Autor Thema: Freestyle Libre II zeigt völlig verkehrte Werte gegenüber der Blutmessung an  (Gelesen 53219 mal)

Offline Gyuri

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Hallo Gyuri

es ist schon amüsant, wieviel Aufwand Du in die Vergleiche der deiner Meinung nach "unwichtigen" Meßwerte steckst. (…)
DAS stimmt so nicht!  :zwinker:

Gezielte Messdaten haben zumindest bei mir immer einen Hintergrund und sind dann auch nicht "unwichtig".
Unwichtig sind in meinen Augen nur Werte, mit denen man nichts verändern/nachbessern/erreichen/erkennen kann. Beim HbA1c trifft das z.T. zu. Aufgrund dieses nur selten gemessenen Wertes kann ich überhaupt keine gezielten Maßnahmen ergreifen weil ich keine Möglichkeit habe, diesen Wert zu beobachten wenn ich an irgend einer Schraube drehe.
Sehr wohl mag ich aber an Verlaufskurven erkennen, was sich tagsüber verändert, wenn ich anders spritze und/oder anders esse und trinke. Gerade bei meiner Frau sehe ich auch Auswirkungen von Mahlzeiten lange nachdem ein schnelles Insulin sicher keine Wirkung mehr hat. Mit einzelnen blutigen Messungen hin und wieder kann man das einfach nicht, auch wenn du so gute Werte sicherstellen kannst.
Ich weiß bei mir: ich muss in aller Regel nichts korrigieren obwohl mir Trendpfeile, Alarme und farbig unterlegte Einzelwerte zu Aktionen raten. Egal ob nach oben oder unten … nach vielleicht 2 Stunden ist alles wieder normal - ganz ohne Korrektur. Wer mir das nicht glauben will, dem kann ich mit meinen Verläufen zeigen, dass das immer klappt. Irgendwelche Einzelmessungen können so etwas nie darstellen. Und darum "brauche ich" eine permanente Aufzeichnung. Mir kommt es nicht so sehr auf ein "absolut genaues" Ergebnis an, aber sehr auf eine relativ sichere Dauerkurve.

Im Prinzip kann man das mit FSL2 nahezu erreichen … wären da nicht die vielen kleinen Stolperfallen, die dem Otto-Normal-Nutzer nicht auffallen. Dexcom G6 haben wir jetzt 10 Tage getestet und ich bin von der besseren Datenerfassung überzeugt.

Als dieses Thema gestartet wurde, war an G6 noch gar nicht zu denken und an FSL3 auch noch nicht. FSL2 zeigt aber NORMAL keine "verkehrten Werte" wenn man sich darüber im Klaren ist, dass man das Messverfahren nicht einfach mit einem ganz anderen Messverfahren vergleichend bewerten darf.

Ich will aber FSL2 an dieser Stelle nicht unbedingt verteidigen. Es war gut, so lange es nichts vergleichbares gab. Die Zeiten sind aber vorbei.
Gruß vom Gyuri
„Miss alles, was sich messen lässt,
und mach alles messbar,
was sich nicht messen lässt.“

Archimedes

Offline Gyuri

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Noch ein Grund, der Sache mit der "Zuverlässigkeit" der Messmittel nachzugehen.

Am 28.3. versprach uns die neue Ärztin in der Diabetologie sich um den Wechsel für meine Frau von FSL2 zu Dexcom G6 zu kümmern und uns demnächst anzurufen.
Eine Zusage blieb bis jetzt aber leider aus.  :nein:

Jetzt habe ich das alles noch etwas aufbereitet um es einem/r Arzt/in zu erklären  :rotwerd:
und ein längeres Email verschickt.

Ich glaube, wenn ich in der Diabetologie nur sage: "Freestyle Libre II zeigt völlig verkehrte Werte gegenüber der Blutmessung an" habe ich ganz schlechte Karten zu einen Wechsel zu Dexcom G6.

