Autor Thema: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?  (Gelesen 3239 mal)

Offline Das Smul

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Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« am: Mai 23, 2020, 14:03 »
Hallo liebes Forum!

Zu uns: mein Sohn (18Monate) ist recht frisch diagnostiziert. Er hat eine Pumpe fürs feinere Skalieren der abzugebenen Insulineinheiten.

Das Kind isst natürlich nicht alle 3 Stunden, sondern nimmt hier ein Mäusebiss, stillt da ne Runde und will plötzlich, unbedingt, lautstark ein Stück Apfel.

Man sagte mir im Krankenhaus,  man solle die 'Häufung' von zuviel Insulin meiden, weil die Zellen dann aufgehen würden? Wuä?

Kann mir jmd erklären, was damit gemeint ist und welche Vorgänge da geschehen?  Ich würd es gerne verstehen.

Was damit nicht gemeint ist, ist, dass ein neuer BZ-Wert erst 3 Std nach letzter Insulingabe aussagekräftig ist. Das ist mir klar.

Gemeint ist, dass es bspw. um 8Uhr ein Korrekturbolus gab, weil BZ nachm Aufwachen sehr hoch, dann um 8.30Uhr Frühstück, dann um 9.15Uhr ne kleine Stilleinheit, um 10.45Uhr ein Stück Durchhalte-Apfel und um 11.30 Uhr Mittag
Und jeweils eine Bolusabgabe, die dazu führt, dass sich das Insulin häuft bzw. überlagert.

Was ist daran schlecht? Bzw. Was passiert biologisch? Was sind die Nebenwirkungen von diesem 'ständigen' abgeben?

Anmerkung: wir können immer erst nachm Essen Insulin abgeben, weil das Essverhalten vom Smul so unberechenbar ist.

Danke euch!

Offline Joerg Moeller

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #1 am: Mai 23, 2020, 16:37 »
Und jeweils eine Bolusabgabe, die dazu führt, dass sich das Insulin häuft bzw. überlagert.

Was ist daran schlecht? Bzw. Was passiert biologisch? Was sind die Nebenwirkungen von diesem 'ständigen' abgeben?

Hallo und willkommen hier bei uns im Forum! :hallo:

Was genau die damit gemeint haben kann ich natürlich nicht wissen, aber ich könnte mir höchstens vorstellen, dass da von einer "antrainierten" Insulinresistenz die Rede ist.
Das Insulin im Blut gelangt ja zu den Zellen, dockt dort am Insulinrezeptor an und verschwindet dann zusammen mit dem Insulin ins Innere der Zelle. Dort setzt es dann wie geplant eine Kaskade in Gang, mit der Glukosetransporter die Zelle für Glukose öffnen. Der Insulinrezeptor bleibt dann erstmal eine Zeitlang im Inneren der Zelle, bis er wieder in die Zellwand "eingebaut" wird. Und in dieser Zeit ist er für weitere Insulinmoleküle nicht verfügbar; die haben dann also weniger Rezeptoren, an denen sie andocken können. Das ist dann eine Zeit der relativen Insulinresistenz. (https://flexikon.doccheck.com/de/Insulinresistenz und siehe dort unter Ursachen "Verminderte zelluläre Expression von Insulinrezeptoren")
Aber die ist wie gesagt nur relativ und nicht absolut, wie z.B. beim Typ-2 Diabetes. (Bei dem es aufgrund einer genetischen Veranlagung zu wenig Insulinrezeptoren geben kann)

So wie ihr das macht ("um 8Uhr ein Korrekturbolus gab, weil BZ nachm Aufwachen sehr hoch, dann um 8.30Uhr Frühstück, dann um 9.15Uhr ne kleine Stilleinheit, um 10.45Uhr ein Stück Durchhalte-Apfel und um 11.30 Uhr Mittag
Und jeweils eine Bolusabgabe") sehe ich da aber kein großes Problem; das würde jeder Typ-1 Diabetiker auch so machen. Problematisch könnte es werden, wenn ihr dazwischen auch Korrektur-Boli geben würdet. Daraus könnte sich dann nämlich eine unerwünschte Überlagerung ergeben. Ohne Korrektur-Boli nicht, denn da haltet ihr ja nur das Gleichgewicht zwischen gegessenen Kohlenhydraten und Insulin (Das nennt man auch Glukose Homöostase).
KH und Insulin sollen sich ja die Waage halten, d.h. lege ich auf der einen Seite etwas (KH) drauf, muss ich auf der anderen Seite auch etwas (Insulin) drauflegen.
Man muss nur berücksichtigen, dass man niemals in ein noch laufendes Wirkprofil von Insulin hinein korrigiert. Einen Bolus, der nur weitere KH abdecken soll, die man beim letzten Bolus noch nicht eingerechnet hat, ist okay. Damit macht ihr ja nur das, was die gesunde Betazelle auch machen würde.

