Autor Thema: Ist hoher Blutzucker nicht Ursache sondern Folge der Erkrankung?  (Gelesen 9196 mal)

Offline Tarabas

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https://www.laborpraxis.vogel.de/ist-hoher-blutzucker-nicht-ursache-sondern-folge-der-erkrankung-a-697135/

Zitat
Insulinresistenz und erhöhte Blutzuckerspiegel gelten als Ursache eines Typ 2-Diabetes. Doch Heidelberger Wissenschaftler liefern nun Hinweise darauf, dass es sich ganz anders verhalten könnte: An Fliegen zeigen sie, dass erhöhte Spiegel des Stoffwechselprodukts Methylglyoxal die diabetestypischen Entgleisungen des Stoffwechsels auslösen und zu Insulinresistenz, Fettleibigkeit und erhöhten Zuckerwerten führen.
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Offline Kladie

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Zitat
Insulinresistenz und erhöhte Blutzuckerspiegel gelten als Ursache eines Typ 2-Diabetes

Ein erhöhter Blutzucker ist die Ursache für Type 2 Diabetes? Ich denke, das ein erhöhter Blutzucker das Ergebnis eines Type 2 Diabetes ist. Obwohl nicht so richtig definiert ist ab wann es einen Type 2 Diabetes gibt, ist diese Betrachtungsweise für mich nicht zwingend. Genau so gut könnte man behaupten erhöhte Insulinspiegel sind die Ursache für Diabetes Type 2.

Da stellt sich mir wieder die Frage was war zuerst da: Huhn oder Ei.

Da sind die Links von Renato seriöser. Glücklicherweise brauchte ich mich über dieses Thema noch nicht intensiv zu kümmern.

Offline Tarabas

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Zitat
Insulinresistenz und erhöhte Blutzuckerspiegel gelten als Ursache eines Typ 2-Diabetes

Ein erhöhter Blutzucker ist die Ursache für Type 2 Diabetes? Ich denke, das ein erhöhter Blutzucker das Ergebnis eines Type 2 Diabetes ist.

Das wurde in der Tat sehr komisch formuliert. In der Sache geht es aber wohl um Methylglyoxal als Folge oder Ursache. Wobei gemeint war wohl, daß/ob hoher BZ Folge oder Ursache für Folgeschäden bzw eben eine Erhöhung des Methylglyoxal ist. Da wurde wohl massiv zusammengekürzt.
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Offline Joerg Moeller

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...gemeint war wohl, daß/ob hoher BZ Folge oder Ursache für Folgeschäden bzw eben eine Erhöhung des Methylglyoxal ist. Da wurde wohl massiv zusammengekürzt.

Yep.
Ich hab dazu gestern was auf der Diabetesinfo-Facebookseite geschrieben (s.u.)

Viele Grüße,
Jörg

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Hoher Blutzucker: Nicht die Ursache, sondern Symptom bei diabetischen Folgeschäden?

Vielleicht habt Ihr in den letzten Tagen auch diesen Artikel, bzw. dessen Überschrift gelesen: http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/diabetes-typ-ii-hoher-blutzucker-nicht-ursache-sondern-die-folge-20180321404120

Für manche klang das verwirrend: wer käme denn auf die Idee, dass hoher BZ die Ursache für Typ-2-Diabetes sein könnte? Darum geht es aber gar nicht: mit „Erkrankung“ sind hier die typischen Diabetes-Folgeschäden gemeint, wie z.B. Nierenerkrankung, Retinopathie oder Polyneuropathie.

Da geht man ja aktuell wirklich davon aus, dass diese Folgeschäden durch den zu hohen BZ entstehen. Es ist allerdings schon länger bekannt, dass der hohe BZ nicht die alleinige Ursache dafür sein kann. So kommt es z.B. vor, dass trotz HbA1c-Werten, die auch für Nicht-Diabetiker als normal gelten, es trotzdem bei manchen Menschen zu den typischen diabetischen Folgeschäden kommen kann. Das hat man bisher immer als „genetische Komponente“ angesehen, ähnlich wie mit Lungenkrebs bei Rauchern: manche entwickeln einen, obwohl sie nur Passivraucher sind, andere (wie z.B. der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt) sind reine Kettenraucher und haben trotzdem ein langes Leben.

Und bei den diabetischen Folgeschäden ist man jetzt auch weiter, indem man sich das Zuckerabbauprodukt Methylgloxal (MG) genauer angesehen hat. Das kommt nicht nur bei Diabetikern vor, sondern bei jedem Lebewesen, dass seine Zellen über Glucose mit Energie versorgt.

