Autor Thema: FreeStyle Libre  (Gelesen 167041 mal)

Offline Joerg Moeller

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #50 am: November 17, 2014, 11:15 »
...mit Blut vom Handballen oder Daumenballen. In der Diabetespraxis wurde mir neulich erzählt, dies sei falsch, weil da meine Messergebnisse um (schlag mich tot) 5 Minuten zeitverzögert wären.

Da hat aber jemand im Physiologieunterricht gepennt. Im Blut selber gibt es keinen Zeitversatz. Da kann es höchstens sein, dass es ein paar mg/dl weniger als in der Fingerspitze ist, weil das Blut sich da ja schon wieder auf dem Rückweg zum Herzen befindet. Je weiter es sich vom Herzen weg bewegt hat, desto Nährstoffärmer wird es.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Joerg Moeller

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #51 am: November 17, 2014, 11:19 »
;) Diese alte Regel hat also (zumindest für euch) immer noch Bedeutung?

Ja, natürlich. Mich interessiert ja nicht die Hypoglykämie (die kann man nur messen), sondern die Unterzuckerung (die kann man spüren). Beides ist nicht dasselbe: http://www.chrostek.de/neues-aus-althausen/hypounterzucker.html

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Gyuri

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #52 am: November 18, 2014, 06:58 »
Warum ich das mit der "Unterzuckerung" nicht (mehr) so eng sehe? Die ist ein subjektives Empfinden, das aufgrund einer Messung bestätigt oder eben verworfen werden kann. Wie bei allem Empfindungen kann man sich da schwer täuschen und nur Messen schafft (vielleicht) Klarheit. Ich hatte schon gewaltige Unterzuckererscheinungen, bei denen eine BE-Sonderration überhaupt nichts bewirkt hätte. Blutdruckmessungen veranlassten mich dann, nach dem Notarzt zu rufen.

Ich würde auch umgangssprachlich "Hypo" und "Unterzucker" nicht so sehr trennen, wie das ein Arzt vielleicht mit seiner "Geheimsprache :zwinker: " oft tut. Ich glaube nicht, dass man wirklich falsch verstanden wird, wenn man mal nicht ganz korrekt trennt.

Oder habt ihr ein Problem mit Stundenkilometer statt Kilometer pro Stunde, oder Mikrowelle statt Mikrowellengerät, oder Eisenpfanne statt Stahlpfanne, oder Atomkraft statt Kernkraft …  :kratz:

Ich bin jedoch in Zukunft schon bemüht immer von "Hypo" zu sprechen, weil Messen doch eher mein Ding ist als Glauben.
Gruß vom Gyuri
„Miss alles, was sich messen lässt,
und mach alles messbar,
was sich nicht messen lässt.“

Archimedes

Offline Kladie

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #53 am: Dezember 30, 2014, 14:20 »
Hallo Jörg,

Sich auf die Teupe-Definition von Hypoglykämie und Unterzuckerung zu berufen ist für viele Type 2 Diabetiker (wie auch für Gyuri) nicht sonderlich relevant. Das ist beim T1 sicherlich total anders.

Bei mir stellen sich erst Unterzuckerungssymptome unterhalb 40 mg/dl ein und erst dann spreche ich von einer Hypo. Glykosewerte <70 mg/dl sind für mich nicht problematisch, da sie keinerlei Auswirkungen für mich haben. Wie auch im Link beschrieben, kommt es immer auf die Power einer Hypoglykämie an und die ist beim T2 allein durch die Resistenz schon recht begrenzt. Absichtlich und extrem viel Insulin zu spritzen käme mir nicht in den Sinn und kann bei allen Betrachtungen vernachlässigt werden.

Durch mein neues Libre kann ich heute sehr schön beobachten (wissen tue ich es schon lange), dass sich mein Glykosewert morgens nach dem spritzen erst nach ca 50 - 60 Minuten beginnt nach unten zu bewegen und zwar unabhängig von der Höhe des Nüchtern-BZ. Somit könnte ich auch bei 70 mg/dl locker 10 IE Humalog spritzen und erst nach 30 Minuten mit dem normalen Frühstück beginnen.
Klar ist das keine normale Handlungsweise - aber jeder Theoretiker würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Kenntnis über meinen subjektiven Diabetes lässt mich aber die sicherheitslastigen Therapieempfehlungen relativieren. Als Arzt würde ich es bei Patienten auch etwas enger sehen.

Ich glaube, auch Gyuri hat es so in dieser Art gemeint

Offline Trüffel

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #54 am: Dezember 30, 2014, 14:31 »
Nun, morgens reagiert der Körper unempfindlich auf Insulin aufgrund der (Aufsteh-) Hormone. Da kann auch so mancher Typ1er mit Deiner Unempfindlichkeit gleich liegen.


Viele Grüße
Petra
Wenn Fleisch und Wurstwaren bei uns mittlerweile billiger angeboten werden als Hundefutter,
muss man sich schon fast nicht mehr wundern, dass man für den Preis auch Hundefutter bekommt.  Adi Sprinkart

Offline Kladie

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #55 am: Dezember 30, 2014, 19:30 »
Hallo Trüffel,

Da hast du wohl recht.

Bei mir gibt es aber keine verminderte Insulinempfindlichkeit sondern für einige Zeit gar keine. Manchmal habe ich sogar einen BZ Anstieg nach der Injektion. Ich habe schon einiges ausprobiert aber es hilft nur ein entsprechender SEA und wenig essen.

Das Thema hier war aber der Spruch "erst essen dann messen" einhergehend mit dem Tempo der BZ-Reduzierung bei 70 mg/dl (Hypo) und Insulinüberschuss. Da muss man schon sehr unterscheiden zwischen T1 und T2. 

