Autor Thema: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen  (Gelesen 11632 mal)

Offline Schottenclan

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Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« am: September 11, 2018, 08:33 »
Hallo zusammen, ich wende mich an Euch, da ich recht verzweifelt bin. Mein Mann (67 Jahre) hat seit 16 Jahren Diabetes Typ 1. Durch den Antrag auf Verlängerung personenbeförderungsschein verlangt das Landratsamt ein Gutachten über Fahrtauglichkeit sonst wird der Führerschein eingezogen. Das hätte für uns absolute verheerende Folgen. Sein Diabetologe hat ihm telefonisch das Gutachten gleich verweigert wenn er auch nur eine Unterzuckerung hat. Nun misst er aber seit Jahren mit dem freestyle libre und sehr oft sind die messunterschiede sehr groß. Ab und an hat er  blutig gegen gemessen, aber eben nicht immer. Auch werden in der Nacht oft sehr niedrige Werte angezeigt, obwohl nicht gemessen wurde. Was können wir noch tun? Kennt sich jemand mit der rechtlichen Lage aus? Können die ihm nach den vielen Jahren einfach den Führerschein einziehen? Ich hoffe auf viele konstruktive Vorschläge und Meinungen und bedanke mich schon mal ganz herzlich.

Offline Joerg Moeller

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #1 am: September 11, 2018, 11:13 »
Fachmann für die Juristerei bin ich zwar nicht (und eigene Erfahrungen hab ich auch nicht), aber ich habe mal gelesen, dass nicht jeder Arzt so ein Gutachten ausstellen kann, es müsse schon jemand mit der Zusatzqualifikation "Verkehrsmedizin" sein. (https://www.fuehrerscheinfix.de/verkehrsmedizin/)

Ihr könntet also ggf. damit auch zu einem anderen Arzt gehen.

Wenn es um Diabetes und Recht geht, dann empfehle ich diese Website: https://www.diabetes-und-recht.de/
Der Anwalt dort ist selbst Diabetiker, kennt sich also ziemlich gut aus.

Viele Grüße
Jörg
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Offline Schottenclan

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #2 am: September 11, 2018, 16:09 »
Vielen Dank für deine schnelle Antwort  :super:

Offline Dirk B.

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #3 am: September 11, 2018, 19:07 »
Man muss auch wissen das der Sensor in der Nacht, je nachdem wie stark das Gewebe zum Beispiel beim Seitenschläfer, komprimiert wird niedrige Werte anzeigt. Das bedeutet das wenn der Sensor am rechten Arm pappt und ich schlafe auf der rechten Seite und liege ganz oder teilweise z.B. mit dem Kopf auf dem Arm im Bereich wo der Sensor klebt zeigt er niedrigere Werte an. Das kann die auch die Hotline von FSL bestätigen.

Liebe Grüße

Dirk
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Offline LordBritish

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #4 am: September 12, 2018, 10:45 »
Mein Diabetologe hatte mir mal vor Jahren gesagt, wenn das Attest von ihm nicht mehr reicht, muss ich zu einen Verkehrsmediziner gehen.
Das was er darf/kann hat er mit dem Attest/Bescheinigung gemacht.

Das Attest vom Verkehrsmediziner soll nicht günstig sein.

Die CGMS-Systeme sind gut, doch muss man die Werte immer im Zusammenhang sehen mit Bewegung und KH-Zufuhr.
Aussagekräftiger wird der Wert mit einer zusätzlichen BZ-Messung und ist auch wesentlich aktueller.
Nicht jedes System ist gleich (gut) sprich z.B. Libre oder Dexcom.

Die Interpretation brauchte auch bei mir einige Wochen, doch mittlerweile komme ich gut zurecht.

Die genauere Dokumentation z.B. mit SiDiary kann ich aus eigener Erfahrung empfehlen, die Dokumentation braucht man fürs Strassenverkehrsamt dann  i.d.R. sowieso.

Mit dem Personenbeförderungsschein kenne ich mich nicht aus, doch z.B. benötigt die Klasse CE z.B. ab einen bestimmten Alter ebenso ein ärztliches Attest, vermutlich ähnlich wie der Personenbeförderungsschein.