Es wird zwar von Dexcom auch für Typ2 beworben, in den meisten Köpfen geht aber die Meinung um, dies sei nur etwas für Pumpenträger.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Kladie

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Hi Gyuri

orginal Gyuri:
Zitat
Ich weiß bei mir: ich muss in aller Regel nichts korrigieren obwohl mir Trendpfeile, Alarme und farbig unterlegte Einzelwerte zu Aktionen raten. Egal ob nach oben oder unten … nach vielleicht 2 Stunden ist alles wieder normal - ganz ohne Korrektur. Wer mir das nicht glauben will, dem kann ich mit meinen Verläufen zeigen, dass das immer klappt. Irgendwelche Einzelmessungen können so etwas nie darstellen. Und darum "brauche ich" eine permanente Aufzeichnung. Mir kommt es nicht so sehr auf ein "absolut genaues" Ergebnis an, aber sehr auf eine relativ sichere Dauerkurve.

Wenn Du auf die Einzelwerte verzichten kannst weil Du genau weisst was bei dir BZ-mäßig passiert, dann ist es nur noch reine Neugier die Kurven zu sehen oder es ist eine Art Selbstbestätigung alles richtig gemacht zu haben. Genau das meinte ich mit meinem letzten Threat. Wozu brauchst Du eine permanente Aufzeichnung? Wenn Du diese Kurven nicht hättest, wären wieder Einzelmessungen notwendig. Wofür wären die gut? Bei mir reicht die Nüchternmessung und vielleicht noch eine Messung vor der Hauptmahlzeit. Alles andere behandele ich genau wie Du ohne Verunsicherung durch FSL oder dem für mich viel zu teuren Dexcom.

Sinnvoll ist ein CGM wenn der BZ nicht genau genug vorhergesagt werden kann und/oder auf zu hohe oder zu niedrige Werte reagiert werden muss ==> also korrigiert werden sollte. Das trifft auf mich nicht zu und auf dich auch nicht wenn ich das richtig verstanden habe.

Wohlgemerkt das gilt nicht für deine Frau.

Offline Gyuri

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(…)
Wenn Du auf die Einzelwerte verzichten kannst weil Du genau weisst was bei dir BZ-mäßig passiert, dann ist es nur noch reine Neugier die Kurven zu sehen (…)
Ich kann auf Einzelwerte weitgehend verzichten, das stimmt.
Gerade beim FSL und FSL2 hat ein Einzel-Scan oder auch eine blutige Messung überhaupt nichts mit dem Verlauf zu tun.

Dieser Verzicht klappt aber nur, wenn ich die Tagesverläufe im einzelnen UND "gebündelt" als Tagesdurchschnitt mit den Abweichungen zu jedem Zeitpunkt sehe.



Bei FSL2 und LibreView sieht es ähnlich aus … wenn man danach sucht, bei Dexcom Clarity übrigens auch. Dexcom hat aber noch eine weitere Info die man nicht unterschätzen sollte!



An jeder beliebigen Stelle eines Verlaufs (Scan is' ja nich'  :zwinker: ) kann man schauen, wie es zu dem Protokoll kam. FSL und FSL2 lässt einen da "dumm sterben" und man kann sich manchmal nur wundern, wie die widersprüchlichen Trendpfeile entstehen können.
Ich könnte -zig Begebenheiten zeigen, zu denen der Trendpfeil nicht zur Verlaufskurve passte.

Also: Um die richtigen Maßnahmen in einem größeren Zeitraum zu ergreifen um mir dann einen anderen Spritz/Ess - Faktor für eine bestimmte Tageszeit einfallen zu lassen verwende ich NIEMALS einen Einzelwert.
Um einen für MICH feststehenden Faktor zu errechnen ist es immer wieder nötig den durchschnittlichen Verlauf zu kontrollieren. Und dass geht nur mit aussagekräftigen Messreihen.
Seit längerer Zeit bin ich bei mir mit einem Faktor 4 - 3 - 3 sehr gut gelaufen.
Meine Frau hatte zuletzt 5 - 5 - 7 und hatte am Abend erschreckend hohe Werte. Da sich bei ihr eine Wirkung durch viele KE erst viel später einstellt (mit Einzelmessungen könnte man das nie sicher sehen) drehte ich ihr Fakoren "einfach" um auf 7 - 5 - 5. Und siehe da: alles wurde schlagartig besser.