Offline Joerg Moeller

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #56 am: Dezember 31, 2014, 11:44 »
Ich sehe da (aus physiologischer Sicht) keinen Unterschied zwischen DM1 und DM2. Nichtmal zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern.

Was man spürt sind die adrenergen Symptome. Und da ist es ja nicht so, dass die Nebennieren quasi einen Messfühler im Blutgefäss verankert haben. Auch die reagieren auf die Glukose im Extravasalraum (der Rau außerhalb der Blutgefäße). Den Blutgefässen und der Diffusion kommt hier eher ein Transportmechanismus zu: sie transportieren Glucose vom Ort höherer zum Ort niederer Konzentration.

Extrembeispiel: Im Oberarmgewebe ist viel Glucose, in den Füßen wenig. Die Glucose kann nicht direkt durch das Gewebe nach unten sickern. Da kommt das Blut ins Spiel. Es durchströmt den den Fuß und gibt dabei (wegen des Konzentrationsgefälles Intra- zu Extravasal) Glucose an das Gewebe im Fuß ab. Der Glucosegehalt im Blut sinkt. Kommt es jetzt in den Oberarm besteht ein Gefälle Extra- zu Intravasal. Glucose strömt dann per Diffusion vom Gewebe ins Blut.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Kladie

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #57 am: Dezember 31, 2014, 13:46 »
Hallo Jörg,

rein physiologisch  hast du sicher recht.

Natürlich nur der Vorgang an sich aber nicht das Ergebnis. Die Auswirkungen sind bei den drei Gruppen (T1, T2, Gesund) dementsprechend unterschiedlich.
Bei Teupe ist es ein bestimmender Faktor wie stark der Insulinüberschuss ist ( Power einer Hypoglykämie ) um von der Hypo in den Unterzucker zu kommen. Du wirst zugeben müssen, dass alles bei einem T2 Diabetiker wegen der fehlenden Insulinwirkung wesentlich länger dauert als beim T1 oder beim Nicht-Diabetiker. Allein die Downregulierung - die beim T2 obligatorisch ist - macht es für Gyuri und mich schwerer in eine Unterzuckersituation zu kommen wenn z. B. 5 IE Analoginsulin zu viel gespritzt wurde.

Deshalb ist für mich ein BZ Wert von 70 mg/dl genau so ein Wert wie 90 oder 150 mg/dl. Die Definition der Hypoglykämie bei genau dem Wert ist mir relativ egal und beeinflusst mein Insulinmanagement in keinster Weise. Auch bei Werten <60 mg/dl mache ich noch Kontrollmessungen und überlege wo ich was falsch gemacht haben könnte. Der BZ kann sich ja noch um 30 - 40 % senken ehe ich etwas merke.

Ich denke ein T2 mit starker Einschränkung der Insulinwirkung kann den Spruch "erst essen dann messen" relativ entspannt betrachten - vor allem wenn ihm ein Libre zur Verfügung steht.

Offline Joa

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #58 am: Januar 01, 2015, 23:04 »

Ich messe meinen BZ immer (!) mit Blut vom Handballen oder Daumenballen. In der Diabetespraxis wurde mir neulich erzählt, dies sei falsch, weil da meine Messergebnisse um (schlag mich tot) 5 Minuten zeitverzögert wären.
Die Verzögerung der Messergebnisse beim AST (Alternativ Site Testing) gegenüber dem Blutzucker an üblichen Teststellen wird mit 1/2 - 1h angegeben.

Das hat auch eine Logik, da AST sehr oberflächennah, also in den oberen Hautschichten erfolgt, die weniger durchblutet sind, so dass dort Ausgleichsvorgänge auch länger brauchen.

Interessant übrigens, dass lt. Dorfarzt das Gehirn sehr lange braucht, bis dort der Ausgleich durch ist.
Eine Blutzuckerspitze kann bis zu 45 Minuten brauchen, bis sie (interstitiell?) im Gehirn durch ist.

Gruß
Joa
Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra

Offline Gyuri

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Re: FreeStyle Libre
« Antwort #59 am: Januar 02, 2015, 07:29 »
Dass es zwischen der klassischen Blutzuckermessung und einer alternativen Messung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt, darüber brauchen wir nicht streiten. Sowohl die zeitliche Verschiebung eines Profils, als auch unterschiedlich hohe Messwerte, als auch scheinbar verschiedene Schwankungen lassen sich aufgrund ganz verschiedener Sensoren erklären.
Was mich aber fast schon verärgert hat, war die angeblich wissenschaftliche Erkenntnis, dass es zwischen zwei Messungen mit identischen Messmitteln auf einer Strecke von maximal 17cm (bei mir) zwischen Mittelfinger und Handballen, ganz unten, zu einer Zeitverzögerung von 5 Minuten kommen soll.
Und selbst, wenn das wirklich so wäre:
Was wäre dann die "richtige Stelle" zum Messen, berücksichtigt man Joas 45 Minuten "Hirndurchgangszeit"? Müsste man dann nicht vielleicht besser an einem Ohrläppchen messen?  ::) Immerhin ist dieses dem Hirn etwas näher.
"Alles Quatsch", sage ich da und wiederhole mich zum X-ten Mal. Je genauer ich ein (Tages)-Profil erfassen kann, desto unwichtiger ist dessen Lage auf der Zeitachse.
Mit Insulin und Sport bringe ich den Verlauf runter und mit BE Aufnahme und verzögerter Verstoffwechslung bringe ich ihn hoch. Dies alles geschieht nicht im Minutentakt, ergo muss ich auch nicht auf die Minute genau messen, selbst wenn ich meine Aktionen vom aktuellen Zucker abhhängig machen würde (was ich ja bewusst nicht so mache).
Gruß vom Gyuri
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Archimedes