Autor Thema: Verwertung aller BE einer Mahlzeit  (Gelesen 29864 mal)

Offline Floh

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #60 am: Oktober 17, 2017, 16:32 »
Was bringt dich dann zu der Annahme, du hättest keine Eigenproduktion?

Irgendwie muss dein Blutzucker doch auch zwischen den Mahlzeiten kontrolliert sein. Wenn dein Typ 1 (ohne Eigenproduktion) kein Basalinsulin hat, dann stirbt er dir über Nacht weg, wenn es blöd läuft. Ketoazidose mit Koma in 5 bis 8 Stunden ist jetzt nicht unbedingt eine Erfindung ...

Offline Joerg Moeller

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #61 am: Oktober 18, 2017, 10:21 »
Ich würde sagen, auch ohne Eigeninsulin muss der Blutzucker aufhören zu steigen.

Warum?

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Joerg Moeller

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #62 am: Oktober 18, 2017, 10:33 »
Wenn dein Typ 1 (ohne Eigenproduktion) kein Basalinsulin hat, dann stirbt er dir über Nacht weg, wenn es blöd läuft. Ketoazidose mit Koma in 5 bis 8 Stunden ist jetzt nicht unbedingt eine Erfindung ...

Doch, das sollte eigentlich mit "Es war einmal..." beginnen.  :zwinker:

Du darfst ja nicht vergessen, dass der Körper eine Ketose auch kompensieren kann: zum einen über den Urin und zum anderen über die Atmung.
Außerdem gibt es im Blut noch verschiedene Puffer, um da eine zeitlang eine zu starke Abweichung zu mindern.

Kritisch wird es erst, wenn die Kompensation nicht mehr ausreicht, und das kann schon ein paar Tage dauern.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Kladie

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #63 am: Oktober 23, 2017, 17:05 »
Hallo,

Zitat
orginal Floh:
Err nein. So funktioniert das aber nicht.
Da gebe ich dir recht. Hinerks Betrachtungsweise ist nicht meine - und wohl auch nicht deine.

Leider ist die Wirkungsweise des Eigeninsulins allgemein wohl nicht so gut bekannt. Auch du schreibst, dass die Eigenproduktion bei Normalhöhe des BZ schon am Anschlag sein könnte. Dies ist definitiv nicht der Fall, denn die Eigenproduktion ist abhängig von der BZ Höhe und wird deshalb erst bei hohen BZ Werten maximal sein auch wenn nur noch einige wenige Betazellen produzieren und das nicht mehr ausreicht um den BZ signifikant zu senken.

Je höher die Resistenz ist, umso mehr Insulin wird benötigt um den BZ auf den Wert eines Gesunden (Gleichgewicht zwischen Insulinwirkung und Glukoseverbrauch) von z.B. 80 mg/dl zu halten. Da die Betazellen beim Type 2 Diabetiker aber für diesen Gesunden-Wert zu wenig Insulinwirkung erzeugen (wohlgemerkt ist nur relativ zu wenig Insulin vorhanden) steigt der BZ. Dadurch wird mehr Eigeninsulin produziert bis es ausreicht trotz Resistenz den BZ zu senken. Das könnte z. B. bei 120 mg/dl der Fall sein. Nun sinkt der BZ zwar wieder aber dadurch wird die Produktion auch wieder gesenkt um bei z. B. 100 mg/dl den BZ wieder anzusteigen zu lassen.
Es wird sich also mit der Zeit ein neuer, höherer Wert einstellen der ein Gleichgewicht zwischen Insulin und BZ darstellt. Je stärker die Resistenz, umso höher wird dieser Wert sein.
Wenn durch Überlastung Betazellen ihren Dienst einstellen, dann müssen immer weniger Zellen für die Reduzierung eines erhöhten BZ Wertes (z. B. der des pp Anstiegs) sorgen und werden stärker belastet. (Ein Teufelskreis) und das dauert dann auch immer länger bis sie es geschafft haben.
Sind noch genügend Betazellen intakt und man wartet lange genug, so kommt ein halbwegs niedriger BZ Wert zustande. Das kann ohne Bolusunterstützung einige Stunden länger dauern als bei einem Gesunden.