Einzelmessungen möchte ich als Maßnahme in diesen Zusammenhängen direkt ausschließen!
Hier können nur permanente Aufzeichnungen helfen.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Kladie

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Hallo Gyuri,

Ich kann es gut verstehen, daß Du neugierig bist und ununterbrochen kontrollieren möchtest ob Du etwas verändern könntest....

orginal Gyuri:
Zitat
An jeder beliebigen Stelle eines Verlaufs (Scan is' ja nich'  :zwinker: ) kann man schauen, wie es zu dem Protokoll kam.

Mich z. B. interessiert das auch überhaupt nicht, genau wie die Einzelwerte. Es gehört schon "Mut zur Lücke" dazu, sich darauf zu verlassen alles richtig zu machen. Wie ich schon geschrieben habe, spritze ich z. B. nüchtern immer 15 IE Humalog, warte einen bestimmten SEA ab und frühstücke dann. Ob mein BZ vor dem Frühstück weit genug runter war, oder nach dem Frühstück etwas zu hoch geht ist für mich nicht mehr meßwürdig. Ich verlasse mich darauf, daß ich in meinem selbst gesteckten Rahmen bleibe. Alle 3 - 5 Monate sehe ich dann am HbA1c ob sich etwas wesentliches geändert hat. Bisher brauchte ich nichts zu verändern.
Ähnlich mache ich es vor den anderen Mahlzeiten.

Wozu brauche ich Kurven, Perzentilaussagen oder Meßvergleiche wenn das Ergebnis auch ohne großen Aufwand stimmt.


orginal Gyuri:
Zitat
Also: Um die richtigen Maßnahmen in einem größeren Zeitraum zu ergreifen um mir dann einen anderen Spritz/Ess - Faktor für eine bestimmte Tageszeit einfallen zu lassen verwende ich NIEMALS einen Einzelwert.
Um einen für MICH feststehenden Faktor zu errechnen ist es immer wieder nötig den durchschnittlichen Verlauf zu kontrollieren. Und dass geht nur mit aussagekräftigen Messreihen.

Ich habe noch nie einen Faktor berechnet weil sich bei mir die Insulinempfindlichkeit minütlich und kontinuierlich verändert. Solche Faktoren wäre nur Mittelwerte vergleichbar mit dem HbA1c und danach richte ich meine Therapie auf keinen Fall. Der HbA1c ist für mich nur eine Kontrolle ob sich wesentliche Parameter grundsätzlich geändert haben. Dann müsste ich wieder öfter messen und vielleicht ein CGMS einsetzen.

Wie ich an anderer Stelle schon mal versucht habe zu erklären: Welchen Faktor müsste ich ansetzen wenn ich bei nüchternBZ = 100 mg/dl 15 IE Humalog spritze und ich nach 15 Minuten immer noch 100 mg/dl habe. Weitere 15 Minuten später 92 mg/dl und weitere 15 Minten später 68 mg/dl messe.
Durch ausprobieren weiss ich heute wann ich frühstücken kann bzw. muss um eine gute Stunde nach den Essen die BZ Spitze unter 160 mg/dl zu halten. Wenn ich das sehen will, brauche ich ein CGMS aber notwendig ist es nicht weil ich meinen BZ Verlauf kenne auch ohne ihn zu sehen.

Das alles ist übrigens auch der Grund warum ich auf das FSL verzichte. Die Meßwerte (Kurven) waren so daneben, daß der HbA1c bis auf 5,9% gestiegen ist. Eine Veränderung von 0,5% habe ich nicht toleriert und mich deshalb wieder auf die gute alte Blutmessung besonnen.