Allerdings gilt auch, das Kinder nicht einfach nur kleine Erwachsene sind. Da gibt es teilweise eigene Regeln zu beachten. Und mit denen hab ich keine Erfahrung, daher rate ich euch, mal in diesem Forum anzufragen: Klick hier
Dort findet ihr viele Eltern von diabetischen Kindern, die das alles aus eigener Erfahrung kennen.
Nicht falsch verstehen: ihr seid hier herzlich willkommen und allgemeine Fragen können wir hier auch beantworten. Aber bei speziellen, auf Kinder bezogene Fragen, fehlt uns hier ein bisschen die Erfahrung.

Viele Grüße
Jörg
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Offline Das Smul

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #2 am: Mai 23, 2020, 20:09 »
Lieber Jörg,
Herzlichen Dank. Das andere Forum durchgeister ich auch schon. Aber ich mag deine Art zu Schreiben und Herzuleiten so gern. Du sprichst quasi eine für mich sehr gut verständliche Sprache: klar, fundiert, klug und auch witzig.

Ich frag aber drüben auch nochmal. Danke für die Hilfe 👋😊
Schönen Abend!

Offline Oggy

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #3 am: Mai 23, 2020, 20:14 »
Abend und herzlich Willkommen
Zum allgemeinen Verständnis bitte mal die Info Seiten verfrühstücken.
Und bei Fragen gerne fragen - bei Erklärungen ist Jörg unschlagbar  ;D
Grüße

Oggy
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Offline Das Smul

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #4 am: Mai 23, 2020, 21:49 »
Danke Oggy. Hatte ich schon gemacht

Offline Joerg Moeller

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #5 am: Mai 25, 2020, 12:22 »
Danke für die Hilfe 👋😊

Jederzeit gerne!

Und frag doch beim nächsten Arztbesuch mal, was die damit meinen, das würde mich jetzt auch interessieren.
Oder wie Du es nach deren Ansicht besser machen könntest (wie gesagt: Ich persönlich sehe da nichts Falsches daran).

Viele Grüße
Jörg
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Offline Das Smul

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #6 am: Mai 26, 2020, 22:54 »
Guten Abend,

Ja das erfrag ich nochmal und erstatte Bericht, wenn es sinnig war!

Schön' Gruß!
« Letzte Änderung: Mai 27, 2020, 12:43 von Das Smul »

Offline Joerg Moeller

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Re: Überlagerung von Insulin soll vermieden werden?
« Antwort #7 am: Mai 27, 2020, 13:33 »
Okay, und das mit dem aktiven Insulin sehe ich genauso wie Du.

Wenn ich mittags einen BE-Faktor von 2 habe und mir nach dem Mittagessen noch nach einer Kugel Eis mit einer BE ist, dann geb ich mir dafür 2 IE und dann passt das schon. Wie viel noch vom Mittagessen aktiv ist, ist da irrelevant. 4 BE = 8IE und 5 BE = 10IE. Ob ich jetzt 10 oder 8 plus 2 spritze ist gehupft wie gesprungen.

Im Grunde ist hier 8+2 sogar besser, weil es dann nicht so lange wirkt wie 10 auf einmal. Der Grund dafür ist, dass Insulin erstmal verdünnt werden muss, damit die Insulinmoleküle klein genug sind, um ins Blut übergehen zu können. Und es dauert natürlich umso länger, je größer die Menge ist, die verdünnt werden muss.

Ausführlicher kann man das auf der Seite hier im orangenen Kasten "Die Resorption" nachlesen: https://www.diabetesinfo.de/fortgeschrittene/therapie/korrekturinsulin.html

Diese Angaben zu "aktivem Insulin" sind sowieso nur eine grobe Schätzung, da die Resorption von vielen Faktoren abhängig ist.
Zum Beispiel vom Flüssigkeitszustand des Körpers. Jemand der schon ziemlich ausgetrocknet ist, wird länger brauchen, das Insulin ausreichend zu verdünnen.

Oder auch von der Temperatur: Wenn es im Winter kälter wird, dann zentralisiert der Körper das Blut. Er stellt die kleinen Gefäße enger, damit vor allem die lebenswichtigen Organe ausreichend durchblutet werden (da übernimmt das Blut dann ja auch die Aufgabe des Wärmehaushalts).
Aber wenn die äußeren Gefäße in der Haut weniger durchblutet werden, dauert es auch länger, bis das Insulin resorbiert wird.
Genau das Gegenteil im Sommer oder wenn man in der Sauna war.

Viele Grüße
Jörg
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