Zitat
orginal Floh:
Deine Basalrate setzt sich zusammen aus gespritzer Basalrate + Eigenproduktion (wenn vorhanden). Die Basalrate des Insulins ist dazu da, die Freisetzung von Zucker aus der Leber so weit zurück zu halten, dass der Blutzucker stabil auf dem richtigen Niveau liegt. Beim Gesunden scheinbar irgendwas um die 70 mg/dl.
Eigeninsulin wirkt wie ich oben beschrieben habe zwar auch als Basal aber ebenso als Bolus.
Das Basale ist dafür da, das Gleichgewicht von Zuckerproduktion und Insulinwirkung herzustellen um einen gesunden BZ zu erhalten. Das lasse ich z. B. noch mein Eigeninsulin selber machen und ich scheine noch genügend Betazellen zu haben um den BZ nicht zu stark steigen zu lassen. (NBZ bei mir zw. 90 und 140 mg/dl)
Für die Bolusfunktion reichen meine Betazellen aber nicht mehr aus und da helfe ich mit meinem Fremdinsulin aus. So kann ich größtenteils verhindern, dass meine Betas an die maximalproduktion kommen. Allerdings muss ich immer darauf achten, dass die 3 - 4 Stunden Wirkzeit mich nach der BZ spitze nicht zu tief sinken lässt - es kann also nicht das leisten was die Betas machen könnten. Die Wirkzeit manipuliere ich mit einem Spritz-Eß-Abstand und bekomme so ziemlich gute konstante BZ Verläufe.
Ausnahmen bestätigen die Regel.



Zitat
orginal Hinerk:
Bis vor einiger Zeit war mein Zielwert 100, diesen Wertbereich habe ich ständig und zuverlässig erreicht, mein 1c etwa 5,9, also alles war gut.
Vor einiger Zeit habe ich auf anraten des DiaDocs meinen Zielwert auf 130 angehoben, diesen Wertbereich erreiche ich jetzt auch ständig und zuverlässig.

Als mein Zielwert noch 100 war, war der BZ für meinen Körper im grünen Bereich.

Der neue Zielwert von 130 müßte meine Eigenp. aufrufen um meinen BZ der ja jetzt nicht im grünen Bereich ist weiter nach unten, etwa auf 100 zu drücken,
aber das geschieht nicht.
Vor dem Hintergrund meiner obigen Erklärungen kannst du sicher deine unterschiedliche Denkweise erkennen.
Bei 130 mg/dl hast du mehr Eingeninsulin als bei 100 mg/dl und benötigst deshalb weniger Bolus um die pp - Spitzen auszugleichen. Weniger Bolus bedeutet auch geringere Gefahr einer Hypo, da du längere Zeit brauchst um auf den Zielwert zu kommen. Ich denke, das ist die Motivation deines Diabetologen um den höheren BZ zu rechtfertigen. Deine BZ Werte sind wohl in beiden Fällen gut genug (im grünen Bereich)

Hinerk

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #64 am: Oktober 23, 2017, 20:03 »
Moin,
meine eigentliche Frage war ja, siehe Titel.
Aber die Antworten waren auch sehr hilfreich auch wenn sie nicht immer das Thema trafen.

Nachdem Umständehalber die Situation es erforderte, dass ich bis zu 7 mal täglich messen musste wobei mir jeweils in etwa die Höhe des gemessenen  BZ schon vor der Messung bekannt war.

Zur Zeit messe ich nur den nüchtern BZ (um 120) und berücksichtige den Aufstehanstieg und ev. gegessene BE für die IE Berechnung.

Mein Tagesdurchschnitt 7 BE und 25 IE

MLG

Hinerk

Offline Joerg Moeller

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #65 am: Oktober 24, 2017, 11:59 »
Bei 130 mg/dl hast du mehr Eingeninsulin als bei 100 mg/dl ...

Kann man nicht pauschal so sagen. Das hängt davon ab, wie die Betazellen überhaupt noch mitarbeiten. Die werden ja insbesondere in der Manifestationsphase durch die Resistenz über die Maßen beansprucht, so dass sie irgendwann so erschöpft sind, dass es nicht mehr ausreicht. Und da kann es dann durchaus sein, dass sie z.B. die 100 noch kompensieren können (die Insulinproduktion setzt ja schon bei >60-70 ein, die 130 aber nicht mehr.