Offline Gyuri

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(…) Welchen Faktor müsste ich ansetzen wenn ich bei nüchternBZ = 100 mg/dl 15 IE Humalog spritze und ich nach 15 Minuten immer noch 100 mg/dl habe. Weitere 15 Minuten später 92 mg/dl und weitere 15 Minten später 68 mg/dl messe.
(…)
:kratz: Mit den Daten kann man gar keinen "Ausgangsfaktor" bestimmen … den man dann, über längere Zeit beobachtet, zwecks optimierung korrigieren könnte … falls er nicht passt.

Der Faktor = IE / KE.
Wenn der bei mir in der Früh bei 4 liegt, bedeutet das einfach, ich schätze meinen KEs und multipliziere sie mit 4 um zu wissen, wie viel schnelles Insulin ich spritzen muss. Einen Spritz-Ess-Abstand gibt es bei mir nicht, weil ich meine durchschnittlichen Verläufe sehr gut beobachten kann und weiß, dass ein SEA oder auch ein ESA nichts bringt, ganz im Gegenteil.
Ferner weiß ich, dass es bei mir auch nicht ratsam ist, etwas nach zu spritzen, wenn ich meine KEs unterschätzt habe. Ohne lückenlose Beobachtung des Verlaufs kann man das nie gezielt raus bringen. Du hast aus meiner Sicht nur das Glück, immer die gleichen KE zu gleichen Zeiten einzunehmen und kannst so immer das gleiche spritzen … weil du irgendwann auf deinen optimalen Faktor gekommen bist, selbst wenn du keinen Faktor ausrechnen musst, weil ja immer alles gleich läuft.

Meine Frau spritzt (offiziell) stur nach Schema und müsste sich da auch um keinen Faktor kümmern, falls sie sich immer schön an die 5 KE pro Mahlzeit hält. Tut sie das nicht, müsste sie dann zur nächsten Mahlzeit entsprechend mehr oder weniger spritzen. Das ist zwar grundlegend falsch, weil man begangene Fehler nicht bei der nächsten Mahlzeit ausgleichen kann  :balla: es ist aber für jene einfacher zu handhaben, die nichts rechnen können/wollen.  :rotwerd:
Aus diesem Grund wurde in Bad Mergentheim auch geschult, wie man in dem Schema auch bei abweichenden Mahlzeiten (in Menge uund/oder Zeit) sich was ausrechnen können. Im Prinzip wird da auch mit einem Faktor (versteckt im Schema) gerechnet, auch wenn es nicht allen bewusst ist.

So oder so kann man bei seinen erprobten Faktoren gut leben … bis sich die Werte (auch Langzeitwerte) verschlechtern.

Mit Faktoren wurde aber schon lange vor der kontinuierlichen Aufzeichnung gearbeitet. :gruebeln:
Ich kann es mir nur nicht so recht vorstellen, wie man da aus gelegendlichen Blutmessungen gezielt auf seinen optimalen Faktor kam.
Gruß vom Gyuri
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Hallo Gyuri,

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Einen Spritz-Ess-Abstand gibt es bei mir nicht, weil ich meine durchschnittlichen Verläufe sehr gut beobachten kann und weiß, dass ein SEA oder auch ein ESA nichts bringt, ganz im Gegenteil.
Deine Vorgehensweise wäre nichts für mich, weil das Insulin bei mir erst nach ca. einer halben Stunde beginnt Wirkung zu zeigen. Würde ich keinen SEA einhalten wäre der BZ schon fast bei 200 mg/dl wenn das Insulin anfangen würde zu wirken. Wir habe also sehr unterschiedliche Herangehensweisen, denn ich spritze immer die gleiche Menge und variiere nur die Zeit zwischen Injektion und Essensbeginn. Ich denke ich habe wesentlich weniger Aufwand weil ich überhaupt nichts beobachten oder rechnen muss und erziele trotzdem ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis. Jedenfalls wenn ich den HbA1c als Langzeitmaßstab nehme.

Vielleicht bin ich ja auch kein richtiger Diabetiker so wie es mein Diabetologe schon mal sagt. Aber das wäre mir dann auch recht!