Von MG weiß man, dass es auch einen cytotoxischen, also einen giftigen Effekt auf Zellen hat. Eigentlich wird es im Körper weiter verstoffwechselt, indem es durch Enzyme in Laktat (Milchsäure) umgewandelt wird. Und Laktat kann wiederum von der Leber verwendet werden, um neue Glukose aufzubauen. Das nennt man dann Glukoneogenese und die ist wichtig, weil manche Körperzellen ihre Energie ausschließlich aus Glukose beziehen können. Rote Blutkörperchen z.B.

Und jetzt haben die Forscher Peter Nawroth und Aurelio Teleman versucht herauszufinden was passiert, wenn man den Spiegel an MG erhöht.
Zitat: „Die Forscher schalteten in den Fliegen das MG-abbauende Enzym genetisch ab. In der Folge reicherte sich das Zuckerabbauprodukt MG in den Tieren an. Die Fliegen entwickelten schon früh eine Insulinresistenz. Später wurden sie fettleibig, im höheren Alter entgleisten dann auch ihre Zuckerwerte.“

Also im Grunde ein typischer DM2 Krankheitsverlauf: erst kommt die Resistenz, dadurch erhöht sich der Insulinspiegel und es kommt zu Übergewicht, dann erhöht sich der Blutzucker. Und nicht zu vergessen: der zellschädigende Effekt des Methylgloxals. Wenn kein Enzym da ist, das MG abbauen kann, dann kommt auch dieser cytotoxische Mechanismus stärker zum Tragen.

Noch steht dieser Zweig der Forschung so ziemlich am Anfang und es ist noch nicht alles restlos geklärt, aber es würde mich nicht wundern, wenn sich daraus neue Medikamente ergeben, die ganz gezielt dabei helfen können, diabetischen Folgeschäden vorzubeugen. Oder – im Fall von DM2 – den Ausbruch des Diabetes komplett zu verhindern.
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Offline Joerg Moeller

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Nachtrag:

Bei Wikipedia findet sich zudem noch dieses:
"Die Bedeutung des Methylglyoxals für die Entstehung der diabetischen Nervenerkrankung wurde im Jahr 2012 entdeckt.
Methylglyoxal bindet direkt an die schmerzleitenden Nervenbahnen und macht diese überempfindlich."

Das könnte möglicherweise auch ein Ansatzpunkt für die Therapie von PNP-Beschwerden werden.

Viele Grüße,
Jörg
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guest3322

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Besten Dank für deine Erläuterungen zu Methylglyoxals
Bin gespannt, was sich dann in nächster Zeit daraus ergibt.

Heute hab ich noch etwas anderes gelesen: http://www.20min.ch/wissen/gesundheit/story/Gibt-es-bald-fuenf-statt-zwei-Diabetes-Arten--22661862
Was meinst Du dazu.??

Offline Kladie

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Hallo Renato,

Zitat
Heute hab ich noch etwas anderes gelesen: http://www.20min.ch/wissen/gesundheit/story/Gibt-es-bald-fuenf-statt-zwei-Diabetes-Arten--22661862
Was meinst Du dazu.??

Meine Meinung ist, daß die Forscher nicht auf dem neuesten Stand der Forschung sind.
1. sprechen Sie immer noch von Altersdiabetes und
2. es wird wieder die Mär bedient, daß Übergewicht die Ursache eines Type 2 Diabetes ist.

Ich denke Sie wären sehr überrascht was es heute schon für Erkenntnisse über Methylglyoxal gibt.


Zitat
aus dem Artikel:
Zwar sei die bisherige Kategorisierung eindeutig, aber auch ziemlich grob, moniert das Team um Leif Groop von der Lund University. Sie berücksichtige nicht, dass sich die Krankheit bei jedem Menschen individuell entwickle. So steige bei manchen das Risiko für Nierenschäden, bei anderen das für Netzhautschäden.
Hier zeigen Sie meiner Meinung nach auch, daß sie nur im Nebel stochern.

Ich denke ihre Bezahlung war das wichtigste Argument um diese Studie zu veröffentlichen. Ich habe aus dem Artikel keine wesentlich neueren Erkenntnisse ziehen können


Nachtrag: Es kann natürlich auch am Journalisten liegen, daß der Artikel sehr oberflächlich ist. Ich unterstelle den Forschern natürlich, daß sie wissen worüber sie forschen.