Das kann man nur schätzen, oder aber durch einen C-Peptid- oder Proinsulin-Test messen. Erhöhtes Proinsulin (http://www.labor-limbach.de/Intaktes-Proinsulin.320.0.html) zeigt dann ja schon an, dass die Betazellen überbeansprucht sind.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Kladie

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #66 am: Oktober 24, 2017, 16:38 »
Hallo Joerg,

Zitat
orginal JoergMoeller:
Kann man nicht pauschal so sagen. Das hängt davon ab, wie die Betazellen überhaupt noch mitarbeiten......
ich möchte dir nur ungern widersprechen aber nur wenn du absolute Sonderfälle betrachtest magst du vielleicht recht haben - wenn es sie gibt.
Ich habe noch nie davon gelesen oder gehört, dass Betazellen bei höheren BZ Werten weniger Insulin produzieren und nur das habe ich geschrieben. Ob die produzierte Menge ausreicht um 100, 130, 200mg/dl oder noch höhere BZ Pegel zu regulieren lasse ich einfach offen.
Generell ist es aber so, dass die Betazellen bei höheren BZ Werten sensitive ATP Kaliumkanäle schließen und Calziumkanäle öffnen und damit mehr (Pro-)Insulin ausgeben. https://de.wikipedia.org/wiki/Kaliumkanal#Selektivit.C3.A4t
Ausschweifender beschrieben: http://www.uni-heidelberg.de/presse/ruca/ruca04-01/18.html
Zitat
Auszug:
...... Die Beta-Zellen sind es, die in der Bauspeicheldrüse Insulin herstellen und es je nach Zuckerkonzentration in das Blut abgeben. Die Patch-Clamp-Technik erlaubte es nun, die verschiedenen Ionenkanäle in der Plasmamembran zu beschreiben und zu untersuchen, wie sie sich bei unterschiedlichen Zuckerkonzentrationen verhalten.



Im Link beziehst du dich auf das vermehrte Auftreten von unprozessiertem Proinsulin was die Wirksamkeit des Insulins weiter herabsetzt. Das stelle ich überhaupt nicht in Frage obwohl auch das unprozessierte Proinsulin abhängig von der BZ Höhe ausgegeben wird. Das sind aber zwei unterschiedliche Baustellen.

Offline Joerg Moeller

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #67 am: Oktober 25, 2017, 11:30 »
Ich habe noch nie davon gelesen oder gehört, dass Betazellen bei höheren BZ Werten weniger Insulin produzieren

Das ist ja auch nicht physiologisch, sondern pathologisch. Die zugehörige Krankheit heißt "Diabetes mellitus" und die beschriebene Funktionsstörung nennt man bei DM2 "Sekundärversagen" (das dann eine Indikation für das Umstellen der Therapie auf Insulinsubstitution bedeutet)

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Duff Rose

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #68 am: Oktober 30, 2017, 12:36 »
Moin,
meine Diabethologin meinte heute dass es durchaus Patienten gibt, die ab 6BE nur mit dem halben BE-Faktor kalkulieren müssen. Kann ich mir beim T2 gut vorstellen, beim T1 ohne Eigenproduktion nicht. Es sei denn, die Kohlehydrate gehen bei übermäßiger Aufnahme noch über einen anderen Weg, Nierenschwelle z.B., flöten. 

 
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Offline Hobbit

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Re: Verwertung aller BE einer Mahlzeit
« Antwort #69 am: Oktober 30, 2017, 13:05 »
Ich bin Typ1 (ICT ohne Restproduktion und mit relativ wenig Basalinsulin => von alleine sinkt mein BZ nur wenig) und reduziere mein Bolus-Insulin bei größeren KH-Mengen (ab circa 8 BE) auch.
Habe den Thread mitverfolgt und finde die Theorie, dass nicht alle KH verwertet werden, einigermaßen annehmbar (wenn auch etwas dünn).
Diabetes ist kein Zuckerschlecken