Viele Grüße
Markus

Offline Schottenclan

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #5 am: September 12, 2018, 15:46 »
Vielen Dank Markus. Wo ist denn der Unterschied zwischen der Auswertung von dem Libre Messgerät und der App SiDiary? Wird die Auswertung von dem freestyle Messgerät nicht akzeptiert? Er hat schon ein paarmal mit dem freestyle libre blutig gemessen. Die Werte waren teilweise sogar doppelt so hoch, aber die Unterzuckerung wird ja trotzdem vom Sensor angezeigt

Offline Floh

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #6 am: September 12, 2018, 16:08 »
Die Dokumentation mit SiDiary (oder jedem anderen Tagebuch - auch in Papierform) ist deswegen sinnvoll, weil dort nicht nur Blutzuckerwerte drin stehen sollten, sondern auch Insulinmengen und besondere Vorkommnisse.

So kann man dem Arzt/Gutachter relativ leicht darstellen, dass die Werte nicht zufällig zustande kommen, sondern eine planvolle Behandlung des Diabetes stattfindet. Insbesondere etwa auch, dass vor Fahren (egal ob privat oder dienstlich) etwa der Blutzucker besonders eng kontrolliert wird, im Zweifelsfall vorsorgliche Zusatz-BE eingeworfen werden und mögliche nächtliche Unterzuckerungen - zum Beispiel aus einem verschätzten Essen in einem unbekannten Restaurant - keinen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben.

Darum geht es ja dem Verkehrsgutachten vor allem: Es sollen keine durch den Diabetes bedingten Unfälle auftreten. Ganz ehrlich: diese Herangehensweise begrüße ich sehr.

Es wird also bei einem anderen Mediziner als eurem Diabetologen vielleicht gar nicht so sehr um eine 100% unterzuckerungsfreie Einstellung gehen (obwohl das möglich wäre - dazu aber bitte an eine kompetente Person wenden), sondern um eine gut kontrollierte Einstellung. Und die ist nur mit (leider) praktisch lückenloser Dokumentation nachweisbar. Berufsdiabetiker sozusagen. Freut euch: die selbe Dokumentation taugt dann ganz hervorragend für Pumpen- und CGM-Antrag. Da will die Krankenkasse ähnliches.

Offline Schottenclan

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #7 am: September 12, 2018, 16:55 »
Na dann weiss ich jetzt schon das mein Mann so einen Aufwand nicht betreibt. Nicht jeder Mensch dokumentiert sein Leben am PC, Laptop oder Handy .... Und mein Mann mit fast 68 Jahren schon gar nicht. Schöner Schlamassel  :-\

Offline Kladie

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #8 am: September 12, 2018, 17:35 »
Hallo Schottenclan,

da bleibt wohl nur auf das Libre als Meßsystem gänzlich zu verzichten. Zumindest bei den Aufzeichnungen für den Gutachter.

Da es Zitat "absolute verheerende Folgen" hat, ist die BZ Kontrolle incl. Aufzeichnungen mit einem normalen BZ Meßgerät das kleinere Übel - oder nicht? Ich habe die Nutzung des Libre auch beendet weil es zum Teil miserable Meßwerte zur Verfügung stellt. Anders geht es wohl nicht.

Offline Gyuri

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Re: Messungenauigkeit mit verheerenden Folgen
« Antwort #9 am: September 12, 2018, 20:17 »
An anderer Stelle habe ich schon mehrfach betont, dass man die Messergebnisse aus dem Libre nicht mit blutigen Messungen vergleichen darf.

Hier geht es jedoch um Sesselpupser mit denen man noch viel weniger über Messmethoden diskutieren kann. Es nützt reichlich wenig, bei offensichtlich unbegründeten Hypo-Warnungen entsprechende Gegenmessungen mit blutigen Messmitteln das Libre diesbezüglich in Frage zu stellen … obwohl es Daten liefert die mir viel wichtiger wären als ein einzelner Blutwert.

Selbst in meiner Diab-Praxis wurden meine Gegenmessungen (auch im Libre) bei Hypowarnungen überhaupt nicht beachtet. Da waren "ganz einfach" soundsoviel Prozent der Werte zu niedrig, obwohl die blutige Messung ganz "normale" Werte ergaben. Automatismus von angelerntem Personal, das sich nicht um die Hintergründe kümmert!

Stünde mein Führerschein auf dem Spiel, würde ich nicht zögern, andere Messungen zu protokollieren und das Libre einfach verschweigen - bis die Sache ausgestanden ist.  :zwinker:
Gruß vom Gyuri
„Miss alles, was sich messen lässt,
und mach alles messbar,
was sich nicht messen lässt.“

Archimedes