Offline Gyuri

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Bei solchen Meldungen bin ich immer SEHR vorsichtig.
Was uns da oft als wissenschaftliche Neuigkeit verkauft wird ist oft nur irgend eine Studie, die meist irgendwie sofort widerlegt werden kann.

Der kausale Zusammenhang (Huhn oder Ei) wird sehr oft ungeklärt bleiben. Dann wird halt irgend etwas behauptet, was dem Puplizisten in den Kram passt.

Hat auch mit Diabetes zu tun … sagte man mir.
Gerade habe ich mir einen neuen Libre-Sensor gesetzt und mir dabei einen unverletzten Bereich ausgesucht. Das ist bei mir gar nicht so einfach, weil ich am Rücken und Oberarmen einen lästigen Ausschlag habe (schon immer) von dem man mir schon öfter sagte, er sei typisch für Diabetiker.
 :ironie: Könnte man diese Behauptung auch umdrehen und sagen, ich hätte meinen Diabetes vom Ausschlag? Immerhin habe ich den Ausschlag schon viel länger.
Gruß vom Gyuri
„Miss alles, was sich messen lässt,
und mach alles messbar,
was sich nicht messen lässt.“

Archimedes

Offline Joerg Moeller

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Heute hab ich noch etwas anderes gelesen: http://www.20min.ch/wissen/gesundheit/story/Gibt-es-bald-fuenf-statt-zwei-Diabetes-Arten--22661862
Was meinst Du dazu.??

Dazu hatte ich auch auf meiner FB-Seite mal was geschrieben:

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Typ-Beratung beim Arzt?

Ich hab da heute einen interessanten Artikel gelesen: http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/diabetes-im-erwachsenenalter-fuenf-statt-zwei-verschiedene-formen-20180302402242

Mal abgesehen davon, dass auch jetzt schon mehr Typen bekannt sind als nur DM1 und DM2 (siehe http://www.diabetesinfo.de/fortgeschrittene/diagnostik/diabetestypen.html), finde ich die neu beschriebenen Untertypen vom Diabetestyp 2 bemerkenswert.

Gelegentlich hört man von Diabetikern (bzw. „Menschen mit Diabetes“) ja den Satz: „Bei mir ist das alles aber gaaanz anders!“. Nachvollziehbar ist das für manche: Suche nach der Individualität, selbst in der Erkrankung. Aber mit diesen neuen Subtypen bekommt dieses „Anders-Sein“ einen ganz neuen Hintergrund.

Ich hab mich früher manchmal gefragt, warum überhaupt ein so großes Trara um die Typen gemacht wird. Immerhin haben alle einen zu hohen Blutzucker und das Ziel ist bei allen gleich: den BZ im Normbereich zu halten und somit Folgeschäden zu vermeiden. Mittlerweile kenne ich aber den Grund dafür: unterschiedliche Typen brauchen auch unterschiedliche Therapieansätze und haben unterschiedliche Prognosen.

Beim Typ 1 braucht man z.B. gar nicht erst zu versuchen dem BZ mit Ernährungsumstellung und/oder Tabletten beizukommen, der braucht von Beginn an Insulin. Ebenso ist bekannt, dass DM1 als Autoimmunerkrankung auch bedeutet, dass dieser Körper auch zu weiteren Autoimmunerkrankungen neigt.
Das ist für die weitere Behandlung wichtig, weil man dann beim Auftreten entsprechender Symptome wie z.B. Müdigkeit, Antriebsarmut, trockene Haut und brüchige Fingernägel evtl. schneller drauf kommt, dass hier eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose, bzw. Hashimoto-Thyreoiditis) vorliegen könnte.

Und da können auch diese neuen Subtypen dazu beitragen, dass z.B. beim „Schwer Insulin-defizientem Diabetes“ mehr Wert auf regelmäßige Augenhintergrund-Spiegelungen (Funduskopien) gelegt wird, wenn man weiß, dass es in dieser Gruppe häufiger zu Retinopathien kommt.

Ich denke aber auch, dass es erst noch einige Zeit dauern wird, bis sich diese Studie bei den Diabetologen rumgesprochen hat (von Hausärzten/Allgemeinmedizinern ganz zu schweigen). Und damit bleibt alles so wie bisher: die besten Karten hat man als Diabetiker, wenn man sich selbst auf dem Laufenden hält, was den Stand der Forschung betrifft.
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Viele Grüße,
Jörg
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