder Eiweiß) erst zwei bis fünf Stunden nach dem Essen auf deinen Blutzucker. Nur schneller Zucker wird auch wieder schnell abgebaut. Fett und Eiweiß lässt sich zwar nicht direkt berechnen, es wird aber auch irgendwann mal verstoffwechselt.
Hab ich gemacht. Um 24.00 war der BZ bei 126. Hast sich also ungefähr gehalten, was auch typisch ist für die Tageszeit. Da wird die Resistenz nicht mehr massiv vom Cortison beeinflusst. Vor 1 Jahr hatte ich zu dem Zeitpunkt noch einen BZ von 70-80 bei kh-reicherer Ernährung ;-) 50-60 mg/dl oben drauf durchs Cortison waren da noch nicht so tragisch.

Mit den Werten von gestern könnte ich auch gut leben, wenn es denn mit einem Frühstück bei den Werten bleiben würde.

Am Dienstag steht das Gespräch mit meiner Ärztin an.
Ich habe mich jetzt entschieden, dass ich mit Insulin arbeiten möchte. Die Betazellen mit anderen Medikamenten ausquetschen bis zum geht nicht mehr halte ich vorr allem auch nach den tollen Informationen hier im Forum, nicht für sinnvoll, zumal ich damit den Einsatz von Insulin nur hinauszögere. Die negativen Effekte des Betazellen ausquetschens hab ich auf dem Schirm. Da hatte Joerg einiges zu geschrieben.

Zuerst möchte ich testen, ob ich mit Hilfe von Insulin zumindest wieder ein sehr moderates Frühstück zu mir nehmen kann, ohne die 200 zu übersteigen. Vielleicht hätte das dann auch den positiven Effekt, dass die Betazellen noch genug Insulin produzieren können, damit im späteren Tagesverlauf kein Eingreifen mehr notwendig ist. Aber das wäre Wunschtraum. Wenn das nicht der Fall ist, müßte ich dann auch zu späteren Tageszeiten korrigierend eingreifen.

Als Insulin möchte ich ein recht kurzzeitig wirkendes Insulin einsetzen. Da muß ich mich jetzt noch genau einlesen bezüglich den aktuellen Insulinen, da ich gut 5 Jahre aus der Materie raus bin. Ziel ist, wieder ein HBA1 von höchstens 6,0 zu haben.

Ich muß dann nur meine Ärztin davon überzeugen. Sie kennt mich zum Glück schon viele Jahre.

guest4390

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #7 am: September 19, 2020, 17:40 »
Morgens gibt es ja auch noch das Thema DAWN und Aufstehphänomen.

Das ist mir bekannt. Ich bin Typ3e, Cortison ist für meine Problematik verantwortlich. Ich nehme das Cortison ca. gegen 5 Uhr morgens und schlafe dann weiter. Das Cortison schiebt mir meinen BZ um 50--60-70 mg hoch, ergo kann ich nicht erkennen, ob andere Phänomene eine Rolle spielen.

Offline Gyuri

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #8 am: September 20, 2020, 00:42 »
(…)
Als Insulin möchte ich ein recht kurzzeitig wirkendes Insulin einsetzen. Da muß ich mich jetzt noch genau einlesen bezüglich den aktuellen Insulinen, da ich gut 5 Jahre aus der Materie raus bin. Ziel ist, wieder ein HBA1 von höchstens 6,0 zu haben.

Ich muß dann nur meine Ärztin davon überzeugen. Sie kennt mich zum Glück schon viele Jahre.
Da bin ich ja mal gespannt, wie deine Erwarungen erfüllt werden …
(Ich meine nicht die Forderung nach Insulin! Das habe ich damals nach einem Jahr ohne Medikamente und nur mit einer Art Diät genauso gemacht … und prompt Insulin bekommen.  8) )

Nicht nur ob es überhaupt funktioniert, sondern auch, was deine Diabetologin zu HbA1c ≤6,0% meint.
Dieses Ziel werden dir nahezu alle Ärzte versuchen auszureden.

Es ist aber auch eine Frage des Alters. Da ich bald 68 Jahre alt "jung" bin, genügt den Ärzten ein Ziel ≤7,4% … was ich auch "locker" erreiche.

Bei meiner Auswerte-Software (LibreView) werden andere, detaillierte Ziele (für Typ 1 und 2) als anstrebenswert erachtet:


Diese Ziele werden auch locker erreicht, wenn der Langzeitwert deutlich über 6,0% liegt. Sie sind aber (so meine ich) in ihrer Summe viel sinnvoller als nur ein einziger Durchschnittswert wie das HbA1c, weil auch die Streuung eingegrenzt wird.

Gruß vom Gyuri
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was sich nicht messen lässt.“

Archimedes

guest4390

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Re: Kohlehydrate versus Blutzucker
« Antwort #9 am: September 20, 2020, 02:11 »
Als Insulin möchte ich ein recht kurzzeitig wirkendes Insulin einsetzen. Da muß ich mich jetzt noch genau einlesen bezüglich den aktuellen Insulinen, da ich gut 5 Jahre aus der Materie raus bin. Ziel ist, wieder ein HBA1 von höchstens 6,0 zu haben.

Was ich für Ziele habe, lege immer noch ich alleine fest. Ich denke. 6.0 ist nicht weltfremd. Ich bin übrigens 62 Jahre alt und habe keinen Bock auf Komplikationen, zumal ich die von Berufs wegen auch über viele Jahre ständig vor Augen hatte. Sollte ich die 6,0 nicht erreichen, hätte ich auch kein Problem damit. Dann ist es eben so.

Ich gehöre zu den Menschen, die sich selbst eine Meinung bilden, sich Wissen dazu aneignen und vor allem aufs Bauchgefühl hören. In einer 15 jährigen Rheumakarriere, wo man zum Spielball einer Uniklinik wird, lernt man so einiges, vor allem auch, sich durchzusetzen, wenn man der Überzeugung ist, dass etwas nicht in positivem Sinne verläuft.

Die Erfahrungen mit meiner Hirntumorproblematik hat mich nur noch bestärkt darin. Wenn ich auf meine Ärzte gehört hätte, würde ich vermutlich total depressiv in einer Ecke herum vegetieren.
Für mich ist das Glas immer halb voll.

Zahlt dir die Kasse das Freestyle Libre System? Was hast du unternommen um das durchzusetzen?